Zwei Männer sind für ein Bild verantwortlich, das ganzjährig vor unserem inneren, und alle Jahre wieder mit dem Beginn der kalten Tage auch wahrhaftig vor unserem Auge erscheint. So zumindest erzählt es die Coca-Cola Company gerne.
Der eine heißt Haddon Sundblom, genannt – wunderbar antagonistisch – „Sunny“. Er hat das personalisierte Weihnachtsfest, den menschgewordenen Christbaum geschaffen.
Sunny war amerikanischer Cartoonist, 1931 kreierte er für Coca-Cola einen Weihnachtsmann mit vorgegebenen Attributen: „Ein gemütlicher, älterer Herr“ sollte es sein, „mit vergnügtem Lächeln, gütigen Augen, einem wallenden Bart“ – und natürlich in die Unternehmensfarben gehüllt: Rot und Weiß. So ist er noch heute zu sehen, in abertausenden Kinderbüchern, in Filmen und Serien, in Cartoons und Zeitschriften.
Ein Lieferant von Coca-Cola als Vorlage des Weihnachtsmanns?
Coca-Cola romantisiert sie nur zu gern, diese, ihre, Geschichte vom Entstehungsmythos des Weihnachtsmanns. Dazu passend ist Sundbloms Vorlage: Ein gewisser Lou Prentiss soll das gewesen sein – der zweite zentrale Akteur. Dessen Job: Cola-Lieferant. Und fertig war die wunderbare und imageträchtige Geschichte.
Bedeutet das aber – im Umkehrschluss –, dass die Coca-Cola Company die Rechte am Weihnachtsmann besitzt?
Urheberrechtsanspruch für Coca-Cola – eventuell
„Nach deutschem Urheberrecht: Ja“, sagt Rechtsanwalt Oliver Brexl von der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum & Medien im Deutschen Anwaltverein (DAV). Zumindest dann, wenn Coca-Cola tatsächlich der Urheber respektive Rechteinhaber wäre.
Die entscheidende Frage sei: Handelt es sich um eine freie Bearbeitung? Wäre dem so, dann müsse der Urheber des Weihnachtsmanns nicht angegeben werden, „denn dann ist es eine persönliche geistige Schöpfung“, erklärt Rechtsanwalt Brexl. Allerdings müsse das Werk auch als diese klar zu erkennen sein. Andernfalls sei es eine unfreie Bearbeitung – und dann dürfe nur mit der Zustimmung des Urhebers veröffentlicht werden.
Dass die Herkunft des Weihnachtsmanns auf Coca-Cola zurück geht, ist unwahrscheinlich
Zudem gibt es Unterschiede zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Urheberrecht. In Deutschland ist der Urheber immer die natürliche Person, in unserem Fall wäre es also „Sunny“. In den USA gilt dagegen der Satz „Work made for hire“, wonach die Rechte vom Urheber gegebenenfalls komplett auf den Arbeitgeber übergehen: auf Coca-Cola in unserem Fall.
Auch in Deutschland ist das von der rechtlichen Systematik her weitgehend möglich, „dennoch kann das Urheberpersönlichkeitsrecht nie ganz vom Künstler losgelöst werden“, sagt Oliver Brexl. „Das ist zum Beispiel dann wichtig, wenn ein Werk erfolgreicher ist, als ursprünglich gedacht. Dann können finanzielle Nachforderungen beim Auftraggeber gestellt werden.“
Doch in welchem Kinderbuch steht schon unter dem Bild des Weihnachtsmanns „Quelle: Coca-Cola Company“ oder gar: Haddon Sundblom? Tatsächlich gab es bereits vor dem koffeinhaltigen Weihnachtsmann vergleichbare Zeichnungen und Veröffentlichungen – mit optischen Ähnlichkeiten; und sogar ein Werbevorbild aus der Getränkeindustrie. Aber nacheinander.
Der Weihnachtsmann könnte deutscher Herkunft sein
Der Weihnachtsmann könnte eine deutsche Erfindung sein, zumindest hat der Karikaturist Thomas Nast deutsche Wurzeln, wanderte aus der Pfalz samt Familie im Alter von fünf Jahren in die große, unbekannte Neue Welt aus.
Nast schuf die erste bildliche Darstellung des „Uncle Sam“, Nationalfigur der Vereinigten Staaten, verfeinerte aber auch Jahr für Jahr „seinen“ Weihnachtsmann, erlangte jedoch erst postum größere Berühmtheit, als das Getränkeunternehmen White Rock Beverages im Jahr 1923 für sein Ginger Ale warb und als Vorlage Nasts Entwürfe gewählt haben soll; einen Weihnachtsmann, weißer Rauschebart und roter Mantel.
Die Mythen rund um den modernen Weihnachtsmann gehen quer durch die Kontinente und Jahrzehnte – und quer durch Blogs und Artikel im Internet. Genau zu bestimmen ist der Urheber wohl nicht mehr.
Coca-Cola popularisierte den uns bekannten Weihnachtsmann
Das Unternehmen White Rock gibt es auch heute noch, allerdings beschränkt auf den amerikanischen Markt. Dass man auf ihrer Internetseite die Funktion „Where to buy“ anklicken kann, sagt einiges über den Erfolg der Firma aus. Cola aber, haben sie auch im Sortiment.
Demgegenüber der Getränkegigant Cola-Coca Company: Ein Jahresumsatz von über 35 Milliarden US-Dollar, ein Markt von über 200 Ländern und 230 unterschiedliche Getränkemarken. Vielleicht lassen sich die Fragen um den Weihnachtsmann so beantworten: Coca-Cola hat ihn wohl nicht erfunden, ob sie ihn kopierten sei aber dahingestellt.
Sicher ist, dass sie ihn weltweit populär gemacht haben und, dass es dem Image der Marke sicher nicht abträglich war. Und so fährt auch in diesem Jahr wieder der Weihnachtsmann im Cola-Truck durch die Lande, anstatt sich von Rentieren ziehen zu lassen, wie in vielen Weihnachtsgeschichten. Aber ein roter Schlitten mit Schreibschrift-Aufdruck und geladenen Getränken? Das passt dann doch nicht.
Haben auch Sie Probleme mit dem Urheberrecht? Hier finden Sie unsere Expertonnen und Experten.
- Datum
- Aktualisiert am
- 11.12.2014
- Autor
- ndm