
Sebastian Edathy hat gestanden, mit seinem dienstlichen Laptop Videos und Bilder nackter Jungen aus dem Internet geladen zu haben. Im Gegenzug stellte das Landgericht Verden heute das Verfahren gegen den früheren Bundestagsabgeordneten gegen eine Geldauflage von 5000 Euro ein, die Edathy an den Kinderschutzbund Niedersachsen bezahlen muss. Der SPD-Politiker gilt damit als nicht vorbestraft. Das Verfahren war umstritten, weil aus Justizkreisen mutmaßlich geheime Ermittlungsinformationen sowohl an Edathy selbst als auch an Medienvertreter weitergereicht worden sein sollen.
Die Staatsanwaltschaft hatte ein Schuldeingeständnis Edathys zur Bedingung für eine Einstellung des Verfahrens gemacht, der SPD-Politiker hatte lange gezögert. Der erste Verhandlungstag war in der vergangenen Woche frühzeitig abgebrochen worden, weil die Staatsanwaltschaft und Edathys Verteidiger sich nicht auf die Bedingungen für die Einstellung einigen konnten.
Wann verkürzt die Justiz Verfahren?
Die Gesetzesgrundlage dazu schafft unter anderem 153a der Strafprozessordnung (StPO). Demnach kann ein Verfahren gegen Auflagen und Weisungen eingestellt werden, wenn sich diese dazu eignen, „das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht“.
Im Blick hatte der Gesetzgeber – als er die Strafprozessordnung 1974 um diese Option ergänzte – wohl vor allem kleinere Delikte wie etwa Ladendiebstahl. Die Betroffenen sollten davon verschont bleiben, als Kriminelle abgestempelt und die Strafjustiz gleichzeitig entlastet werden. Der Paragraph umfasst aber auch andere Straftaten, wenn der Schaden nicht erheblich ist und es sich um ein einmaliges Fehlverhalten handelt. Grundsätzlich können alle Ermittlungsverfahren eingestellt werden. Ausgenommen davon sind allerdings vorsätzliche Straftaten gegen eine andere Person, die fahrlässige Tötung und Trunkenheit am Steuer.
Einstellung wurde auch im Fall Wulff angeboten
Gelegentlich nutzt die Staatsanwaltschaft die Einstellung, um ein Verfahren „gesichtswahrend“ zu beenden, bei dem die Verurteilung des Angeklagten unwahrscheinlich erscheint. Denn auch wenn der Angeklagte bei einer Einstellung nicht verurteilt wird, gesteht er mit der Geldbuße implizit seine Schuld an – im Fall Edathy sogar explizit.
Auch im umstrittenen Verfahren gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff hatte die Staatsanwaltschaft noch vor Beginn der Hauptverhandlung eine Verfahrenseinstellung angeboten – gegen eine Geldzahlung von 20 000 Euro. Wulff hatte das abgelehnt und erzielte im anschließenden Verfahren einen Freispruch.
Sebastian Edathy hat einen anderen Weg gewählt, wohl um einem langen und unangenehmen Verfahren im Fokus der Öffentlichkeit zu entgehen. Die Ermittlungsbehörden werden sich allerdings weiterhin mit dem Fall beschäftigen: Inzwischen laufen Ermittlungen gegen den für den Fall zuständigen Generalstaatsanwalt wegen der Weitergabe von Geheiminformationen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 02.03.2015
- Autor
- red