Migration

Wie kann man nach Deutschland einwandern?

Nach Deutschland einwandern – wie geht das?
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Seit 2015 sind zahlreiche Flüchtlinge und Asylsu­chende nach Deutschland gekommen. Ihren Status regeln das Asylrecht oder die Genfer Flücht­lings­kon­vention. Wer demgegenüber als Arbeits­migrant einreisen will, für den gelten die Regeln des nur wenigen Menschen überhaupt bekannten Zuwande­rungs­ge­setzes. Wir zeigt die wichtigsten Vorgaben dieses Gesetzes und was man beachten muss, wenn man als Arbeits­migrant nach Deutschland einwandern will.

Ist Deutschland ein Einwan­de­rungsland? Diese Frage war hierzulande lange umstritten. Erst seit Kurzem und erst angesichts der hierher kommenden Asylsu­chenden und Flüchtlinge beginnen viele Menschen, die Bundes­re­publik als Einwan­de­rungsland zu betrachten. Diese späte Einsicht erstaunt, denn immerhin leben hierzulande rund 16 Millionen Menschen mit einem Migrati­ons­hin­tergrund. Diese Menschen sind in den letzten Jahrzehnten entweder selbst eingewandert oder stammen von Migranten ab (siehe Info-Box).

In der aktuellen Diskussion um hierher kommende Flüchtlinge wird oft nicht klar unterschieden zwischen Asylsu­chenden, Flücht­lingen und Arbeits­mi­granten. Für jede dieser Gruppen gelten aber andere rechtliche Regeln, für Arbeits­mi­granten etwa das Zuwande­rungs­gesetz (siehe Info-Box).

Migration in der Nachkriegszeit

Seit dem Ende des 2. Weltkrieges lassen sich zwei große Einwan­de­rungs­schübe nach Deutschland ausmachen: Kurz nach Kriegsende wanderten viele Spätaus­siedler aus Osteuropa und Russland ein. Ab den 50er Jahren kamen Arbeits­mi­granten aus Südeuropa, aus Italien, Spanien oder Griechenland etwa. Über Anwerbe­ab­kommen der Heimat­länder mit der Bundes­re­publik kamen außerdem Arbeits­kräfte aus der Türkei nach Deutschland. Und mit den Migranten reisten oft auch deren Angehörige im Zuge des Famili­en­nachzugs ein. Die Arbeits­mi­gration aus Südeuropa endete mit der Ölkrise 1973. Danach gab es kaum noch legale Wege, um als Migrant nach Deutschland einzureisen und sich hier nieder­zu­lassen. Legale Möglich­keiten ergaben sich erst wieder im Jahr 2000, als die damalige rot-grüne Bundes­re­gierung die Green Card für Computer­fachleute ins Leben rief, und danach im Jahr 2005 mit dem Zuwande­rungs­gesetz (siehe nebenste­henden Text).

Einwandern nach Deutschland: Was regelt das Zuwande­rungs­gesetz?

Obwohl das Zuwande­rungs­gesetz bereits im Jahr 2005 in Kraft getreten ist, kennen es nur wenige Menschen. Dabei definiert das Zuwande­rungs­gesetz zentrale Regeln, über die Migranten nach Deutschland einwandern und hier arbeiten können. Zumindest können darüber hochqua­li­fi­zierte Migranten einwandern, deren Qualifi­ka­tionen auf dem deutschen Arbeitsmarkt gefragt sind.

Zentrale Teile des Zuwande­rungs­ge­setzes sind das Aufent­halts­gesetz und die Beschäf­ti­gungs­ver­ordnung.

Einwan­derung nach Deutschland: andere Regeln für EU-Bürger und Bürger aus Drittstaaten?

Die Möglich­keiten, als Arbeits­migrant einzuwandern und hier zu arbeiten, unterscheiden sich je nach der Herkunft der Migranten: Für EU-Bürger gelten andere gesetzliche Regeln als für Menschen aus Drittstaaten, also aus Ländern, die außerhalb der EU liegen.

Wie kann man als EU-Bürger nach Deutschland einwandern?

