Auch wenn viele Briten gegen die EU-Mitgliedschaft gestimmt haben – der Austrittsprozess des Vereinigten Königreichs wird dauern. Auf der Seite des Auswärtigen Amtes heißt es deshalb dazu: „Kurzfristige Auswirkungen auf den Reiseverkehr nach Großbritannien und Nordirland, auf das Aufenthaltsrecht dort oder auf den Zahlungsverkehr sind derzeit nicht zu erwarten, vielmehr dürften sich Austrittsverhandlungen über einen längeren Zeitraum hinziehen."
Nach dem Vertrag von Lissabon dürfen die Briten frühestens im Sommer 2018 die EU verlassen. Wenn dieser Austritt aber vollzogen ist, könnte dies für Verbraucher verschiedene Folgen zeitigen.
Urlaub in Großbritannien: Was könnte der Brexit für Reisende bedeuten?
Brexit und Flüge in das Vereinigte Königreich: Zum Beispiel könnten Flüge vom Vereinigten Königreich in die Europäische Union oder umgekehrt sich verteuern, wenn man mit einer britischen Airline fliegen würde. Denn es könnte sein, dass sich durch den Brexit die Flugpreise stark erhöhen. Ticketpreise sind derzeit vergleichsweise niedrig, weil Fluggesellschaften mit Sitz in der EU von Vorteilen profitieren, die ihnen die EU einräumt und die sie finanziell an die Fluggäste „weitergeben“ können. Löst das Vereinigte Königreich die EU-Mitgliedschaft auf, würden diese Vorteile entfallen.
Brexit und Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung: Fluggäste erhalten in der EU derzeit unter bestimmten Bedingungen eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung. Das ist etwa bei stark verspäteten Flügen der Fall, die Entschädigung ist in ihrer Höhe gestaffelt. Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU würde diese Verordnung wohl entfallen, eine Entschädigung für Fluggäste müsste das Königreich erst über eine eigene Verordnung regeln.
Brexit und Roaming-Gebühren: Nach langer Diskussion sollten im kommenden Jahr die Roaming-Gebühren für Telefonate über das Mobiltelefon in der EU entfallen. Von diesem Vorteil würden die Briten nach dem Brexit nicht mehr profitieren, Urlauber müssten sich auf hohe Gebühren einstellen.
Brexit und Reisedokumente für Urlaub im Vereinigten Königreich: Viele EU-Bürger fragen sich jetzt, mit welchen Dokumenten sie künftig in das Vereinigte Königreich werden reisen können. Denkbar ist, dass es für Urlauber etwa aus Deutschland nicht mehr genügen wird, den Personalausweis dabei zu haben. Möglicherweise brauchen sie dann einen Reisepass, Kinder brauchen schon jetzt in der Regel einen Reisepass für alle Auslandsreisen. Unwahrscheinlich wird wohl sein, dass Bürger der EU in Zukunft ein Visum für ihren Urlaub in Großbritannien brauchen werden.
Brexit: Währungsschwankungen und Folgen für Reisende
Der Brexit hat bereits zu einer Abwertung des britischen Pfunds geführt. Für Reisende aus Länder der EU bedeutet dies: Sie können preiswerter im Vereinigten Königreich Urlaub machen. Umgekehrt wird der Urlaub für Briten in einem EU-Mitgliedsstaat aber teurer und das könnte möglicherweise finanzielle Folgen für manches europäisches Urlaubsland mit sich bringen.
Briten im EU-Ausland und Staatsangehörigkeit
Brexit und Freizügigkeit in der EU: Als Bürger eines Mitgliedsstaates der EU dürfen sich Briten in Deutschland wie im EU-Ausland allgemein frei bewegen, hier leben und arbeiten. Das ermöglicht die Freizügigkeitsrichtlinie der EU. Doch wie wird es nach vollzogenem Brexit aussehen? Das ist derzeit noch völlig offen.
Brexit und Staatsangehörigkeit: Im EU-Ausland leben derzeit rund zwei Millionen Briten, in Deutschland sind es knapp 100.000 Menschen (siehe weiter unten). Ihr Status wäre nach einem Brexit unklar und müsste neu geregelt werden. Darauf wollen viele in Deutschland lebende Briten nicht warten und haben die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt. Jedenfalls ist die Zahl der Einbürgerungen von Briten gestiegen, seit 2013 erstmals ein Brexit debattiert wurde. Seit Beginn des Jahres haben sich die Anträge von Briten auf die deutsche Staatsbürgerschaft vervielfacht.
