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Falsch­ver­däch­tigung

Falsche Verdäch­tigung: Welche Strafen sind möglich?

Falsche Verdächtigung
© Quelle: RBFried/gettyimages.de

Es kann ein persön­licher Racheakt sein oder der Versuch, einen beruflichen oder privaten Konkur­renten loszuwerden: Dass eine Person eine andere wider besseres Wissen einer Straftat beschuldigt, kommt immer wieder vor. Während man nichts befürchten muss, wenn man jemanden versehentlich falsch verdächtigt, ist eine wissentlich falsche Anschul­digung eine Straftat.

Herrn Obermayer ist sein Nachbar Herr Lohmüller schon lange ein Dorn im Auge. Ständig feiert er in seinem Garten bis in die frühen Morgen­stunden Partys, die Musik hält Obermayer oft bis morgens wach. Als wäre das nicht genug, ist Herrn Obermayers Garten am nächsten Tag meist mit Bierflaschen und Zigaret­ten­stummeln verschmutzt.

Obermayer entscheidet, etwas zu unternehmen. Er ruft die Polizei an und behauptet gesehen zu haben, wie Lohmüller bei einer seiner Partys Drogen an seine Gäste verkauft. Einer der Gäste habe ihm das auch bestätigt. Beides ist gelogen. Zwei Tage später steht die Polizei vor Lohmüllers Haus. Droht Obermayer nun eine Strafe?

Falsche Verdäch­tigung: Anzeige wider besseres Wissen

Auch wenn eine Falsch­ver­däch­tigung moralisch immer verwerflich ist – damit sie als Straftat gilt, müssen einige Voraus­set­zungen erfüllt sein. Tommy Kujus ist Rechts­anwalt für Strafrecht und Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Strafrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). Er erklärt: „Von einer falschen Verdäch­tigung oder Anschul­digung spricht man, wenn eine Person jemanden wider besseres Wissen einer Straftat beschuldigt, also bewusst über die Schuldigkeit lügt und dies der Polizei oder Staats­an­walt­schaft mitteilt.“ Nur etwas Falsches zu behaupten, sei nicht strafbar. Es müsse mit Absicht geschehen, damit die falsche Beschul­digung als Straftat gelte.

Eine weitere Bedingung dafür, dass eine falsche Beschul­digung strafbar ist: Die vorgebrachten Tatsachen sind geeignet, Ermitt­lungs­maß­nahmen auszulösen. Dies reicht von der einfachen Beschul­dig­ten­ver­nehmung bis zur Hausdurch­suchung.

Anzeige bei Polizei, Staats­anwalt oder Anschul­digung in der Öffent­lichkeit

Wichtig ist, wie bereits erwähnt, auch das entspre­chende Publikum, also vor wem man die Anschul­digung vorbringt. Der falschen Verdäch­tigung macht sich nur schuldig, wer eine andere Person bei der Polizei, der Staats­an­walt­schaft oder öffentlich einer Straftat verdächtigt.

„´Öffent­lichkeit` steht in diesem Zusammenhang für eine Personen­gruppe von nicht genau zu benennender Größe, wie sie bei einer Demons­tration oder im Internet erreicht wird“, erklärt der Rechts­anwalt aus Leipzig. Erhebe man im Famili­enkreis oder in einer Runde von Freunden Vorwürfe, gelte das nicht als öffentlich.

Im Fall Obermayer gegen Lohmüller sind alle Bedingungen für eine strafbare Falsch­ver­däch­tigung erfüllt: Obermayer hat seinen Nachbar bewusst falsch beschuldigt und die Bestätigung des Gastes erfunden. Er hat das vor der Polizei getan und damit bewirkt, dass die Beamten das Haus von Lohmüller durchsuchten.

Bis zu fünf Jahren Haft für falsche Verdäch­tigung

Das mögliche Strafmaß bei einer falschen Verdäch­tigung reicht von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft. Was auf den Straftäter zukommt, hängt von dem Delikt ab, dessen er die andere Person verdächtig hat. So macht es einen Unterschied, ob es sich dabei um Diebstahl, Steuer­hin­ter­ziehung oder sogar die Planung eines terroris­tischen Anschlags handelt.

Davon abhängig und ebenfalls wichtig ist, welche Ermitt­lungs­maß­nahmen die falsche Verdäch­tigung auslöst. Kommen auf die Anzeige hin lediglich zwei Beamte vorbei, um sich in der Wohnung des Verdächtigen einmal umzuschauen, bindet das natürlich weniger Ressourcen der Ermitt­lungs­be­hörden als eine landesweite Fahndung oder DNA-Tests bei einer großen Gruppe Menschen. Entsprechend wirkt sich das auf das Strafmaß aus.

Falsche Verdäch­tigung aus Versehen: Keine Konsequenzen

Wer hingegen eine andere Person aus Versehen falsch verdächtigt, muss nichts befürchten. Das gilt zum Beispiel, wenn man glaubt, jemandem auf einem Fahndungsfoto zu erkennen und sich darin irrt. Oder wenn jemand der Meinung ist, eine Straftat zu beobachten, die in Wahrheit gar keine ist. „Das Recht, bei einem Verdacht Strafanzeige zu erstatten, geht sehr weit“, erklärt der Strafrechts­experte aus Leipzig. Es sei wichtig, auch Anzeige erstatten zu können, wenn man sich womöglich nicht ganz sicher sei. Etwaige Zweifel müsse man dann aber der Polizei mitteilen.

In der Praxis ist es allerdings schwer nachzu­weisen, ob jemand gelogen oder sich einfach geirrt hat. So kann wohl niemand beweisen, ob Obermayer seine Anschul­digung erfunden oder ob er wirklich gesehen hat, wie sein Nachbar bei einer Party Tütchen mit bunten Pillen verteilt hat. Und ob der Gast Lohmüller wirklich beschuldigt hat, lässt sich im Nachhinein auch kaum belegen.

Zu Unrecht verdächtigt? Anwalt für Strafrecht aufsuchen

Wer sich zu Unrecht verdächtigt fühlt oder angezeigt wurde, sollte sich an einen Anwalt für Strafrecht wenden. Das ist bei Anzeigen meist sowieso sinnvoll, insbesondere dann, wenn man von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde. Opfer falscher Verdäch­ti­gungen können auch ihrerseits Anzeige erstatten. Rechts­an­wäl­tinnen und Rechts­anwälte für Strafrecht finden Sie über unsere Anwaltssuche oder rund um die Uhr und das ganze Jahr hindurch über den Strafver­teidiger Notdienst der Arbeits­ge­mein­schaft Strafrecht.

Datum
Aktualisiert am
21.08.2018
Autor
vhe
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Themen
Haft Polizei Straftat

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