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Aktuelle Debatte

Asylrecht: Welche Regeln gelten für Flüchtlinge?

How can people get asylum when they are staying in Germany? © Quelle: panthermedia/zurietja

Weltweit sind fast 60 Millionen Menschen auf der Flucht - die höchste Zahl, die das UN-Flücht­lings­hilfswerk je verzeichnet hat. Vor allem der Krieg in Syrien, aber auch die Konflikte im Irak und in Afghanistan haben die Zahl der Flüchtlinge stark steigen lassen. Diese Entwicklung spüren auch Europa und Deutschland. Hier tobt seit Monaten eine Debatte über Flüchtlinge, begleitet von Demons­tra­tionen und Angriffen auf Flücht­lings­un­ter­künfte. Wir geben einen Überblick mit Fakten zum Thema Flüchtlinge und zeigen die Rechtslage.

Das Thema Flüchtlinge bewegt die Menschen in der Europäischen Union aktuell so stark wie kaum ein anderes. Dabei scheint es vielen, als kämen unzählige Flüchtlinge hierher. Doch tatsächlich gelangen nur sehr wenige der weltweit fast 60 Millionen Flüchtlinge in die EU, wie der statis­tische Jahres­bericht des UN-Flücht­lings­hilfs­werkes UNHCR zeigt.

2014 stellten 627.000 Asylsu­chende Asylanträge in den 28 EU-Ländern - ein Anstieg um 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Darunter waren 90 Prozent Erstanträge, fast die Hälfte davon beschieden die Behörden positiv. Von diesen Anträgen fielen 203.000 auf Deutschland, das in absoluten Zahlen an der Spitze steht. Setzt man sie ins Verhältnis zur Einwoh­nerzahl, hatte Schweden die meisten Asylanträge. Mit 2,5 Asylsu­chenden pro tausend Einwohner belegte Deutschland in Europa Platz acht.

Wie sieht das Asylrecht in der EU aus?

Legale Wege, um in die EU zu gelangen, gibt es für Menschen aus außereu­ro­päischen Ländern wenige. Wer einreisen will, benötigt ein Visum, doch für Asylsu­chende gibt es dafür weder rechtliche Grundlagen noch ein Verfahren. Das ist einer der Gründe, warum viele von ihnen die oft tödlichen Fahrten über das Mittelmeer unternehmen.

Seit 1999 hat die EU ein gemeinsames Asylsystem. Dabei legen Verord­nungen und Richtlinien etwa die Kriterien fest, nach denen jemand als Flüchtling anerkannt wird. Asylsu­chende dürfen in der EU in der Regel nur ein Asylver­fahren durchlaufen. Dieses muss nach der Dublin III-Verordnung in dem Land stattfinden, das sie beispielsweise auf ihrer Flucht zuerst betreten haben.

Warum streiten die Länder der EU über die Verteilung von Flücht­lingen?

In der Realität funktioniert das Dublin III-Verfahren nicht wirklich. Die Folge: Asylsu­chende sind sehr ungleich auf die einzelnen EU-Länder verteilt, vor allem Deutschland und Schweden nehmen Asylsu­chende auf. Daher plant die EU-Kommission, das Dublin-System zwar beizube­halten, es in Notlagen aber zu modifi­zieren und Asylsu­chende dann nach festen Quoten zu verteilen. Die Quoten sollen sich beispielsweise nach der Einwoh­nerzahl oder dem wirtschaft­lichem Vermögen des Landes richten.

Flüchtlinge weltweit

In seinem aktuellen statis­tischen Jahres­bericht Global Trends schreibt das Flücht­lings­hilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), weltweit seien über 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Hälfte von ihnen seien Kinder. Dabei verlassen die vor allem vor Kriegen und Bürger­kriegen fliehenden Menschen zwar ihre Heimat­region, bleiben aber häufig im Heimatland. In Syrien etwa gibt es aktuell 7,6 Millionen sogenannte Binnen­ver­triebene, 3,8 Millionen Syrer haben das Land verlassen. Viele von ihnen sind in die benachbarte Türkei geflohen. Diese hat 2014 mit 1,59 Millionen Menschen weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen. Laut Global Trends Report sind Flüchtlinge global gesehen sehr unterschiedlich auf die Länder verteilt: „Knapp neun von zehn Flücht­lingen (86 Prozent) befanden sich 2014 in Ländern, die als wirtschaftlich weniger entwickelt gelten.“

Asylrecht in Deutschland

Eine ähnlich heftige Debatte um Asylsu­chende wie derzeit gab es in Deutschland bereits Anfang der 90er Jahre. Diese lösten die steigenden Asylanträge von Menschen aus, die vor dem Balkankrieg hierher geflohen waren. Die Debatte begleiteten gewaltsame, oft tödliche Attacken auf Flüchtlinge und Migranten. Nach diesen Angriffen beschloss die Politik 1993,  Artikel 16 des Grundge­setzes zu ändern: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Dieses Grundrecht wurde eingeschränkt, Artikel 16 a geschaffen.

