Öffentlich-Rechtliche

Rundfunk­beitrag: Was passiert, wenn man nicht zahlt?

Muss man Rundfunkgebühren zahlen?
Rundfunkgebühren sind oft Streitthema.

Viele Haushalte wollen die ungeliebte Zwangs­abgabe nicht bezahlen. Die Motive sind vielfältig: Manche lehnen die Gebühr ab, weil sie gar keinen oder nur privaten Rundfunk nutzen – ein Argument, dass ZDF-Mann Claus Kleber im Interview mit der Anwalt­auskunft zurückweist. Andere wollen das Geld sparen oder profitieren einfach vom glücklichen Zufall, dass sich die Öffentlich-Rechtlichen bisher mit ihren Forderungen noch nicht gemeldet haben.

Bundes­ver­fas­sungs­gericht: Rundfunk­beitrag für Zweitwoh­nungen nicht rechtmäßig

Am 18.07.2018 urteilte das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt: Der Rundfunk­beitrag ist grundsätzlich verfas­sungsgemäß. Mit dem allge­meinen Gleich­heitssatz allerdings nicht vereinbar sei es aller­dings, dass auch für Zweit­woh­nungen ein Rundfunk­beitrag zu leisten ist. Die gesetz­lichen Bestim­mungen zur Beitrags­pflicht für Zweit­woh­nungen seien also so nicht rechtmäßig. Das Gericht erklärte seine Entscheidung folgen­dermaßen: Da die Nutzung von Rundfunk typischerweise in Wohnungen genutzt wird, sei es auch legitim, die Beitrags­pflicht an Wohnungen anzuknüpfen. Allerdings dürften dann eben Inhaber mehrerer Wohnungen nicht doppelt belastet werden. Unter anderem deshalb, weil sie gar nicht die Möglichkeit hätten, das Rundfunk­programm in mehreren Wohnungen gleich­zeitig verfolgen zu können. Damit wurde eine Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richtes revidiert, welches in einem früheren Urteil die Regelungen zu Zweitwoh­nungen noch für rechtmäßig erklärt hatte.

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht wies die Bundes­länder an, bis zum Juni 2020 eine Neuregelung zu treffen. Bis dahin werden sich Besitzer von Zweitwoh­nungen mit der derzeitigen Rechtslage noch abfinden müssen.

Doch welche Folgen hat es eigentlich, wenn man einfach nicht zahlt? Wir beantworten die wichtigsten Fragen:

Was passiert, wenn man die Anschreiben des Beitrags­service einfach ignoriert?

Wer alle Briefe mit dem Logo von ARD, ZDF und Deutsch­landradio einfach in den Papierkorb „weiter­leitet“, muss damit rechnen, dass irgendwann der Gerichts­voll­zieher klingelt. Bevor es so weit kommt, dauert es allerdings eine Weile.

Das erste Anschreiben des Beitrags­service ist in der Regel eine reine Datenabfrage, mit der geklärt werden soll, ob die angeschriebene Person schon gemeldet ist. Ignoriert man dieses und eventuell folgende ähnliche Schreiben, erhält man irgendwann einen sogenannten Beitrags­be­scheid. In diesem teilt der Beitrags­service die Höhe des Beitrags mit und fordert zur Zahlung auf. Bleibt man auch hier passiv und legt keinen Widerspruch ein, wird der Bescheid nach einem Monat im rechtlichen Sinne „bestands­kräftig“.

Von diesem Zeitpunkt an können die Rundfunk­an­stalten ihr Forderungen aktiv eintreiben wie jeder andere Gläubiger auch – bis hin zu Lohnpfändung und Gerichts­voll­zieher. Das müssen sie sogar. Die Anstalten sind gesetzlich dazu verpflichtet, ausstehende Beiträge einzuforden.

Dabei greifen sie als letztes Mittel auch auf Zwangs­voll­stre­ckungen zurück – nach eigenen Angaben aber erst, nachdem der Beitrags­pflichtige mehrfach nicht auf Anschreiben reagiert hat. Wie oft es tatsächlich zu solchen Vollstre­ckungen kommt, konnten die Anstalten gegenüber der Anwalt­auskunft nicht beantworten.

Wer länger als sechs Monate nicht zahlt, begeht zudem laut Rundfunk­bei­trags­staats­vertrag eine Ordnungs­wid­rigkeit und kann – rein theoretisch – mit einem Bußgeld belegt werden. In der Praxis sehen die Landes­rund­funk­an­stalten aber in der Regel davon ab, ein Bußgeld zu beantragen.

Muss man zahlen, obwohl man vom Beitrags­service bisher „übersehen“ wurde?

