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Sicher­heits­gewerbe

Welche Befugnisse haben private Sicher­heits­dienste?

Private Wach- und Sicher­heits­dienste patrouil­lieren immer häufiger etwa in U-Bahnhöfen, auf Veranstal­tungen oder in Fußball­stadien. Doch diese Dienste sind umstritten, ihre Befugnisse oft unklar. Die Deutsche Anwalt­auskunft hat sich die Rechtslage angesehen.

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Sie gehören mittlerweile ganz selbst­ver­ständlich zum Straßenbild: Angestellte privater Sicher­heits­un­ter­nehmen bewachen U-Bahnhöfe, Kaufhäuser oder Gebäude und Werksgelände. Sie sorgen dafür, dass Geld sicher von einem Ort zum anderen kommt, begleiten als Leibwächter prominente Schauspieler und Bundes­po­litiker oder patrouil­lieren als Security auf Veranstal­tungen.

Aber diese Normalität kann nicht darüber hinweg täuschen, dass private Wach- und Sicher­heits­dienste gesell­schaftlich umstritten sind. Zumindest befürchten manche Menschen, dass die Aufgaben privater Sicher­heits­dienste mit den Hoheits­rechten des Staates kollidieren und sich diese Dienste Befugnisse anmaßen könnten, die öffentlich-rechtlichen Organen wie der Polizei oder den Ordnungs­ämtern vorbehalten sind.

Kommunen engagieren private Wach- und Sicher­heits­dienste

Auch von solchen Befürch­tungen her rührt wohl die Kritik an der Praxis einiger  Kommunen, private Sicher­heits­un­ter­nehmen zu engagieren und diese etwa auf öffent­lichen Veranstal­tungen wie Straßen­festen einzusetzen, wo sie auch Platzverweise aussprechen. Häufig rechtfertigen die Kommunen diese Praxis juristisch über die sogenannte Beleihung, doch sie ist mindestens unter Rechts­experten umstritten.

Was dürfen private Wach- und Sicher­heits­dienste?

Anders bei als bei der kommunalen Praxis, sind die Regeln klar, die Sicher­heits­dienste befolgen müssen, wenn sie für private Auftraggeber tätig sind. Dabei gilt zunächst, dass die Mitarbeiter dieser Dienste in der Regel keine Waffen bei sich führen dürfen. Auch müssen sie Kleidung tragen, die sich deutlich von den Uniformen und der Dienst­kleidung von Polizisten und Mitarbeitern der Ordnungsämter unterscheidet.

Bereits daran zeigt sich: Private Sicher­heits­un­ter­nehmen sind nicht mit staatlichen Organen gleich­gesetzt und verfügen daher auch über weit weniger Rechte als die Ordnungsämter oder die Polizei. Anders als diese, sind private Sicher­heits­un­ter­nehmen dem Zivilrecht zugeordnet. Sie arbeiten meist für Privatleute oder für privat­rechtlich organi­sierte Unternehmen wie die Deutsche Bahn, die sie für ihre Zwecke buchen.

Für ihren Auftraggeber setzen die Security-Unternehmen dessen Hausrecht und die darauf basierende Hausordnung gegenüber Dritten durch. Dabei haben private Sicher­heits­dienste die umfassenden Befugnisse ihres Auftrag­gebers.

Sieht die Hausordnung für einen Bahnhof zum Beispiel vor, dass man dort keinen Alkohol trinken darf, ist es zulässig, dass die Sicher­heits­dienste die dort sitzenden Leute kontrol­lieren. „Betrunkene dürfen sie des Bahnhofs verweisen“, erklärt Rechts­anwalt Siegfried Bratke vom Deutschen Anwalt­verein (DAV). „Denn wer sich nicht an die Hausordnung hält, verletzt die Rechte desjenigen, der das Hausrecht inne hat.“ Daher dürfen private Sicher­heits­dienste beispielsweise auch Stadion­verbote erteilen oder Kaufhaus­de­tektive Hausverbote für Ladendiebe.