Danach bekommt hierzulande kein Asyl, wer aus einem „sicheren Herkunftsland“ oder „sicheren Drittstaat“ einreist. Asyl entfällt auch, wenn ein anderer EU-Staat nach der Dublin-III-Verordnung zuständig ist. Da alle Länder um Deutschland „sichere Drittstaaten“ sind, können Asylsu­chende nur im Flugzeug einreisen. Sie durchlaufen im Transit­bereich ein verkürztes Asylver­fahren, das „Flugha­fen­ver­fahren“. Während es läuft, werden sie im Transit­bereich festge­halten.  

Was sind sichere Herkunfts­länder und sichere Drittstaaten?

Asylsu­chende erhalten keinen Schutz in Deutschland, wenn sie über einen sicheren Drittstaat, also die EU-Staaten, die Schweiz oder Norwegen, einreisen. Ihr Asylantrag wird inhaltlich gar nicht erst geprüft. Stammt jemand aus einem sicheren Herkunftsstaat, kann er in der Regel kein Asyl erhalten. Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien beispielsweise hat die Politik im Jahr 2014 als sichere Herkunfts­länder klassi­fiziert.

Diesen September hat die Bundes­re­gierung den Kosovo, Albanien und Montenegro zu sicheren Herkunfts­ländern bestimmt.

Warum kommen aktuell so viele Asylsu­chende nach Deutschland?

In den letzten Monaten sind die Zahlen der Asylsu­chenden, die nach Deutschland kommen, stark angestiegen. Dennoch handelt es sich bei ihnen nach wie vor um einen sehr geringen Teil der weltweit knapp 60 Millionen Menschen, die auf der Flucht sind (siehe oben). Die Bundes­re­gierung erwartet, dass in diesem Jahr rund 800.000 Asylsu­chende nach Deutschland kommen.

Die Zunahme hat verschiedene Ursachen: So dauern die kriege­rischen Ausein­an­der­set­zungen im Nahen Osten an, der Krieg etwa in Syrien treibt nach wie vor viele Syrer in die Flucht. In der Folge hat die Migration über die Ägäis und den Balkon stark zugenommen.

Dazu kommt: Asylsu­chende müssen sich nach der Dublin III-Verordnung der EU in dem EU-Land registrieren lassen, das sie als erstes betreten. Dort müssen sie auch ihren Asylantrag stellen. Meist sind das also die Länder am Mittelmeer wie Griechenland oder Italien. Doch das finanziell ohnehin gebeutelte Griechenland etwa kann die Flüchtlinge nicht aufnehmen und lässt sie unregis­triert weiter reisen.

Umgekehrt wendet auch Deutschland die Dublin III-Verordnung zumindest bei Asylsu­chenden aus Syrien nicht mehr an, es schickt diese Flüchtlinge also nicht zurück in das Land, das diese als erstes betreten haben. Viele Asylsu­chende wissen darum und wollen daher lieber in Deutschland ihren Asylantrag stellen.

Auf welche rechtlichen Regeln können sich Asylsu­chende in Deutschland berufen?

„Im Wesent­lichen können sich Asylsu­chende auf die in Deutschland und EU-weit greifende Genfer Flücht­lings­kon­vention stützen“, erklärt der Berliner Rechts­anwalt Rolf Stahmann von der Arbeits­ge­mein­schaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). „Diese Konvention spricht ausdrücklich nicht von Asyl, sondern vom Flücht­lings­status.“ Danach ist Flüchtling, wer sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehö­rigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunfts­landes befindet.

Auch gibt es interna­tionalen subsidiären oder nationalen Schutz, der für den greift, dem im Herkunftsstaat Menschen­rechts­ver­let­zungen wie die Folter oder Todesstrafe drohen. Der nationale Schutz greift bei extremer Lebens­gefahr, wenn jemand etwa krank ist und im Herkunftsstaat medizinisch nicht adäquat versorgt werden kann. Nach den genannten rechtlichen Regeln lag die Gesamt­schutzquote im Juni 2015 bei fast 42 Prozent. Die Quote zeigt, wie viele Asylsu­chende zu einem bestimmten Zeitpunkt hierzulande Schutz erhalten.  

Wie ein Asylver­fahren abläuft und weitere Informa­tionen zum Thema Flüchtlinge erhalten Sie hier.

Datum
Aktualisiert am
22.02.2016
Autor
ime
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3863
Themen
Asyl Einwanderer Migration

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