Faktencheck

Ist Deutschland eine GmbH?

BRD GmbH Bundesrepublik Deutschland GmbH
Deutschland: eine GmbH? © canva

Ist Deutschland in Wahrheit nur eine Firma und sind die Bundes­bürger bloß Angestellte? In den sozialen Medien wird vor allem unter den sogenannten Reichs­bürgern diese Theorie immer häufiger vertreten. anwalt­auskunft.de hat die Legende von der Deutschland GmbH einem Faktencheck unterzogen.

In erstaunlich vielen Leserzu­schriften oder in Kommentaren auf der Deutschen Anwalt­auskunft und in den sozialen Medien geht es um den rechtlichen Status der Bundes­re­publik Deutschland. In der Regel wird dabei die Meinung vertreten, Deutschland sei entweder gar kein Staat oder nur eingeschränkt bis überhaupt nicht souverän – wahlweise auch mit der Konsequenz, dass das Deutsche Reich nicht unterge­gangen sei sondern noch immer fortbestehe. Menschen, die diese Meinung vertreten, werden als Reichs­bürger bezeichnet.

Die Argumente für diese Behauptung sind dabei ganz unterschiedlich, besonders häufig lesen wir allerdings von der „Deutschland GmbH“. Die These hier: Deutschland sei nicht etwa ein Staats­gebilde, sondern schlicht eine Gesell­schaft mit beschränkter Haftung. Seine Einwohner seien keine Staats­bürger, sondern einfache Angestellte. Als Gründer der GmbH nennen interes­sierte Kreise beispielsweise die Vereinigten Staaten, die mit dieser Institution das deutsche Volk seiner Souveränität berauben und es ausbeuten wollten.

Wir sind den abenteu­er­lichen Theorien der Reichs­bürger auf den Grund gegangen.

Macht uns der Personal­ausweis zu Personal?

An vermeint­lichen Belegen für Existenz der geheim­nis­vollen GmbH mangelt es nicht. Vor allem zwei „Indizien“ werden angeführt:

Zum einen der deutsche Personal­ausweis, an dessen Namen ja schon zu erkennen sei, dass es sich bei Deutschlands Bürgern um „Personal“ handelt.

Zum anderen der Handels­re­gis­ter­eintrag einer „Deutschland GmbH“ beim Amtsgericht Frankfurt am Main, die im Jahr 1990 gegründet worden sei.

Die Sache mit dem Personal­ausweis lässt sich relativ schnell erklären: Hier handelt es sich einfach um eine Wortver­dreherei. Denn das „Personal“ leitet sich hier nicht aus dem mittel­la­tei­nischen „Personale“ ab, das laut Duden „Diener­schaft“ bedeutet, sondern aus dem spätla­tei­nischen „Personalia“, das mit „persönliche Dinge“ zu übersetzen ist.

Den Ausdruck „die Personalien aufnehmen“ kennt man ja auch im Deutschen. Der Personal­ausweis zeichnet seinen Träger also nicht als Angehörigen des Personals aus, sondern enthält dessen persönliche  Daten.

Bundes­re­publik Deutschland Finanz­agentur GmbH - Die geheim­nisvolle Firma in Frankfurt

Bei der in Frankfurt registrierten „Deutschland GmbH“ wird es kniffliger – denn die gibt es tatsächlich. Und in ihrem Eintrag im Handels­re­gister findet sich wirklich das Datum 29.08.1990. Stimmt es also, dass unsere Geschicke von einer dubiosen Firma mit einem eingetragenen Stammkapital von 50.000 D-Mark gelenkt werden?

Die eindeutlige Antwort lautet: Nein. Dazu genügt schon der Blick auf den vollständigen Namen des Unternehmens im Handels­re­gister: „Bundes­re­publik Deutschland Finanz­agentur GmbH“. Es handelt sich dabei um ein Unternehmen, das vollständig im Besitz des Bundes ist und sich kurz gesagt darum kümmert, dass Deutschland flüssig bleibt.

Bekann­termaßen hat die Bundes­re­publik nicht unerhebliche Schulden und muss permanent dafür sorgen, dass alte Kredite abgelöst, neue aufgenommen und überschüssiges Geld am Markt möglichst gewinn­bringend angelegt werden. Genau dafür ist die vermeintliche „Deutschland GmbH“ zuständig.