Zum 1. Januar 2013 wurde das Finanzie­rungs­modell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland grundsätzlich umgestellt. Anders als früher spielt es inzwischen keine Rolle mehr, ob man tatsächlich einen Fernseher, ein Radio oder ein anders Empfangsgerät besitzt. Stattdessen wird ein fester Betrag pro Haushalt erhoben – egal, wie viele Menschen in diesem Haushalt leben.

Nachdem man einen neuen Wohnsitz angemeldet hat, kann es durchaus einige Monate dauern, bis der Beitrags­service sich meldet. Zahlen muss man dann trotzdem rückwirkend für den gesamten Zeitraum seit der Anmeldung.

Auch wenn man schon lange in seiner Wohnung gemeldet ist und kein Schreiben vom Beitrags­service erhalten hat, heißt das nicht unbedingt, dass man von den Öffentlich-Rechtlichen „vergessen“ wurde:

Im Zuge der Umstellung führt der Beitrags­service einen Datenab­gleich mit den Einwoh­ner­mel­de­ämtern durch, um Personen zu finden, die bisher noch keinem zahlenden Haushalt zugeordnet sind. Dieser Datenab­gleich wird erst im Laufe des Jahres 2014 abgeschlossen sein. Wer bisher noch nicht zahlt und keine Post erhalten hat, muss also damit rechnen, dass ARD, ZDF und Co. sich früher oder später melden. „Je nachdem, wie lange man seine Wohnung schon bewohnt, muss man dann rückwirkend für die gesamte Zeit seit dem Einzug bezahlen - maximal ab dem 1. Januar 2013“, sagt der Nürnberger Rechts­anwalt Jakob Tschuschke.

Dieser Forderung kann man nur dann entgehen, wenn man in einem Haushalt lebt, in dem bereits ein Mitbewohner den Rundfunk­beitrag bezahlt. In diesem Fall genügt es, dem Beitrags­service die Daten das Zahlers mitzuteilen. Bestimmte Personen­gruppen können sich auch ganz von der Beitrags­pflicht befreien lassen, zum Beispiel Empfänger von Arbeits­lo­sengeld II oder Grundsi­cherung im Alter.

Nicht empfeh­lenswert ist es, sich vor dem Beitrags­service zu „verstecken“, indem man seinen Wohnsitz einfach nicht beim Einwoh­ner­meldeamt anmeldet. „Es gibt in Deutschland eine Meldepflicht. Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungs­wid­rigkeit. Wird dies bemerkt, droht ein Bußgeld nach dem Melderecht und rückständige Rundfunk­beiträge werden dann auch fällig “, sagt der Nürnberger Rechts­anwalt Tschuschke.

Rundfunk­beitrag bar bezahlen: Kein Anspruch

Beitrags­gegner sind in Hessen mit ihrer Forderung in zwei Urteilen gescheitert. Damit häufen sich bundesweit die Urteile, die in der Frage zugunsten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausfallen.

Wie der Verwal­tungs­ge­richtshof (VGH) Hessen im Februar 2008 urteilte, können Bürger nicht auf eine Barzahlung des Rundfunk­beitrags bestehen (Az. 10 A 2929/16; 10 A 116/17). Geklagt hatten zwei Männer aus Frankfurt und Hofheim gegen den Hessischen Rundfunk (HR). Sie hatten darauf bestanden, die Beitrags­zahlung in bar zu leisten. Ihre Argumen­tation: Der Zwang zu Überweisung oder Bankeinzug könne Nachteile haben - beispielsweise für die Privat­sphäre, weil Zahlungen verfolgbar seien. Die Rundfunk­anstalt sieht diese Möglichkeit allerdings nicht vor.


Nach der Begründung des VGH ließe sich weder dem Europarecht noch dem Bundes­bank­gesetz entnehmen, dass in jedem Fall Barzah­lungen zu akzeptieren seien. Im öffentlich-rechtlichen Abgabenrecht könne grundsätzlich auch unbare Zahlungsweise vorgeschrieben werden.

Mit seinem Beharren auf dem Recht, die Beitrags­zahlung bar zu leisten, war einer der Kläger, Journalist und Autor Norbert Häring, bereits 2016 vor dem Verwal­tungs­gericht Frankfurt gescheitert (Az.: 1 K 2903/15.F). Hiergegen hatte er Berufung eingelegt, die nun verworfen wurde. Ein Widerspruch gegen das Urteil könnte eine Entscheidung auf höherer Instanz nach sich ziehen.

Rundfunk­beitrag: Befreiung aus religiösen Gründen?

Der Pastor einer freikirch­lichen Gemeinde beantragte die Befreiung von der Rundfunk­beitragspflicht aus religiösen Gründen. Seine Begründung: Ein großer Teil der Unterhal­tungs­pro­gramme präsentiere einen aus biblisch-christ­licher Sicht inakzep­tablen, gottlosen, unmora­lischen und damit zerstö­re­rischen Lebensstil.

