EU-Bürger sollen sich in ganz Europa auf den Grundsatz der Unschuldsvermutung verlassen können. Ein entsprechendes Gesetz schlug die EU-Kommission vor kurzem in Brüssel vor. Demnach soll ein Bürger als unschuldig gelten, bis das Gegenteil bewiesen ist. Die Kommission schlug auch vor, Beschuldigten frühzeitig bei Kosten zu helfen und verdächtigen Kindern besonderen Schutz zu garantieren. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen den Vorschlägen zustimmen.
Derzeit werde der Grundsatz der Unschuldsvermutung nicht überall in Europa beherzigt. „Dies ist nicht immer selbstverständlich“, erklärte EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die die Pläne vorstellte. Nach Auskunft ihrer Behörde hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof zwischen 2007 und 2012 elf EU-Staaten bezichtigt, gegen diesen Grundsatz verstoßen zu haben, darunter Österreich, Frankreich, Spanien und die Niederlande.
Keine Vorverurteilungen
Den Plänen zufolge dürften EU-Bürger in Mitteilungen von Behörden nicht als schuldig dargestellt werden, bevor sie nicht verurteilt worden sind. Wenn Angeklagte oder Verdächtige die Aussage verweigern, dürfte ihnen dadurch kein Nachteil entstehen. Beschuldigte hätten außerdem das Recht, bei Verhandlungen anwesend zu sein. Beschuldigte sollen nach dem Willen der Brüsseler Behörde zudem frühzeitig finanzielle Hilfen bekommen.
Minderjährige, die im Verdacht einer Straftat stehen, hätten laut Vorschlag Anspruch auf besonderen Schutz. „Kinder sind verletzlich. Sie verstehen nicht immer die Folgen ihrer Handlungen“, sagte Reding. Sie sollen zum Beispiel nicht mehr auf einen Rechtsbeistand verzichten können. Bislang ist der Kommission zufolge in Zypern, Irland, Luxemburg und Großbritannien ein Anwalt für Kinder nicht verpflichtend. Zudem sollen Kinder nicht öffentlich befragt werden. Im Gefängnis müssten sie getrennt von Erwachsenen untergebracht werden.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat bereits 2007 einheitliche Grundrechte im Strafverfahren in Europa eingefordert und eine entsprechende Initiative der Bundesregierung unterstützt.
- Datum
- Aktualisiert am
- 20.12.2016
- Autor
- dpa/red