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Festival

Abbruch von Rock am Ring: Besucher dürfen ihr Geld zurück­ver­langen

Regen gehört zu Festivals fast dazu. Gewitter können allerdings sehr gefährlich werden. © Quelle: RocCanalsPhotography/gettyimages.de

Am vergangenen Wochenende wurde eines der größten Musikfes­tivals Deutschlands nach starken Unwettern abgebrochen. Können die geprellten Besucher jetzt ihr Geld zurück­ver­langen? Der Veranstalter verneint das bisher, doch unsere Rechts­experten widersprechen: Der Ticketpreis darf teilweise zurück­verlangt werden.

Dass der deutsche Festival­sommer für die eine oder andere Gewitter­einlage sorgen kann, ist bekannt. Doch was am vergangenen Wochenende bei „Rock am Ring“, ausgetragen in der Gemeinde Mendig in Rheinland Pfalz, von Himmel kam, ging weit über den üblichen Sommerregen hinaus. Bereits am Freitagabend wurden 71 Menschen durch Blitzein­schläge verletzt. Am Samstag wurde das Festival wegen weiterer Unwetter­war­nungen erst einmal unterbrochen. Nachdem aber keine Besserung der Wetterlage in Sicht war, brachen die Verant­wort­lichen schließlich am späten Samstagabend die Großver­an­staltung endgültig ab.

Die Reißleine zog letztlich nicht der Veranstalter von „Rock am Ring“, sondern die Behörde der Gemeinde Mendig. Veranstalter Marek Lieberberg kritisiert diese Entscheidung öffentlich. Auf die Frage, ob Festival­be­sucher nun ihr Geld zurück­ver­langen können, wird er folgen­dermaßen zitiert: „Im Moment sehe ich das nicht.“ Eine Einschätzung, die unsere Rechts­experten nicht teilen. 

„Rock am Ring“-AGB: Anspruch auf Rückzahlung besteht

Rechts­anwalt Dr. Jörn Zons von der Arbeits­ge­mein­schaft Interna­tionales Wirtschaftsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) widerspricht klar: „Entgegen der Auffassung des Veranstalters dürften die „Rock am Ring“-Besucher wegen des vorzeitigen Abbruchs der Veranstaltung Anspruch auf anteilige Rückzahlung der Ticket­preise haben.“ Dieser Anspruch ergebe sich aus §§ 326(1)(4) und 346(1) BGB.

Die allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen des Veranstalters würden dies unterstützen. Dort ist unter Ziffer 3 ausdrücklich zu lesen: „Wird die Durchführung der Veranstaltung insgesamt aus Gründen unmöglich, die der Veranstalter nicht zu vertreten hat, so werden dem Besucher gegen Vorlage der erworbenen Eintrittskarte und der Kaufquittung bei der jeweiligen Vorver­kaufs­stelle der Kartenpreis sowie die Vorver­kaufs­gebühr zurück­er­stattet.“

Zwar bestimmen die AGBs an späterer Stelle (Ziffer 15), dass der Veranstalter einzelne Park- und Camping­platz­be­reiche oder sonstige Bereiche des Festival­ge­ländes vorüber­gehend oder vollständig räumen und absperren dürfe. Und zwar, hierauf wird ausdrücklich hingewiesen, ohne dass sich daraus ein Anspruch auf teilweise Rückerstattung des Karten­preises ergäbe. 

Für Vertrags­rechts-Experten Dr. Zons steht das dem Rückzah­lungs­an­spruch der Festival­be­sucher aber nicht entgegen: „Abgesehen davon, dass es hier nicht um die Räumung „einzelner Bereiche“ des Geländes geht, sondern um den Komplett­abbruch der Veranstaltung, dürfte Ziff.15 der RoR-AGB ohnehin aus einer Reihe von Gründen gemäß §§ 305 ff. BGB unanwendbar sein.“

Ticket­kaufpreis wird teils erstattet

Unmittelbar nach dem vorzeitigen Ende des Festivals „Rock am Ring“ war unklar, ob und in welcher Höhe die Besucher entschädigt werden. Über die Webseite von „Rock am Ring“ hat der Festival­ver­an­stalter Marek Lieberberg nun aber verkündet, dass jedem Besucher des Festivals eine Teilerstattung in Höhe von 40 Prozent des Ticket­verkaufs-Preises zusteht. Besucher sollten ihr Original­ticket bis zum 31. Juli 2016 postalisch an den Kunden­dienst von Eventim senden. Auf der Grundlage des Kaufpreises wird dann die jeweile Entschä­digung von 40 Prozent berechnet. Weitere Informa­tionen finden sich auf der Webseite von „Rock am Ring“.

Teilzah­lungs­an­spruch beschränkt sich nicht auf abgesagten Zeitanteil

Wirtschafts­rechtler Zons weist außerdem darauf hin, dass sich der Teilzah­lungs­an­spruch der Besucher nicht unbedingt auf den Anteil des Ticket­preises beschränke, der dem Zeitanteil des abgesagten Teils des Festivals entspricht.

Anders ausgedrückt: Dass zeitlich nur ein Drittel des Festivals ausfiel, bedeutet nicht, dass man nur ein Drittel des Preises zurück­ver­langen kann. Vielmehr sei dabei auch zu berück­sichtigen, dass durch den Abbruch auch einige der Hauptat­trak­tionen ausgefallen sein, etwa Headliner wie Black Sabbath oder Fettes Brot. Für viele Besucher dürften gerade diese Auftritte ein Grund gewesen sein, das Festival überhaupt zu besuchen.

Festival-Besucher sollten sich schriftlich mit einer Kopie ihrer Festivalkarte an den Veranstalter wenden und ihre Forderung deutlich machen. Sollten diese Versuche nicht gehört werden, lohnt sich ein Besuch beim Anwalt. Ein wenig Geduld beim Warten auf eine Reaktion sollten „Rock am Ring“-Besucher allerdings besitzen. Etwa 90.000 Besucher besuchten das Festival in diesem Jahr, die Veranstalter müssen sich also auf einiges an Post einstellen.

Höhere Gewalt: Kein Anspruch auf Mehrkos­ten­ersatz

Eine Ticket­rück­erstattung ist also im Fall „Rock am Ring 2016“ sehr gut möglich. Auf weiteren Schadens­ersatz müssen eventuell durch das Unwetter geschädigte Besucher aber wohl verzichten. Da es sich bei einem Unwetter um eine Form höherer Gewalt handelt, hätten Betroffene keinen Anspruch auf den Ersatz von Mehrkosten. Dazu würden zum Beispiel stornierte Zugtickets, Miet-Campingwägen oder durch das Gewitter beschädigte Zeltaus­rüstung zählen. Bedenkt man allerdings, das alleine das Standard­ticket für „Rock am Ring“ mit rund 200 Euro zu Buche schlägt, dürften viele Besucher ein Interesse an der Rückerstattung des Ticket­preises besitzen. Die Anwalt­auskunft kann an dieser Stelle nur dazu aufrufen, diesen Anspruch durchzu­setzen. Allgemeine Tipps zu Rechts­fragen rund um Musikfes­tivals können Sie außerdem hier lesen.

Datum
Aktualisiert am
30.06.2016
Autor
psu
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