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Anwaltskosten

FAQ Anwalts­kosten: Gebühren, Beratungshilfe und Prozess­kos­tenhilfe

Anwältin prüft Fall
Anwaltskosten sind keine Blackbox! Sie sind gesetzlich geregelt. © Quelle: Kzenon/ panthermedia.net

Es ist ein uraltes Klischee: Anwälte sind ein Privileg der Reichen und Mächtigen. In prunk­vollen Kanzleien ziehen sie die Strippen im Sinne derer, die ohnehin schon alles haben. Dieses Zerrbild entspricht nicht den Tatsachen. Stattdessen sorgt es dafür, dass Menschen auf anwalt­liche Beratung verzichten, die sie besonders gut gebrauchen könnten: Menschen mit wenig finan­zi­ellem Spielraum. Wer wenig Geld hat, kann jedoch von staat­lichen Hilfen für recht­lichen Beistand profi­tieren.

Immer mehr Menschen in Deutschland sind verschuldet. Gerade wer wenig Geld hat, braucht häufig anwalt­lichen Beistand, um seine Rechte durchzu­setzen. Der Staat gewährt finanziell schwachen Menschen deshalb rechtliche Hilfen – eine Übersicht.

Anwalts­ge­bühren sind transparent

Dabei sind die Kosten für qualifi­zierte rechtliche Beratung durch eine Anwältin oder einen Anwalt keineswegs unkalku­lierbar, im Gegenteil: Die anwaltliche Tätigkeit wird nach dem Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­gesetz (RVG) bezahlt, sofern nichts anderes vereinbart wird. Je nachdem, ob der Streit vor Gericht landet oder nicht, fallen unterschiedliche Gebühren an.

  • Wenn der Rechtsanwalt Sie außergerichtlich vertritt, berechnet er eine Geschäftsgebühr.
  • Bei einer Einigung (Vergleich) fällt zusätzlich eine Einigungsgebühr an.
  • Wenn der Streit vor Gericht geht, verlangt der Rechtsanwalt eine Verfahrensgebühr und eine Terminsgebühr

Achtung: Wenn der Anwalt schon eine Geschäfts­gebühr berechnet hat, darf er – sobald der Fall vor Gericht geht – nicht mehr die komplette Verfah­rens­gebühr verlangen.

Tipp: Wer zum Anwalt geht, sollte gleich zu Beginn der ersten Beratung nach den voraus­sicht­lichen Kosten fragen. 

Anwalts­ge­bühren bei der Erstbe­ratung

Für die erste Beratung gelten besondere Regeln. Ein erstes Beratungs­ge­spräch darf höchstens 190 Euro zuzüglich Mehrwert­steuer und Auslagen kosten. Sie erhalten dabei eine mündliche pauschale, überschlägige Einstiegs­be­ratung für eine erste rechtliche Orientierung. Das gilt, wenn der Rechts­su­chende ein Verbraucher ist, also wenn es in der Beratung keine Rechts­fragen betrifft, die einer gewerb­lichen oder einer selbständigen beruflichen Tätigkeit des Mandanten zuzuordnen sind.

Bei weiteren Beratungs­terminen oder für die Ausarbeitung eines schrift­lichen Gutachtens für Verbraucher, beträgt die Rechts­an­walts­gebühr höchstens 250 Euro plus Mehrwert­steuer und Auslagen.

Ausnahme: Die Anwalts­kosten können höher sein, wenn Sie als Mandant mit dem Rechts­anwalt eine Vergütungs­ver­ein­barung getroffen haben. Das geht aber natürlich nur mit Ihrer Zustimmung.

So werden Anwalts­kosten berechnet: Der Gegenstandswert

Im Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­gesetz (RVG) ist genau bestimmt, wie viel ein Rechts­anwalt für seine Tätigkeit nach dem Gesetz verlangen darf. Die Anwalts­gebühr richtet sich nach dem Gegenstandswert (vor Gericht auch Streitwert genannt). Der Gegenstandswert ist die Geldsumme, um die in Ihrem Fall gestritten wird.

