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Urteile

Gefangene haben Recht auf frische Luft & Wäsche

Auch hinter hohen Mauern haben Gefangene Anspruch auf einen gewissen Lebensstandard. © Quelle: Gressieker/panthermedia.net

Das Oberlan­des­gericht Hamm meint es gut mit Strafge­fangenen und hat in zwei Entschei­dungen deren Rechte gestärkt: Zum Einen haben einsitzende Nichtraucher Anspruch auf eine Nichtrau­cherzelle. Zum Anderen können sie täglich frische Unterwäsche verlangen. Es ist erstaunlich, dass ein Gericht diese Rechte erst feststellen musste.

1. Die Nichtrau­cherzelle

Der 1975 geborene Strafge­fangene sitzt für mehrere Jahre in Süddeutschland in Haft. Für einen Gerichts­termin in Gelsen­kirchen wurde er nach Essen verlegt und dort für vier Tage in einer Gemein­schaftszelle unterge­bracht. Einige der Mitgefangenen rauchten. Dagegen wehrte sich der Strafge­fangene mit dem Antrag, die Unterbringung in einer Zelle mit Rauchern für rechts­widrig zu erklären. Der Antrag war jedoch beim Landgericht in Essen erfolglos – mit der abenteu­er­lichen Begründung, der Strafge­fangene habe gegenüber der Justiz­voll­zugs­anstalt (JVA) seinerzeit nicht beantragt, in einer Einzelzelle oder in einer nur mit Nichtrauchern belegten Gemein­schaftszelle unterge­bracht zu werden.

Anspruch auf Nichtrau­cherzelle – auch ohne Antrag

Mit seiner Rechts­be­schwerde hatte der Strafge­fangene Erfolg. Seine Unterbringung in einer Gemein­schaftszelle, in der sich rauchende Mitgefangene aufhalten, ist rechts­widrig. Das Nichtrau­cher­gesetz in Nordrhein-Westfalen verbiete das Rauchen in einer Gemein­schaftszelle, sobald einer der Insassen Nichtraucher ist. Diese Vorschrift müsse die JVA bei der Belegung von Gemein­schafts­zellen beachten. Das Verbot sei unabhängig davon einzuhalten, ob der Betroffene sich zur Wehr setze oder nicht. Das Gericht dreht den Spieß um: Überlegt eine JVA, einen Nichtraucher in einer Raucherzelle unterzu­bringen, müsse sie sich erst die Erlaubnis des Nichtrauchers einholen (AZ: 1 Vollz (Ws) 135/14).

2. Täglich neue Unterwäsche

Der 60 Jahre alte Strafge­fangene sitzt in einem westfä­lischen Gefängnis ein. Die JVA hat ihm – einem Beschluss des Oberlan­des­ge­richts Hamm aus dem Jahre 1993 entsprechend – wöchentlich vier Garnituren Unterwäsche und zwei Paar Socken zur Verfügung gestellt. Der Mann forderte aber täglich frische Unterwäsche, was ihm versagt wurde. Die JVA begründete die Ablehnung mit dem Hinweis, mit der zur Verfügung gestellten Ausstattung werde Gesundheit und Hygiene Rechnung getragen. Allerdings könne mit einer ärztlichen Anordnung auch täglich Unterwäsche zur Verfügung gestellt werden.

Gericht ändert seine Rechtsprechung

Vor Gericht hatte der Gefangene Erfolg, da das Gericht seine Rechtsprechung von 1993 änderte. Offenbar ist man heute hygienischer als früher. Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass sich die allgemeinen Lebens­ver­hältnisse und Lebens­an­schauungen geändert hätten (AZ: 1 Vollz (Ws) 365/14). Da die Gefangenen verpflichtet seien, Anstalts­kleidung zu tragen, müsse ihnen diese auch im erforder­lichen Maß zur Verfügung gestellt werden. Da diese Verpflichtung das Persön­lich­keitsrecht berühre, sei an die Versorgung mit Kleidung – in einem unter Hygienege­sichts­punkten besonders sensiblen Bereich – besondere Anforde­rungen zu stellen. Diese dürfe von der heutigen Anschauung nicht abweichen. Heutzutage gelte der tägliche Wechsel von Unterwäsche und Socken als gesell­schaftliche Norm oder zumindest als wünschenswert. Außerdem könne eine unzurei­chende Ausstattung mit Anstalts­kleidung auch negative Folgen für die Körper­hygiene haben.

Resozia­li­sierung durch täglich frische Unterwäsche

Darin erkannte das Gericht auch ein hehres Ziel: Täglich frische Unterwäsche helfe bei der Resozia­li­sierung. Eine andere Handhabung laufe dem Ziel des Strafvollzugs zuwider, dem Gefangenen zu helfen, sich nach der Haftent­lassung in das Leben in Freiheit einzugliedern. Eine unzurei­chende Körper­hygiene könne den Wieder­einstieg in das Arbeitsleben und sonstige soziale Kontakte erschweren.

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Datum
Aktualisiert am
24.10.2014
Autor
red
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1366
Themen
Gericht

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