Anders als gelegentlich behauptet wird, entscheidet die Agentur aber keinesfalls selbst­ständig über die deutsche Staats­ver­schuldung und kontrolliert auch keine Finanzämter oder sonstige Behörden. Sie ist lediglich ein ausfüh­render Dienst­leister des Bundes­fi­nanz­mi­nis­teriums mit einer klar definierten und beschränkten Aufgaben. Mit der sonstigen Organi­sation des Staats­wesens und der Steuer­erhebung hat dieses Unternehmen  rein gar nichts zu tun.

Dass es sich bei der Agentur um eine GmbH handelt, hat rein praktische Gründe. Theoretisch könnte auch eine ganz normale Behörde die Aufgaben der Finanz­agentur übernehmen. Dass die privat­wirt­schaftliche Form gewählt wurde liegt einfach daran, dass dies am Finanzmarkt so üblich ist und diese Form schlicht günstiger ist als ein Amt mit riesigem Beamten­apparat.

Es gibt mehr als eine Deutschland GmbH

Die Finanz­agentur ist bei weitem nicht die einzige GmbH, die vollständig im Besitz des Bundes  ist. Auch die Deutsche Flugsi­cherung oder die Bundes­dru­ckerei sind reine Staats-GmbHs. Auch Städte und Gemeinden lassen ihre wirtschaft­lichen Tätigkeiten – auch solche der Daseins­vorsorge – von gemein­de­eigenen GmbHs durchführen.

Die Verdäch­ti­gungen gegenüber der Finanz­agentur haben wohl vor allem mit dem Begriff „Bundes­re­publik Deutschland“ als Namens­be­standteil zu tun. Der erklärt sich aber einfach dadurch, dass der Name genau wie „Deutsche Flugsi­cherung“ ganz platt den Geschäftszweck des Unternehmens ausdrückt: Es ist die Finanz­agentur, die als einzigen Kunden und Besitzer die Bundes­re­publik Deutschland hat.

Rein logisch sollt dadurch auch klar sein, dass die Gleichung „Bundes­re­publik Deutschland GmbH“ = „Deutschland insgesamt“ nicht funktioniert, denn sonst würde Deutschland sich gewissermaßen selbst besitzen.

29. August 1990 - Das falsche Gründungsdatum

Auch das so verdächtige Gründungsdatum der „Deutschland GmbH“ kurz vor der Wieder­ver­ei­nigung lässt sich aufklären. Im Internet, beispielsweise auch bei Wikipedia, wird häufig der 29. August 1990 als Gründungsdatum genannt.

Als Quelle dafür dient ein einziges Zitat aus dem Handels­re­gis­ter­eintrag in Frankfurt, der einen Gesell­schafts­vertrag mit diesem Datum anführt. Was fast niemand erwähnt: Der 29.8.90 ist gar nicht das Gründungsdatum der Bundes­re­publik Deutschland Finanz­agentur GmbH. Diese wurde gut zehn Jahre später im Jahr 2000 ins Leben gerufen und bündelte Funktionen, die vorher unterschiedliche andere Stellen übernommen hatten.

Die Gründung der GmbH und die Wieder­ver­ei­nigung stehen damit in keinem zeitlichen Zusammenhang. Der Gesell­schafts­vertrag aus dem Jahr 1990 ist deshalb im Handels­re­gister vermerkt, weil die Finanz­agentur nicht als neues Unternehmen entstand, sondern der Bund lediglich ein „altes“ Unternehmen umbenannte, das er sowieso schon besaß.

Dabei handelte es sich um die „CVU Systemhaus GmbH“, die vorher für die Abwicklung eines DDR-Unternehmens zuständig und danach gewissermaßen überflüssig gewesen war. Vereinfacht gesagt recyclte der Bund ein Unternehmen, um es dann für eine völlig neue Aufgabe zu nutzen. Vor dem Jahr 2000 gab es aber definitiv keine „Bundes­re­publik“ im Firmennamen.

Festzu­halten bleibt: Was immer man von Deutschland und seinen Finanzen halten mag, eine GmbH ist die Bundes­re­publik nach nüchterner juristischer Betrachtung ganz sicher nicht.