Beispiel: Ihr Arbeitgeber hat Ihnen wegen eines Fehlers der Buchhaltung seit zwei Monaten kein Gehalt gezahlt. Ihr Gehalt beträgt 2.700 Euro/Monat brutto. Sie wollen beide Monate gezahlt bekommen. Der Gegenstandswert liegt also bei 5.400 Euro (2 x 2.700).

Dass die Anwalts­gebühr sich nach dem Gegenstandswert richtet, heißt aber nicht, dass Ihr Anwalt von Ihnen 5.400 Euro verlangen darf. Es gibt eine Tabelle, anhand derer man die Gebühr anteilig nach dem Gegenstandswert errechnen kann. So ist zum Beispiel bestimmt, dass bis zu einem Gegenstandswert von 500 Euro, die einfache Anwalts­gebühr 49 Euro beträgt. Bei höherem Gegenstandswert steigen die Kosten anteilig. Wenn der Streit vor Gericht geht, kommen weitere Gebühren hinzu. Außerdem gibt es eine Pauschale für Post- und Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­bühren.

Achtung: Üblicherweise rechnet ein Rechts­anwalt nicht mit dem Faktor 1 der RVG-Gebühr, sondern außerge­richtlich mit dem Faktor 1,3. Das kommt daher, dass er auf diese Weise zusätzliche Arbeiten abdeckt, wie etwa das Verfassen von Schrift­sätzen an den gegnerischen Anwalt. Im Gesetz ist bestimmt, dass der Anwalt nach seinem Ermessen je nach Umfang und Schwie­rigkeit der Sache einen Faktor zwischen 0,5 und 2,5 der einfachen Gebühr anwenden darf.

Beispiel: Zur Verdeut­lichung führen wir das obere Beispiel weiter.

Gegenstandswert: 5.400 Euro

  • RVG-Gebühr: 390 Euro
  • außergerichtliche Geschäftsgebühr mit dem Faktor 1,3: = 507 Euro
  • Post- und Telekommunikationspauschale: 20 Euro
  • Umsatzsteuer: 100,13 Euro

Gesamt: 627,13 Euro

Für eine außerge­richtliche Vertretung müssten Sie im Beispielfall also bei einem durchschnitt­lichen Fall mit 627 Euro Anwalts­ge­bühren rechnen. Doch wie sieht es aus, wenn der Fall vor Gericht geht?

  • Verfahrensgebühr: 627 Euro
  • Abzüglich der hälftigen Geschäftsgebühr: -253,50 Euro
  • Terminsgebühr: 468 Euro
  • Post- und Telekommunikationspauschale: 20 Euro
  • Umsatzsteuer: 140,89 Euro

Gesamt: 882,39 Euro

Wenn der Fall vor Gericht geht, müssten Sie also für die außerge­richtliche und gerichtliche Vertretung mit insgesamt 1.509,52 Euro Anwalts­kosten rechnen.

Tipp: Im Netz gibt es viele kostenlose RVG-Rechner, die Sie nutzen können, um die Kosten für einen Rechts­streit abzuschätzen.

Die Einigungs­gebühr

Nicht jeder Streit kommt vor Gericht. Wenn der Rechts­anwalt für Sie eine außerge­richtliche Einigung (Vergleich) erzielt, kann er eine Einigungs­gebühr berechnen. Die Einigungs­gebühr ist so hoch wie die RVG-Gebühr mit dem Faktor 1,5 multipliziert. Wenn der Gegenstandswert zum Beispiel 500 Euro beträgt, ist die RVG-Gebühr auf 49 Euro festgelegt. Die Einigungs­gebühr beträgt dann 73,50 Euro (49 x 1,5).

Darf der Anwalt einen Vorschuss verlangen?

Ja, das ist möglich. Grundsätzlich wird die Anwalts­gebühr zwar erst fällig, wenn der Anwalt den Auftrag erfüllt hat. Es ist aber auch zulässig, wenn der Anwalt einen angemessenen Vorschuss verlangt um sein unterneh­me­risches Kosten­risiko einzudämmen. Wenn der Vorschuss höher war als die tatsäch­lichen Anwalts­kosten, muss der Rechts­anwalt natürlich den Überschuss an den Mandanten zurück­be­zahlen.

