
Was ist sexuelle Nötigung?
Sexuelle Belästigung grenzt das Recht von sexuellem Missbrauch oder anderer körperlicher sexueller Gewalt ab, beispielsweise sexueller Nötigung. Diese ist ein Strafbestand und im Strafgesetzbuch definiert. Eine sexuelle Nötigung setzt voraus, dass eine Person mit Gewalt, durch Drohung oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer dem Handeln des Täters schutzlos ausgeliefert ist, genötigt wird, sexuelle Handlungen an sich zu dulden.
„Sexuelle Nötigung unter Ausnutzen einer schutzlosen Lage meint, dass das Opfer anders als in anderen Situationen kaum die Möglichkeit hat, sich der Gewalt zu entziehen“, sagt der Rechtsanwalt Uwe Freyschmidt, Fachanwalt für Strafrecht und Vorsitzender des Berliner Anwaltverein (BAV). „Das kann etwa dann sein, wenn Opfer nicht flüchten können, weil sie von einer Gruppe eingekreist werden und Widerstand daher für sinnlos halten.“
Allerdings müssen die sexuellen Handlungen bei einer sexuellen Nötigung „erheblich“ sein, wie das Strafgesetzbuch definiert. Erheblich ist eine sexuelle Handlung dann, wenn ein Täter beispielsweise die bedeckten Genitalien des Opfers berührt. Für Berührungen außerhalb des genitalen Bereichs kommt es auf die Art und Intensität des Verhaltens an. „Deshalb ist ein kurzes ‚Begrapschen‘ zumindest rechtlich gesehen nicht immer eine sexuelle Nötigung, es kann aber etwa eine Beleidigung darstellen“, sagt der Strafrechtsexperte Uwe Freyschmidt.
Sexuelle Angriffe auf Frauen: Welche Sanktionen drohen den Tätern?
Wertet das Recht eine Handlung in ihrer Art und Intensität als nicht erheblich, können Täter manchmal damit rechnen, dass das Verfahren gegen sie gegen eine Geldauflage eingestellt wird. Anders sieht es aber bei sexueller Nötigung oder auch Raub aus – hier können einem Täter eine Geld- oder auch eine Freiheitsstrafe drohen.
Was kann man als Opfer eines sexuellen Übergriffs tun?
„Opfer sexueller Angriffe können und sollten zeitnah Strafanzeige erstatten“, sagt Uwe Freyschmidt. Das ist deshalb wichtig, weil Delikte wie etwa Beleidigung innerhalb von drei Monaten angezeigt werden müssen. Außerdem verblassen Erinnerungen mit jedem Tag, der seit einem Vorfall vergangen ist, und das kann Zeugenaussagen schwierig machen.
Upskirting: Warum es keine sexuelle Belästigung ist, Frauen unter den Rock zu fotografieren
Mit dem Smartphone einer Frau heimlich unter den Rock zu fotografieren, auch "Upskirting" genannt: Das ist im Zeitalter der leichten, kleinen Mobiltelefone mit hochauflösenden Kameras einfacher als je zuvor. Und natürlich verboten, oder? Tatsächlich ist die Rechtslage in Deutschland beim Thema Upskirting überraschend.
Dem Strafgesetzbuch nach macht sich jemand der sexuellen Belästigung strafbar, wer eine andere Person in “sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt”. Das ist aber beim heimlichen Fotografieren häufig nicht der Fall. Denn das Opfer wird dabei meistens nicht berührt.
Paragraf 201a des Strafgesetzbuchs verbietet außerdem das “heimliche Fotografieren intimer Bereiche in geschlossenen Räumen”. Aber das greift beimUpskirting meistens auch nicht. Denn das passiert in den allermeisten Fällen auf offener Strasse.
Upskirting gilt in Deutschland tatsächlich bisher als Ordnungswidrigkeit wegen "Belästigung der Allgemeinheit". 2013 wurde ein Mann deswegen zu einem Ordnungsgeld von 750 Euro verurteilt. Er hatte in Münchens Stadtzentrum an einer Rolltreppe Frauen unter die Röcke fotografiert und wurde dabei erwischt.
Andere Länder haben ihre Gesetze bei diesem Sachverhalt bereits angepasst: In England und Wales fällt es seit April 2019 unter das Sexualstrafrecht, unbefugte Aufnahmen der Intimsphäre einer anderen Person zu machen. Täter können dort mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.
Liberale Politiker möchten daher auch in Deutschland das Gesetz anpassen, außerdem haben Aktivistinnen eine Online-Petition zu dem Thema ins Leben gerufen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Stand: Juli 2019) gilt Upskirting allerdings rein rechtlich nicht als sexuelle Belästigung.
Wie muss man sich verhalten, wenn man einen sexuellen Angriff beobachtet?
Wer dem Opfer einer Straftat nicht hilft, macht sich möglicherweise dann strafbar, wenn das Opfer in großer Gefahr ist. Dieses Verhalten kann als unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB) verfolgt werden. Zumindest in allen anderen Fällen sollte man sich als Zeuge melden. So hilft man dem Opfer zwar nicht direkt, aber man kann später dazu beitragen, Klarheit in das Geschehen zu bringen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 09.07.2019
- Autor
- ime