EU-Bürger und ihre Familien brauchen für die Einreise nach Deutschland weder ein Visum noch müssen sie einen Aufent­haltstitel oder eine Arbeits­er­laubnis beantragen.

Das gilt auch für Bürgerinnen und Bürger der Schweiz und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Zum EWR gehören Liechtenstein, Norwegen oder Island.

Das EU-Freizü­gig­keitsrecht erlaubt es jedem Angehörigen eines Mitglied­staates der EU, sich mit seiner Familie bis zu drei Monate in Deutschland aufzuhalten.

„Wenn Unions­bürger länger als drei Monate in Deutschland bleiben, müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen: Sie müssen beispielsweise arbeiten, als Selbst­ständige tätig sein oder zumindest einen Arbeitsplatz suchen“, sagt Rechts­anwalt Thomas Oberhäuser, Vorsit­zender der Arbeits­ge­mein­schaft Migrati­onsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Wenn EU-Bürger eine Arbeits­stelle suchen, aber noch keine gefunden haben, dürfen sie bis zu sechs Monate im Land bleiben.

EU-Bürger, die nicht erwerbstätig sind, dürfen sich auch längere Zeit in Deutschland aufhalten, müssen sich dann aber selbst kranken­ver­sichern und ihren Lebens­un­terhalt selbst bestreiten. Das gilt auch für Studenten und Rentner.

EU-Bürger: Welche Regeln gelten bei der Arbeitssuche?

EU-Bürgern steht der deutsche Arbeitsmarkt uneinge­schränkt offen. Allerdings müssen sie je nach dem Beruf, den sie ausüben, eine Qualifi­ka­ti­ons­prüfung durchlaufen. Das bedeutet: Deutsche Behörden überprüfen die beruflichen Qualifi­ka­tionen der EU-Bürgerin oder des EU-Bürgers, vergleichen diese mit deutschen Abschlüssen und erkennen sie im besten Falle als gleich­wertig an. Die Anerkennung als gleich­wertig mit deutschen Abschlüssen ist die Voraus­setzung dafür, dass EU-Bürger hierzulande im gelernten Beruf tätig sein dürfen.

EU-Bürger und Anerkennung beruflicher Abschlüsse: Muss man jeden beruflichen Abschluss anerkennen lassen?

Nein. EU-Bürger müssen dieses Verfahren zur Überprüfung und Anerkennung ihrer beruflichen Abschlüssen nur für bestimmte berufliche Abschlüsse durchlaufen. Von diesem Verfahren ausgenommen sind Berufe wie etwa Hebamme, Kranken­pfleger oder Architekt, denn solche Berufs­ab­schlüsse erkennt jeder Mitgliedsstaat der EU automatisch an.

Erhalten EU-Bürger Sozial­leis­tungen in Deutschland?

Wer nicht in Deutschland arbeitet, selbst­ständig tätig ist oder einen Leistungs­an­spruch auf Grundsi­cherung oder Hartz IV hat, weil er zuvor hier gearbeitet hat, der erhält in den ersten fünf Jahren seines Aufent­haltes keine Sozial­leis­tungen. Darunter fallen Hartz-IV-Leistungen oder Sozialhilfe. Die Betroffenen können aber für maximal einen Monat sogenannte Überbrü­ckungs­leis­tungen bis zu ihrer Ausreise bekommen. 

Einwandern aus Drittstaaten: Braucht man ein Visum?

Wer aus folgenden Ländern nach Deutschland einreisen will, braucht kein Visum: Australien, Israel, Japan, Kanada, Neuseeland, Republik Korea, USA.

Alle anderen Bürgerinnen und Bürger aus Ländern, die außerhalb der EU liegen, brauchen für die Einreise eine Erlaubnis, also ein Visum. Das Visum müssen Migranten in ihrem Herkunftsland in einer der deutschen Botschaften oder General­kon­sulate beantragen.

Mit dem Visum dürfen Migranten bis zu drei Monate in Deutschland bleiben.

