Gerade Gourmets lesen begeistert Kritiken über Restaurants und deren kulinarisches Angebot. Häufig orientieren sie sich an diesen Kritiken und richten sich nach den Empfehlungen der Gastrokritiker, um ein gutes Restaurant zu finden. Publiziert sind diese Texte in Gourmetzeitschriften und Restaurantführern oder in Internetportalen, für die zunehmend auch Laien schreiben.
Doch egal ob Laien oder professionelle Restaurant-Tester rezensieren - für Restaurantbesitzer können diese Kritiken ein Alptraum sein. Das ist natürlich dann der Fall, wenn sie dem Lokal schlechte Noten bescheinigen und damit seinem Ruf schaden sowie den Umsatz schmälern. Bei Kritiken im Netz kommt erschwerend hinzu, dass sie teils noch jahrelang zu lesen sind - selbst dann, wenn sich die Küche oder der Service längst verbessert haben.
Weil negative Restaurant-Bewertungen großen Einfluss auf den Umsatz haben können, wehren sich Gastronomen immer häufiger dagegen vor Gericht. Doch der Erfolg ihrer Klagen ist nicht garantiert. Denn die Grenzen für das, was Gastrokritiker schreiben dürfen, sind weit gesteckt. Grundsätzlich fallen Kritiken und gastronomische Testergebnisse in den Schutzbereich der Meinungs- und Pressefreiheit. Dahinter müssen manchmal auch Persönlichkeitsrechte zurückstehen. Das hat etwa das Bundesverfassungsgericht in verschiedenen Urteilen deutlich gemacht.
Bewertung im Internet: Wo beginnt Schmähkritik?
„Ein guter Gastronom muss sich der Kritik stellen“, sagt der Verfassungsrechtler Dr. Jörg-Michael Günther. Im Idealfall gibt Gastronomiekritik Impulse, damit sich Lokale in ihrer Qualität verbessern. Zugleich kritisiert Günther in einem Aufsatz zum Thema aber, dass besonders in Online-Foren die Bewertenden im Schutz der Anonymität zu sehr sarkastischen, diffamierenden Äußerungen über Restaurants und den dargebotenen Kochkünsten neigten. Außerdem könne es gerade in der gehobenen Gastronomie nach neueren Gerichtsentscheidungen problematisch sein, eine vernichtende Restaurantkritik nur auf einen einzigen Restaurantbesuch zu stützen, so Günther.
„Bei Restaurant-Bewertungen handelt es sich um subjektive Geschmacksurteile“, erklärt der Berliner Rechtsanwalt Dr. Ansgar Koreng, Mitglied im Forum Junge Anwaltschaft vom Deutschen Anwaltverein (DAV). „Restaurant-Tester sind ähnlich wie Kunstkritiker einzuordnen.“ Allerdings überschreitet ein Geschmacksurteil dann die rechtlich zulässigen Grenzen, wenn es keinen sachlichen Bezug hat oder wenn es allein darauf abzielt, einen Koch oder ein Restaurant herabzusetzen. Dann kann aus einer Meinungsäußerung Schmähkritik werden, die keineswegs von der Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt ist, auch nicht im Internet.
Unterlassungsansprüche bei Schmähkritik?
Solche Urteile müssen Gastronomen nicht hinnehmen und können sich dagegen wehren. Denn diese Schmähkritik verletzt das Unternehmenspersönlichkeitsrecht. „Betroffene Gastronomen können zum Beispiel auf Unterlassung klagen und die Verbreitung solcher Äußerungen gerichtlich verbieten lassen“, sagt der Medienrechtsexperte Koreng. Auch Schadensersatz könnten Gastronomen unter Umständen verlangen. Allerdings seien solche Zahlungen in der Praxis selten, denn die Wirte müssten nachweisen, dass Umsatzeinbrüche Folge der negativen Kritik sind. In der Praxis dürfte solch ein Nachweis schwierig sein.
Online-Bewertung: Wie polemisch darf Kritik sein?
Zielen gewerbekritische Äußerungen aber nicht auf Diffamierung ab, sondern haben einen realen, sachlich begründeten Kern, dürfen sie durchaus hart und sprachlich deutlich sein. Das hat der Bundesgerichtshof 2002 klargestellt. Im Urteilstext heißt es: „Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll.“ (Urteil vom 29.01.2002, AZ: VI ZR 20/01)
Diese Ansicht hat der Bundesgerichtshof bereits in einem früheren Urteil vertreten. Kommt ein Kritiker also begründet und etwa durch eine bestimmte Methode gestützt auf sein negatives Urteil, können Restaurant-Besitzer dagegen kaum klagen und haben vor Gericht schlechte Karten.
- Datum
- Aktualisiert am
- 02.09.2016
- Autor
- ime