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Mordparagraf

DAV fordert Reform des Tötungs­straf­rechts

Quelle: Metodi Popow (DAV)
Der Deutsche Anwaltverein hat im Januar einen Entwurf für eine Reform des Mordparagrafen in der Bundespressekonferenz vorgestellt.
© Quelle: Metodi Popow (DAV)

Seit langem verlangen Juristen eine Reform des Mordpa­ra­grafen im Strafge­setzbuch. Die Kritik: Der Paragraf stammt aus der Nazi-Zeit und urteilt über die Person des Mörders, nicht über die Tat. Außerdem führt der Paragraf vor Gericht immer wieder zu Ungerech­tig­keiten. Bundes­jus­tiz­mi­nister Heiko Maas zeigt nun Reform­willen.

Dem Deutschen Anwalt­verein (DAV) zu Folge muss der Mordpa­ragraf im deutschen Recht dringend modernisiert werden. Es geht dabei um die Tötungs­delikts-Paragrafen Mord und Totschlag im Strafge­setzbuch (§§ 211, 212, 213 StGB). Wie eine Reform aussehen könnte, zeigt ein Entwurf des DAV, den der Verein Mitte Januar in der Bundes­pres­se­kon­ferenz vorgestellt hat. Seine Reform­vor­schläge hat der DAV seinerzeit auch dem Bundes­jus­tiz­mi­nister Heiko Maas übergeben. Dieser hat nun signalisiert, die kritisierten Paragraphen im Strafge­setzbuch reformieren zu wollen. "Von einer großen Koalition erwartet man auch den Mut zu großen Reformen", sagt Rechts­anwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, der Präsident des DAV.

Der DAV fordert vom Gesetzgeber, dass dieser im Strafge­setzbuch klare und allgemein­ver­ständliche Normen zum Schutz des wichtigsten Rechtsgutes überhaupt schafft: des Lebens. Nach Ansicht des DAV erfüllen die seit 1941 geltenden aktuellen Bestim­mungen zu „Mord“ und „Totschlag“ diesen Zweck nicht. Der Grund: Die Aufteilung in zwei Tötungs­delikte führt vor Gericht oft zu ungerechten und manchmal auch zufälligen Ergebnissen.

„Seit langem ist der Bedarf nach einer Reform anerkannt. Durch die Vorschläge des DAV ist nun der Gesetzgeber gefordert, dieses Problem zu lösen“, erläutert Rechts­anwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer. Ihm zu Folge würden erst bestimmte Merkmale wie „Heimtücke“, „Grausamkeit“ oder „Habgier“ aus einer Tötung einen „Mord“ machen. Das führe insbesondere bei Tötungs­hand­lungen im sozialen Nahbereich, sogenannten Beziehungstaten, zu schwer­wie­genden Konflikten und Ungerech­tig­keiten. Beziehungstaten sind laut Ewer die häufigsten Tötungsfälle.

Mordmerkmal der Schwachen

„Heimtücke ist das Mordmerkmal der Schwachen - statistisch gesehen ist es das Mordmerkmal der Frauen. Eine schwache Frau, die den gewalt­tätigen Ehemann nachts im Schlaf oder mit Gift tötet, wird wegen Mordes zu lebens­langer Freiheits­strafe verurteilt“ erläutert Ewer den dringenden Handlungs­bedarf für eine Reform. „Schlägt hingegen der Mann im Streit seine Frau tot, wird er nur wegen Totschlag zu fünf bis 15 Jahren verurteilt.“

Die geltende Rechtslage beruht auf einer Gesetzes­fassung aus dem Jahre 1941. Der einzige Unterschied zu damals: Mord wird nicht mehr mit der Todesstrafe bestraft, sondern zwingend mit einer lebens­langen Freiheits­strafe.

Das national­so­zia­lis­tische Gesetz von 1941 orientiert sich dem DAV zu Folge system­widrig an einem „Tätertyp“, was dem sonstigen Strafrecht in der Bundes­re­publik fremd ist. „Normalerweise wird ein Handeln unter Strafe gestellt, das im Strafge­setzbuch möglichst genau beschrieben ist, und nicht der ‚Typ‘ des Täters“, erläutert Rechts­anwalt Dr. Stefan König, Vorsit­zender des Ausschuss  Strafrecht im DAV. Das Unwert­urteil bleibe auf die Tat konzen­triert und vom „Typ“ des Täters getrennt. Die Täterper­sön­lichkeit könne aber bei der Strafzu­messung dann eine Rolle spielen.

Klippen des Mordpa­ra­grafen umschiffen

In den vergangenen Jahrzehnten war die Rechtsprechung immer wieder gezwungen, die national­so­zia­listisch beeinflussten Klippen des Mordpa­ra­grafen zu umschiffen, um nicht zu unbilligen Ergebnissen zu kommen – manchmal durch fragwürdige Verren­kungen. So hat Marianne Bachmeier im Lübecker Landgericht den mutmaß­lichen Mörder ihrer Tochter von hinten erschossen, also heimtü­ckisch. Hier konnte die unvermeidliche Mordanklage nur mit einer Hilfskon­struktion fallen­ge­lassen werden. Dabei unterstellten die Juristen, sie habe die Heimtücke ihrer Tat nicht erkannt.

„Es ist erstaunlich, wie sich die Verfolgung von Tötungs­ver­brechen getrennt in ‚Mord‘ und ‚Totschlag‘ so lange halten konnte“, so König weiter. Daher schlage der DAV die Abkehr vom Mordpa­ra­grafen vor. Durch den Wegfall dieses Paragrafen mit seinen Gesinnungs­merkmalen käme es zu einer klaren und allgemein verständ­lichen Konzen­tration auf das Schutzgut Leben. „Wir brauchen einen einheit­lichen ‚Tötungs­pa­ra­grafen‘“, fordert König.

Die Strafan­drohung betrage dann fünf bis fünfzehn Jahre oder lebenslange Freiheits­strafe. Damit würden die Strafrahmen der bisherigen beiden „Tötungs­pa­ra­grafen“ übernommen. Es fiele aber die zwingende lebenslange Freiheits­strafe bei einer Verurteilung wegen Mordes weg.

Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
red
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Themen
Mord Tod

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