Strafrecht: So viel kostet ein Strafver­teidiger

Im oberen Beispiel ging es um Streitig­keiten im Zivilrecht. Doch wie viel kostet ein Anwalt im Strafrecht? Grundsätzlich ist auch die Vergütung eines Strafver­tei­digers gesetzlich geregelt. Allerdings gibt es im Strafrecht häufiger Vergütungs­ver­ein­ba­rungen, weil der Arbeits­aufwand im Strafver­fahren für Anwältinnen und Anwälte in der Regel besonders hoch ist.

Wenn keine Honorar­ver­ein­barung getroffen wurde, greift das Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­gesetz (RVG). Hier gibt es für Strafver­tei­digung einen gesetz­lichen Vergütungs­rahmen, der von einer Mindest­gebühr bis zu einer Höchst­gebühr reicht, abhängig von Umfang und Schwie­rigkeit. Ähnlich wie bei Zivilsachen steigen auch im Strafrecht die Kosten, wenn der Fall vor Gericht geht. So gibt es eine Verfah­rens­gebühr im Ermitt­lungs­ver­fahren (vor der Gerichts­ver­handlung) und eine Verfah­rens­gebühr im gericht­lichen Verfahren. Dazu kommt auch im Strafrecht eine Termins­gebühr.

Wichtig: Wenn im Strafver­fahren ein Pflicht­ver­teidiger beigeordnet wird, berechnet sich die Gebühr laut RVG anders als bei einem Wahlver­teidiger. Der Pflicht­ver­teidiger wird zunächst aus der Staatskasse vergütet. Im Falle einer Verurteilung muss der Angeklagte die Gebühren aber an den Staat zurück­zahlen.

Hilfen für Menschen mit geringem Vermögen

Ein elemen­tarer Bestandteil des Rechts­staates ist, dass jeder Bürger unabhängig von seinen Vermögens­ver­hält­nissen die Chance hat, seine Rechte durch­zu­setzen – dafür ist anwalt­liche Beratung unerlässlich. Der Staat räumt Menschen mit niedrigem Einkommen und Vermögen deshalb Hilfen ein, wenn Sie einen Anwalt benötigen: die Beratungs- und Prozess­kos­ten­hilfe.

Beratungs­hilfe: Unterstützung für außergericht­liche Beratung und Vertretung

Die Beratungs­hilfe ermöglicht Menschen mit geringen finan­zi­ellen Mitteln eine außergericht­liche Beratung und Vertretung durch einen Anwalt oder eine Anwältin ihrer Wahl, zum Beispiel bei Strei­tig­keiten mit dem Vermieter. Dafür brauchen Sie einen Beratungs­hil­fe­schein.

Wie kann ein Beratungs­hil­fe­schein beantragt werden?

Der Antrag auf Beratungs­hilfe wird beim zuständigen Amtsge­richt gestellt - mündlich oder schriftlich. Wichtig ist dabei: Der Ratsu­chende muss alle Unter­lagen mitbringen, mit denen er beweisen kann, dass er die Kosten für den Rechts­beistand nicht aus eigener Tasche zahlen kann. Das sind Belege über Einkommens- und Vermögens­ver­hältnisse und ein Formular, das auf der Website jedes Amtsge­richts herunter­geladen werden kann. Auch Unterlagen zum rechtlichen Problem sollten mitgebracht werden.

Wichtig: Der Antrag kann auch nachträglich - innerhalb von vier Wochen nach Beginn der Beratungs­tä­tigkeit - gestellt werden. Dies birgt jedoch das Risiko, dass der Ratsu­chende bei Ablehnung unter Umständen eine Vergütung nach den gesetz­lichen Vorschriften zahlen muss.

Wenn das Gericht positiv entscheidet, stellt es einen Beratungs­hil­fe­schein aus, mit dem Sie zum Anwalt oder zur Anwältin gehen können. Dieser darf dann nur 15 Euro von Ihnen fordern. Das Gericht kann den Beratungs­hil­fe­antrag auch ablehnen, wenn es andere Möglich­keiten der Hilfe gibt oder die Inanspruchnahme mutwillig erscheint.

