Vom 2. – 4. April treffen sich Richter und Staatsanwälte in Weimar und befassen sich schwerpunktmäßig unter anderem mit der Qualifikation ärztlicher Gutachten, die in Strafprozessen Gerichtsentscheidungen gravierend beeinflussen können. Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Christoph Franz, fordert hier gesetzliche Mindeststandards.
Aus seiner Sicht besteht ein Problem, da es bei jeder Kammer unterschiedliche Standards zur Berechtigung von Medizinern zur Tätigkeit als Gerichtsgutachter gibt.
Gegenüber der Presseagentur dpa sagte er: „Das ist aus Sicht des Richterbundes sehr unbefriedigend. Manche Kammern knüpfen die Bestellung von Sachverständigen an bestimmte Fortbildungsnachweise, andere nicht.“ Deshalb habe der Deutsche Richterbund die Politik dazu aufgefordert, gesetzliche Mindeststandards für die Beurteilung der Qualifikation von Sachverständigen zu schaffen, so der Verbandsvorsitzende. „Dies ist dringend erforderlich, um sicher zu stellen, dass die Brauchbarkeit eines Gutachtens nicht schon an der Qualifikation des Sachverständigen scheitert.“ So würde auch den Richtern eine gewisse Sicherheit für ihre Auswahl geboten, sagte Franz.
In etwa jedem zweiten Strafverfahren werden wohl Gutachten eingeholt
Derzeit werden Gutachter durch das Gericht im einzelnen Verfahren ausgewählt. Für gewisse Arten von Gutachten sind Sachverständige öffentlich bestellt, wofür bei medizinischen Sachverhalten die Landesärztekammern oder Landespsychotherapeutenkammern zuständig sind.
Nach Schätzungen ziehen Gerichte bei der Hälfte aller Strafverfahren wegen schwerer Verbrechen wie Mord, Totschlag, Sexualstraftaten oder schwerer Gewaltdelikte ärztliche Expertise heran.
Der Fall Gustl Mollath hat die Debatte neu befeuert
Das Thema rückte besonders in den Fokus, nachdem Gustl Mollath jahrelang gegen seinen Willen in der Psychiatrie eingesperrt wurde. Dabei spielten die medizinischen Gutachten eine entscheidende Rolle.
Die Staatsanwaltschaften und Richter erhoffen sich durch die Arbeit de Sachverständigen wichtige Erkenntnisse zur Schuldfähigkeit und der Einschätzung, ob ein Angeklagter in der Lage ist, seine Handlungen zu steuern. Christioph Franz gegenüber der dpa: „Auch zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Angeklagten kann die Einschätzung durch Gutachter nötig sein.“
Unterstützung von Seiten der Anwaltschaft
Die fehlenden Mindeststandards kritisiert auch der Strafrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Gegenüber der Deutschen Anwaltauskunft sagt deren Vorsitzender Dr. Stefan König: „Wir unterstützen die Forderung des Deutschen Richterbundes.“ Für die Tätigkeiten der insbesondere forensisch-psychologischen Sachverständigen sei es notwendig, einheitliche und verbindliche Standards zu setzen und so zur Qualitätssicherung beizutragen, so König.
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- dpa/red