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Völkerrecht

Diplomaten dürfen das

Das Völkerrecht gewährt Diplomaten, gegen nationale Bestimmungen zu verstoßen. © Quelle: corbisimages.com

Sie rasen in Schlan­gen­linien durch Innenstädte, schmeißen Knöllchen weg anstatt sie zu zahlen oder parken in Schaufenstern: Manche Diplomaten meinen nichts verlieren zu können. Zumeist kommen sie tatsächlich ohne Strafe davon – ihrer Immunität sei Dank. Ein Kuriositäten-Kabinett an Rechts­ver­stößen.

Sonder­rabatte in Luxuskauf­häusern sind nur der Anfang – Diplomaten und Botschafts­an­ge­hörige haben zahlreiche Privilegien, auch vor dem Gesetz: Über 20.000 Verkehrs­verstöße listet der CDU-Abgeordnete Peter Trapp für die Hauptstadt auf. Daraus entstünde den Behörden ein Schaden in Höhe von 300.000 Euro: Bußgelder, die niemand erheben darf. Für Diplomaten gelten Sonder­rechte. Das regelt das Wiener Überein­kommen über diploma­tische Beziehungen aus dem Jahr 1961.

Demnach dürfen Diplomaten weder verfolgt noch verhaftet werden. Auch gegen andere Formen hoheitlicher Maßnahmen sind sie geschützt, darunter Steuerabgaben. Als Vorteil gegenüber anderen versteht sich die Immunität originär aber nicht. Das Wiener Abkommen zielt darauf ab, Diplomaten im Ausland vor Willkür staatlicher Stellen zu schützen.

Dafür nimmt das Völkerrecht Irrwege mancher Entsandter in Kauf. Eine Auswahl:

Mit allen Wassern gewaschen

Ein Vertreter Nordkoreas soll in deutschen Gewässern gewildert haben. Wer seine Angel in die Berliner Havel auswirft, braucht eigentlich eine Erlaubnis. Die hatte der Diplomat nicht, ließ sich aber auch nicht von der Wasser­polizei beirren und angelte trotz mündlicher Rüge fort. Im Einsatz­bericht sollen die Beamten notiert haben: „Dieses nahm der Botschafter wohlwollend und lächelnd zur Kenntnis und setzte die Straftat fort.“ Die Polizisten rückten schließlich ab, ohne eine Strafe zu kassieren. Normal­sterbliche hätte das einmalige „Schwarz­fischen“ 200 Euro abverlangt.

Rasen, bis die Polizei kommt

Mit Tempo 220 gerät ein Fahrer im Herbst 2012 der Autobahn­polizei ins Visier. Er überholt rechts und drückt auch auf dem Standstreifen aufs Gaspedal. Das Szenario stammt weder aus einer Verfol­gungsjagd im Fernsehkrimi noch aus einem Videospiel. Hier sitzt ein Diplomat hinter dem Steuer. Die Polizei­beamten halten ihn an, können ihm aber nichts. Er darf weiter­fahren. Kein Bußgeld, keine Strafe. Ein Verfahren gegen ihn wird zwar eingeleitet, aber an die Behörden seines Heimat­landes weiter­ge­leitet. Dort wird das Verfahren eingestellt.

Verkehrs­verstöße ohne Strafe funktio­nieren auch in Innenstädten

Rasende Diplomaten kennt nicht nur die Autobahn­polizei. Auch in Innenstädten treiben Diplomaten ihr Unwesen – ungesühnt. Ende 2011 endete eine solche Irrfahrt per Schräglage in der Toreinfahrt eines Berliner Wohnhauses. Auf dem Weg dorthin hatte Südkoreas Botschafter seinen Geländewagen rückwärts gegen zwei parkende Autos gesetzt und eine Hecke durchbohrt. Auch zwei weitere Autos und ein Roller stoppten den Diplomaten nicht. Ergebnis: viel Blechschaden, keine Strafanzeige. Der rote Diploma­tenpass gewährt Polizisten in so einem Fall nicht mehr als die Personalien aufzunehmen. Nur bei konkreten Gefahren dürfen die Beamten einschreiten.

Grenzen der Rechts­freiheit

Auch Diplomaten sind Grenzen gesetzt – die Menschenwürde ist unantastbar, für sie – wie für alle anderen. In die Schlag­zeilen geriet der Fall eines Botschafters aus Saudi-Arabien. Eine Hausan­ge­stellte hatte ihn verklagt. Nach eigenen Angaben wurde die Frau von der Familie des Diplomaten systematisch misshandelt, erniedrigt und auch eingesperrt. Zwischen April 2009 und Oktober 2010 habe sie bis zu 20 Stunden täglich ohne Lohn arbeiten müssen. Der Fall landete vorm Bundes­ar­beits­gericht. Die Vorinstanzen hatten die Entschä­di­gungsklage der Frau wegen der Immunität des Diplomaten abgelehnt. Erst nachdem dieser ausgereist war und seine Immunität verloren hatte, wurde ein neuer Prozess in der Hauptstadt möglich.

Der ehemalige Botschafter hatte die Vorwürfe stets bestritten. Er habe dem Vergleich, den die Parteien ausgehandelt hatten, aber zugestimmt, „um ein langes Verfahren mit großem Aufwand zu vermeiden“, so sein Anwalt. Aufbringen könne er die Summe aber nicht, ließ der Diplomat ausrichten. Sein Anwalt war gegenüber den Medien damals davon ausgegangen, dass das Königreich Saudi-Arabien die Zahlung übernimmt, „damit das Ansehen des Landes in Deutschland nicht geschädigt“ werde.

Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
red/dpa
Bewertungen
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Themen
Bußgeld Polizei Strafzettel

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