Hamburg oder Bremen: Hier gelten Sonder­regeln

Beratungshilfe kann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Wohnsitz in Hamburg oder Bremen liegt. Dort gibt es für die Hilfe andere Stellen: in Hamburg die Öffentliche Rechts­auskunft- und Vergleichs­stelle und in Bremen der Bremische Anwalts­verein und die Arbeit­neh­mer­kammer.

Prozess­kos­ten­hilfe: Finan­zielle Unterstützung für Gerichts­ver­fahren

Die Prozess­kos­tenhilfe sichert ihnen, etwa bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber, die Hilfe eines Rechts­anwalts bei der Durchsetzung ihrer Rechte vor Gericht. Die Vergütung des Anwalts entfällt entweder ganz oder kann ratenweise abgezahlt werden. Das gilt auch für die Gerichts­kosten.

Wie beantragt man Prozess­kos­tenhilfe?

Prozess­kos­tenhilfe muss beim Prozess­gericht beantragt werden, also bei dem Gericht, bei dem der Prozess geführt wird. Die Entscheidung, ob Prozess­ko­ten­hilfe bewilligt wird, trifft immer das Gericht. Die Kosten können unter Umständen auch nachge­fordert werden – aller­dings nur, wenn sich die finan­zi­ellen Verhältnisse des Antrag­stellers bessern. Häufig kann Ihnen ihr Anwalt bei der Beantragung behilflich sein.

Wichtig: Prozess­kos­ten­hilfe sollte immer recht­zeitig geltend gemacht werden – denn rückwirkend kann sie nicht gebilligt werden.

Was deckt die Prozess­kos­tenhilfe ab?

Die Prozess­kos­tenhilfe kann für Gerichts­kosten in Zivil-, Verwaltungs-, Sozial-, oder Arbeits­rechts­fällen aufkommen. Auch im Famili­enrecht gibt es staatliche Hilfe, die aber Verfah­rens­kos­tenhilfe genannt wird. Abgedeckt sind die Kosten für das Verfahren, also die Gerichts­kosten und die (gesetz­lichen) Kosten für den eigenen Rechts­anwalt.

Wer hat einen Anspruch?

Ob ein Anspruch auf Beratungs- und Prozess­kos­ten­hilfe besteht, richtet sich nach dem persön­lichen Einkommen und Vermögen. Beim Besuch eines Anwalts oder einer Anwältin sollten deshalb alle notwen­digen Unter­lagen wie Lohn- und Gehalts­ab­rech­nungen, Mietvertrag, Kontoauszüge etc. mitge­bracht werden. Der Rechts­anwalt kann dann ggf. prüfen, ob Beratungs- oder Prozess­kos­ten­hilfe in Betracht kommt. Die Entscheidung trifft aller­dings das jeweilige Gericht. Der Anspruch auf Prozess­kos­tenhilfe kann nach den Regelungen in der Zivilpro­zess­ordnung (ZPO) berechnet werden. Er hängt von Einkommen, Vermögen und von den voraus­sicht­lichen Kosten des Rechts­streits ab.

Fall gewonnen: Wer muss bezahlen?

Bei einem zivilrecht­lichen Verfahren, das vor Gericht verhandelt wird, muss der Verlierer grundsätzlich die Kosten tragen. Wenn Sie Ihren Fall also gewonnen haben, muss der Gegner auch Ihre Anwalts­kosten übernehmen. Sie haben dann einen sogenannten Kosten­er­stat­tungs­an­spruch. Das heißt, sie haben Anspruch darauf, dass ihr Gegner Ihnen alle gesetz­lichen Anwalts­kosten erstattet, die Sie an ihren Anwalt bezahlt haben. Diesen Anspruch können Sie sogar im Wege der Zwangs­voll­streckung durchsetzen.

Wichtig: Der Gegner wird nur zur Erstattung der gesetz­lichen Kosten verdonnert. Wenn Sie mit Ihrem Rechts­anwalt einen Honorar­vertrag, eine sogenannte Vergütungs­ver­ein­barung, geschlossen haben, muss der Gegner nicht die volle Rechnung begleichen, sondern nur die gesetzliche Vergütung.

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Datum
Aktualisiert am
03.02.2022
Autor
red/dpa
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Themen
Anwalt Geld Gericht Hartz IV Sozialhilfe

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