Brexit und wie man deutscher Staatsbürger wird: Die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, wer mindestens seit acht Jahren in der Bundesrepublik lebt, über eine Aufenthaltserlaubnis, Sprachkenntnisse und staatsbürgerliches Grundwissen verfügt. Außerdem müssen sich Antragsteller zum Grundgesetz bekennen. Die Kosten für eine Einbürgerung betragen 255 Euro.
Was bedeutet der Brexit für Arbeitnehmer?
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist für viele einer der großen Vorteile der europäischen Union. Jeder EU-Bürger darf danach in jedem anderen EU-Land arbeiten. Auch Versicherungszeiten- und Ansprüche können EU-weit von einem Land ins andere mitgenommen werden. Arbeitnehmern können so im Laufe der Karriere zwischen den beiden Ländern hin und her zu wechseln, ohne Einbußen zum Beispiel bei der Renten befürchten zu müssen.
Brexit und Arbeitnehmer aus anderen EU-Ländern, die in Großbritannien arbeiten: Derzeit arbeiten rund 2,2 Millionen Menschen aus anderen EU-Ländern in Großbritannien. Sie werden aller Voraussicht nach dort bleiben dürfen. Das haben im Vorfeld sogar die Brexit-Befürworter zugesichert.
Brexit und EU-Arbeitnehmer, die in Großbritannien arbeiten wollen: Tritt Großbritannien wirklich aus der EU aus, wird es für Arbeitnehmer aus anderen Ländern deutlich schwieriger werden, dort zu arbeiten. Dass das Land sich auf Ausnahmen für Arbeitnehmer aus der EU einlassen und die Arbeitnehmerfreizügigkeit beibehalten wird, gilt als unwahrscheinlich. Ob Arbeitnehmer aus der EU künftig ein Visum brauchen werden, wird sich zeigen.
Falls es so kommen sollte, dürfte das nicht nur für die Arbeitnehmer schwierig werden, sondern auch für britische Firmen, Arbeitskräfte zu finden. Nach einer Studie der Universität Oxford erfüllen drei Viertel der EU-Ausländer die Vorgaben nicht, die für Bewerber außerhalb der Staatengemeinschaft gelten. Sobald im April 2017 neue, verschärfte Visa-Regeln für ausländische Bewerber in Kraft treten, könnten es sogar 81 Prozent sein.
Einige Industrien würden besonders hart getroffen: Von den Arbeitnehmern aus dem EU-Ausland in Hotels und Restaurants erfüllen 94 Prozent nicht die existierenden Visa-Vorschriften. In der Landwirtschaft sind es sogar 96 Prozent. Deutsche Arbeitnehmer könnten es der Tageszeitung „Die Welt“ zufolge etwas leichter haben als Arbeitnehmern aus anderen EU-Ländern. Viele Deutsche haben ein hohes Qualifikationsniveau besitzen.
Folgen des Brexit für Briten, die in Deutschland arbeiten: Aktuell leben rund 100.000 britische Staatsangehörige in der Bundesrepublik (siehe oben). Wie es um die Arbeitserlaubnis und die Aufenthaltsgenehmigung bestellt ist, wenn Großbritannien aus der EU austritt, ist unsicher. Auf sie kommt vermutlich deutlich mehr Bürokratie zu. Viele Briten haben sich in den vergangenen Monaten bereits zu einer Einbürgerung in Deutschland beraten lassen.
Welche Rechte gelten für deutsch-britische Ehen und Familien?
Brexit und Eheschließung: Ehen werden immer anerkannt, wenn sie nach jeweiligem Ortsrecht geschlossen werden – egal wo auf der Welt die Eheschließung stattfindet.
Brexit und Scheidung: Wenn es um die Scheidung von binationalen Paaren innerhalb Europas geht, regeln derzeit europäische Gesetze, welches Gericht zuständig ist. Aktuell gilt die Rom-III-Verordnung. Sie besagt, dass das Gericht am letzten gemeinsamen Wohnort der Ehepartner für die Scheidung zuständig ist. Was sich mit Blick auf das Familienrecht mit dem Brexit ändert, wird sich erst zeigen. Zunächst wird es aber vermutlich bei der bestehenden Regelung bleiben.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.07.2016
- Autor
- ime/vhe