Akademiker können ein Visum zur Arbeits­platzsuche beantragen, dieses gilt für sechs Monate. Akademiker müssen in der Zeit für sich aufkommen und dürfen nicht arbeiten. Wenn sie in der Zeit eine Stelle finden, müssen sie einen Aufent­haltstitel beantragen.

Einwan­derung aus Ländern außerhalb der EU: Braucht man einen Aufent­haltstitel?

Wer länger in Deutschland bleiben will, muss zusätzlich zum Visum einen Aufent­haltstitel beantragen. Meist wird der Aufent­haltstitel zunächst befristet und für einen bestimmten Aufent­haltszweck ausgestellt, etwa eine Erwerbs­tä­tigkeit, ein Studium oder eine Ausbildung. Wer einen Aufent­haltstitel zur Erwerbs­tä­tigkeit bekommt, braucht keine Arbeits­er­laubnis.

Einwan­derung aus Drittstaaten: Welche Aufent­haltstitel gibt es?

Das Aufent­halts­gesetz kennt zwei Titel: die Aufent­halts­er­laubnis (befristet) und die Nieder­las­sungs­er­laubnis (unbefristet). Daneben sehen EU-Richtlinien eine Blue Card EU (befristet) vor und eine Erlaubnis zum Dauerauf­enthalt-EU (unbefristet).

Einwan­derung aus Drittstaaten: Wann erhält man einen Aufent­haltstitel?

Wer einen Aufent­haltstitel erhalten will, muss einige Kriterien erfüllen; „Man muss einen Pass und ein Visum zu einem bestimmten Zweck besitzen“, sagt Oberhäuser. „Auch muss man seinen Lebens­un­terhalt selbst bestreiten können und darf nicht straffällig geworden sein.“

Aufent­haltstitel für eine Ausbildung, ein Studium oder zur Ausübung einer Erwerbs­tä­tigkeit erteilen die Behörden nur, wenn Studien- oder Ausbil­dungs­plätze zur Verfügung stehen oder die berufliche Qualifi­kation des Migranten auf dem deutschen Arbeitsmarkt  gefragt ist.

Fachkräfte müssen ein Jobangebot vorweisen und die Bundes­agentur für Arbeit muss ihnen erlauben, zu arbeiten. Das ist immer dann der Fall, wenn Fachkräfte in einem „Engpassberuf" arbeiten, also einem Beruf, in dem Fachkräfte fehlen.

Eine Blue Card EU können Akademiker bekommen, wenn sie ein Jobangebot haben und jährlich mindestens 48.400 Euro verdienen. Bei Naturwis­sen­schaftlern, Mathema­tikern, Ingenieuren oder Ärzten liegt das Jahres­gehalt etwas niedriger. Daneben gibt es weitere Aufent­haltstitel, je nach den beruflichen Fähigkeiten der Migranten.

Zuwande­rungs­gesetz: Gilt es auch für gering qualifi­zierte Migranten?

Diese Beispiele machen deutlich: Gut qualifi­zierte Ausländer können schon jetzt problemlos nach Deutschland einwandern. „Ganz anders sieht es aber mit gering qualifi­zierten Arbeit­nehmern aus“, sagt Rechts­anwalt Oberhäuser. „Für diese Gruppe bietet das Zuwande­rungs­gesetz zu wenige Regeln, nach denen sie sich hier nieder­lassen dürfen.“  

Proble­matisch ist auch, dass Migranten kaum einen Aufent­haltstitel erhalten können, wenn sie sich bereits im Land befinden, aber mit einem „falschen“ oder gar ohne Visum eingereist sind. Das deutsche Aufent­haltsrecht lässt einen solchen Status­wechsel kaum zu. Ein Beispiel: „Wer einen Asylantrag gestellt hat, muss in aller Regel das Land verlassen, bevor er einen Aufent­haltstitel für einen anderen Aufent­haltszweck beanspruchen kann“, sagt Thomas Oberhäuser. „Man hat beispielsweise keinen Anspruch darauf, einen Aufent­haltstitel zur Ausübung einer Erwerbs­tä­tigkeit zu bekommen.“