Hausrecht schafft Sonder­rechte

Das Hausrecht des Hausherrn schafft Sonder­rechte. Der Inhaber des Hausrechts oder der ihn vertretende Sicher­heits­dienst kann beispielsweise ein Hausverbot erteilen und es durchsetzen, indem er sich auf Notwehr beruft, die § 32 des Strafge­setz­buches (StGB) regelt. Auch auf § 859 ff des Bürger­lichen Gesetz­buches, die Selbsthilfe, können sich Sicher­heits­dienste stützen. Diese können jemanden, der das Hausrecht verletzt, wegen Hausfrie­densbruch nach § 123 des StGB anzeigen.

Was ist das „Jedermannsrecht“?

Neben diesen Paragraphen aus dem Strafge­setzbuch steht privaten Sicher­heits­diensten, so wie auch jedem anderen in Deutschland lebenden Bürger, das sogenannte Jedermannsrecht offen. Dieses Recht definiert die Strafpro­zess­ordnung in § 127 und erlaubt jedem, unter bestimmten Bedingungen, einen Täter am Tatort festzu­halten bis dieser sich ausweist oder die Polizei eintrifft.

Auf dieses Recht könnte man sich zum Beispiel berufen, wenn man jemanden dabei beobachtet, wie er Dinge zerstört oder einen Menschen schlägt. „Um jemanden festhalten zu dürfen, muss immer ein dringender Tatverdacht bestehen“, betont Rechts­anwalt Siegfried Bratke. Das gilt für Mitarbeiter des Sicher­heits­ge­werbes wie für Bürger generell.

Dürfen Wach- und Sicher­heits­dienste die Personalien kontrol­lieren?

Bei dringendem Tatverdacht dürfen private Sicher­heits­dienste die Personalien eines Verdächtigen aufnehmen. Sie können den Verdächtigen aber nicht zwingen, ihnen seinen Ausweis zu zeigen. Denn das muss er nicht. Allerdings muss er in diesem Fall damit rechnen, dass ihn die Mitarbeiter des Sicher­heits­dienstes so lange festhalten, bis die Polizei am Tatort eintrifft. Vor der Polizei muss sich ein Verdächtiger ausweisen.

Doch dies eben nur bei einem dringenden Tatverdacht. „Eine allgemeine Personen­kon­trolle darf von der Polizei nicht durchgeführt werden“, sagt Siegfried Bratke. „Eine Personen­kon­trolle bedarf immer eines Anlasses.“

Das gilt erst recht für private Sicher­heits­dienste. Diese dürfen sich verdachts­un­ab­hängig die Ausweise nur innerhalb des Hausrechts des Hausherrn zeigen lassen. Sie dürfen beispielsweise bei einer Veranstaltung kontrol­lieren, ob ein Ticket und die Personalien überein­stimmen. In diesem Fall des Hausrechts muss man seinen Ausweis vorzeigen oder akzeptieren, dass man nicht in die Veranstaltung gelassen wird.

Dürfen Türsteher Besucher abweisen?

Dass private Sicher­heitsleute Menschen daran hindern dürfen, in eine Veranstaltung zu gelangen, ist in dem genannten Beispiel legitim. Weniger gerecht­fertigt dürfte es aber sein, wenn etwa Türsteher Menschen nicht in einen Club oder eine Disco einlassen wollen – zumindest dürfen Türsteher niemanden etwa wegen seiner Herkunft abweisen. Eine Praxis, die im Alltag nach wie vor geschieht und schon manches Mal vor Gerichte gelandet ist.

Da sich diese Praxis sachlich nicht rechtfertigen lässt, könnte sie ein Verstoß gegen das umgangs­sprachlich Antidis­kri­mi­nie­rungs­gesetz (AGG) genannte Regelwerk und daher verboten sein. Allerdings muss man nachweisen, dass man diskri­miniert worden ist.

„Kann der Betroffene belegen, dass er wegen seiner Herkunft abgewiesen worden ist, etwa durch Zeugen­aussagen, könnte er Schmer­zensgeld nach dem AGG verlangen sowie eine Unterlassung fordern“, erklärt Rechts­anwalt Siegfried Bratke. „Die Höhe des Schmer­zens­geldes hängt vom Einzelfall ab. Gerichte haben Betroffenen bislang unterschiedlich hohe Beträge zugesprochen, diese reichten von 300 bis 900 Euro.“

Datum
Aktualisiert am
25.04.2023
Autor
ime
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Themen
Persön­lich­keits­rechte Polizei Sicher­heits­dienst

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