Lieber Marc B.,
die meisten Menschen haben wohl schon einmal eine Reservierung verfallen lassen – sei es im Kino, im Hotel oder eben im Restaurant. In der Regel hat das keine negativen Konsequenzen. Trotzdem ist die Reservierung eines Tisches im Restaurant nicht so unverbindlich, wie sie auf den ersten Blick erscheint.
Denn rechtlich kann man eine Reservierung als eine vorvertragliche Verhandlung betrachten: Gast und Gastronom sprechen darüber, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Bewirtungsvertrag abschließen wollen.
Gericht: Gastronom hat Anspruch auf Schadensersatz
So sah es vor einigen Jahren zumindest das Landgericht Kiel, das über die Klage eines Restaurantbesitzers zu entscheiden hatte (AZ: 8 S 160/97). Der Wirt forderte Schadensersatz von einem Gast, der per Fax gleich für vier Tage hintereinander einen Tisch für fünf Personen gebucht hatte und dann nicht erschienen war – ohne abzusagen. Der Restaurantbesitzer forderte als Ausgleich den Betrag, den eine vergleichbare Zahl von Gästen angeblich durchschnittlich in seinem Restaurant ausgeben würde.
Das Gericht entschied, dass die Klage grundsätzlich berechtigt sei und sprach dem Restaurantbetreiber Anspruch auf Schadensersatz zu – allerdings nur in Höhe des sogenannten Vertrauensschadens. Das heißt: Der Wirt hätte sich in diesem Fall alle Kosten ersetzen lassen können, die nur dadurch entstanden waren, dass er auf das Erscheinen der Gäste vertraut hatte – zum Beispiel Kosten für einen speziellen Tischschmuck, ein speziell eingekauftes Menü. Solch Vorbereitungen hatte das Restaurant in diesem Fall aber nicht getroffen und ging am Ende auch deshalb leer aus.
Entgangener Gewinn lässt sich schwer nachweisen
Den vom Restaurantbesitzer geforderten Schadensersatz für den entgangenen Gewinn lehnte das Gericht vollständig ab. Denn hier lässt sich – wie so oft bei Schadensersatzforderungen – der tatsächliche Schaden nur schwer beweisen: Selbst wenn Gäste erscheinen, ist ja völlig unklar, wie viel sie tatsächlich verzehren und am Ende bezahlen würden. Zudem ist schwer nachweisbar, dass tatsächlich alle Tische des Restaurants dauerhaft belegt wären – selbst wenn das Lokal ausreserviert ist.
Fazit
Wer eine Reservierung im Restaurant nicht wahrnimmt, kann rein theoretisch mit Schadensersatzforderungen belangt werden. In der Praxis passiert das selbst bei größeren Gruppen allerdings nur sehr selten. Wer sein Lieblingsrestaurant schätzt, sagt eine Reservierung selbstverständlich trotzdem rechtzeitig ab, damit der Wirt die Plätze anderweitig besetzen kann.
Anders sieht die Sache natürlich dann aus, wenn man im Voraus die Leistungen des Restaurants fest bestellt hat, zum Beispiel das Essen für 100 Gäste einer Hochzeitsfeier. Erscheinen hier nur 80 Personen, muss man trotzdem alles bezahlen – abzüglich der Summe, die das Restaurant durch die kleinere Gästezahl spart.
Mit besten Grüßen
Ihr Swen Walentowski
- Datum
- Aktualisiert am
- 02.09.2016
- Autor
- Swen Walentowski