Nachdem dieser Antrag durch die Rundfunk­anstalt abgelehnt worden war, erhob der Pastor nach erfolglosem Widerspruchs­ver­fahren Klage am Verwal­tungs­gericht Neustadt. Er sei von der Beitrags­pflicht zu befreien, weil ihm nicht zuzumuten sei, die aus seiner Sicht schädi­genden Inhalte mitzufi­nan­zieren.

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt (Urteil, Az. 5 K 145/15.NW) wies die Klage ab. Nach Ansicht des Gerichts lägen keine Voraus­set­zungen für eine Befreiung wegen eines Härtefalls vor. Der Umstand, dass der Pastor den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter Berufung auf die Gewissens- bzw. Religi­ons­freiheit ablehne, begründe keinen Befrei­ungs­an­spruch. Die Erhebung des Rundfunk­beitrags verstoße nicht gegen die Glaubens- und Gewissens­freiheit, weil mit der Beitrags­zahlung kein weltan­schau­liches Bekenntnis verbunden sei.

Erzwin­gungshaft wegen unbezahlter Rundfunk­beiträge: Grundsätzlich möglich

Auch eine Haftstrafe aufgrund der Weigerung, den Rundfunk­beitrag zu bezahlen ist im Frühjahr 2016 bekannt geworden. Eine Frau saß mehrere Wochen in Haft wegen nicht gezahlter Rundfunk­beiträge. Seit 2013 hatte sie die Beiträge nicht mehr bezahlt. Sie hatte keinen Einspruch erhoben und alle Schreiben ignoriert. Gerichts­voll­zieher hatten versucht, den Betrag einzutreiben, eingeleitete Pfändungen blieben erfolglos. Zudem habe die Frau sich geweigert, eine vom Gerichts­voll­zieher geforderte Vermögens­auskunft abzugeben. Schließlich wurde die Frau an ihrem Arbeitsplatz in Beugehaft genommen und verbrachte mehrere Wochen im Frauen­ge­fängnis in Chemnitz.

Nach dem Bekannt­werden des Falls in der Öffent­lichkeit haben die Sendean­stalten mittlerweile allerdings erklärt, künftig selbst bei hartnä­ckigen Zahlungs­ver­wei­gerern auf die Beugehaft verzichten zu wollen.

Kann man sich rechtlich gegen den Rundfunk­beitrag wehren?

Grundsätzlich ja. Der erste Schritt ist dabei der Widerspruch gegen den Beitrags­be­scheid. Wichtig ist, dass der Widerspruch innerhalb des einen Monats erfolgen muss, bevor der Beitrags­be­scheid „bestands­kräftig“ wird (s.o.). Versäumt man diese Frist, wird es fast unmöglich, sich gegen die Zahlung zu wehren. Ein bestands­kräftiger Bescheid lässt sich zudem auch nachträglich nicht mehr anfechten. „Selbst wenn irgendwann ein Gericht den Beitrag für verfas­sungs­widrig erklärt, erhält man die schon gezahlten Gebühren nicht mehr zurück“, sagt Rechts­anwalt Jakob Tschuschke.

Doch auch ein Widerspruch bringt nur einen kurzfristigen Aufschub. In der Regel wird er einfach abgelehnt. Dann häufen sich die Forderungen und Säumnis­zu­schläge. In diesem Fall bleibt nur die Wahl: zahlen oder klagen.

Eine Klage beginnt in der Regel vor dem zuständigen Verwal­tungs­gericht und kann –  nach Ausschöpfung aller Rechts­mittel – bis vor das Bundes­ver­fas­sungs­gericht führen. Die Erfolgs­aus­sichten einer solchen Klage sind momentan allerdings eher schlecht – zumindest dann, wenn man als Begründung die Unrecht­mä­ßigkeit des gesamten Gebühren­modells anführt. 2014 haben zwei Landes­ver­fas­sungs­ge­richte bestätigt, dass der neue Rundfunk­beitrag verfas­sungsgemäß ist. Grundsätzliche Einwände wie den, dass Nichtnutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks benach­teiligt werden, lassen die Gerichte nicht gelten.

Deutlich besser stehen die Chancen einer Klage, wenn man gegen einen fehler­haften Gebühren­be­scheid vorgeht. „Dies kann von einer fehler­haften Ermittlung der Adresse bis zu einem falschen Bescheid für einen Verstorbenen reichen“, sagt Rechts­anwalt Jakob Tschuschke.

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Claus Kleber über den Rundfunk­beitrag

5:31

"Wir sind kein Staats­sender", sagt ZDF-Moderator Claus Kleber. Im Rahmen des letzten "Ortstermins" hatte die Deutsche Anwalt­auskunft die Möglichkeit, mit Kleber über die Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen und am Rundfunk­beitrag zu sprechen.