Als Matthias am Samstagnachmittag aufwacht, traut er sich nicht aufzustehen. Sein Kopf summt und vor der Bewegung ins Aufrechte hat er Angst. Blick auf den Boden: Klamotten liegen wild zerstreut neben einer leeren Flasche Bier und einer zerfetzten Zigarettenpackung. Es stinkt nach kaltem Rauch. Blick aufs Handy: 14 Anrufe in Abwesenheit, acht Whatsapp- und drei SMS-Nachrichten. Er beginnt nachzulesen, kann sich an die vergangene Nacht aber nur schemenhaft erinnern.
Im Laufe des Abends rekapituliert Matthias seine Partynacht vom Freitag – mit Hilfe wiedereinsetzender Erinnerung und seiner Freunde. Wie viele Rechtsvergehen er und seine Begleiter dabei begangen haben oder knapp entkommen sind, ahnen sie nicht. Es waren einige.
Das Eintrinken zu Hause: Schnaps erst ab 18!
Um neun Uhr klingelt es in Berlin-Kreuzberg. Matthias’ vier beste Kumpel sind verabredet, um die Abgabe der Bachelorarbeit von Tim, einer der Jungs, zu feiern. Und wie es so ist, ist das Wohnzimmer der WG schnell voll und stickig. Mitbewohner von Matthias, weitere Frauen wie Männer aus dem Freundeskreis kommen dazu. Mit dabei auch Anne, 17 Jahre, die kleine Schwester von Tim. Sie trinken Bier und später auch hochprozentigen Alkohol. Auch Anne.
Und letzteres ist nicht erlaubt, erklärt Rechtsanwalt Dr. Rüdiger Deckers, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Strafrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Minderjährigen ab 16 Jahren ist es grundsätzlich erlaubt, Wein, Bier oder Sekt zu trinken.“ Das sei strafrechtlich nicht zu beanstanden. Anders sehe es bei Brandwein oder brandweinhaltigen Getränken aus. Hier komme ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Verkäufer des Alkohols in Betracht. Allerdings, auch das stellt Deckers klar, „ist der Konsum von Alkohol in geringen Mengen strafrechtlich selten von Bedeutung“. Beim sogenannten „Abfüllen“ mit hochprozentigem Alkohol sei es etwas anderes, so der Düsseldorfer Rechtsanwalt. Hätten Matthias und seine Freunde derartiges mit Anne gemacht und eine Volltrunkenheit herbeigeführt, „kann das eine Gesundheitsbeschädigung im Sinne einer Körperverletzung gemäß § 223 StGB darstellen“, sagt Rüdiger Deckers. Allerdings hänge dies mit den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. An diesem Freitagabend in Kreuzberg war das nicht der Fall. Den Gin Tonic hätte Anne dennoch besser unberührt stehen gelassen.
Ab 22 Uhr: Ruhezeiten befolgen!
So vergehen die Stunden, die Musik wird zunehmend lauter, der Pegel steigt, es ist inzwischen halb zwölf. Dann klingelt es. Es habe Beschwerden der Nachbarn gegeben, sagt der Polizist und bittet darum, die Lautstärke zu dämpfen. Aber müssen Matthias Gäste das befolgen? Ruhezeiten sind in Deutschland nicht einheitlich geregelt. In den einzelnen Ländern und Gemeinden können unterschiedliche Zeiten gelten. In Berlin reicht die Nachtruhe beispielsweise von 22 bis 6 Uhr. In dieser Zeit müssen Musik und Gespräche auf Zimmerlautstärke beschränkt werden. Zwar können die Partygäste weiter quatschen, intensiven Lärm müssen die Nachbarn aber nicht akzeptieren. Nicht nur, dass die Polizei bei mehrmaligem Anrücken je nach Verhältnismäßigkeit das Beisammensein auflösen kann, auch der Vermieter hat die Möglichkeit bei häufigen Beschwerden der Nachbarn tätig zu werden: Sollte die Beeinträchtigung zur Gesundheitsgefährdung der anderen Bewohner des Hauses führen, kann sogar fristlos gekündigt werden.
Unfälle in der Wohnung: Wer zerstört, haftet!
Die gut angeheiterte Partytruppe hat keine Lust auf weitere unangemeldete Besuche, ohnehin herrscht Ebbe im Kühlschrank und den Gläsern. Fabian, einer der Gäste, rutscht beim Anziehen seiner Schuhe aus, rumst in den Wohnzimmertisch – großes Gelächter, Totalschaden. Aber muss Fabian den Tisch ersetzen? Diese Frage sollte sich zwar erst in der Folgewoche stellen, doch kennt Rechtsanwalt Andreas Schwartmann die Antwort. Er ist spezialisiert auf Mietrecht, Mitglied im DAV und sagt: „Fabian haftet, wenn ihm Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz nachgewiesen werden kann. Ganz egal, ob der Schaden in einer WG oder im elterlichen Haus des Gastgebers geschieht.“ Nach einigen Diskussionen sollte Fabian einsehen, dass er fahrlässig gehandelt hatte. Er ersetzte den Tisch.
Bis dahin erlebte die Meute eine sehr ausgelassene und (rechts-)interessante Partynacht... Mehr dazu in der kommenden Woche.
Fazit:
Aufsichtspflicht: Brandwein und höherprozentigen Alkohol dürfen unter 18-Jährige nicht trinken und er darf ihnen auch nicht ausgeschenkt werden – schon gar nicht in Form des „Abfüllens“. Wenn die Gäste zwischen 16 und 18 sind: Bier oder Wein tun es auch.
Ruhestörung: Im Zweifelsfall ziehen laute Mieter den Kürzeren, zumindest nach 22 Uhr. Daher: Einfach frühzeitig in den Club aufmachen.
Sachbeschädigung: Wer Mobiliar beschädigt, muss auch dafür aufkommen. Zumindest wenn Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz nachgewiesen werden kann.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- ndm