Die Musiker Paul van Dyk und Peter Heppner haben mit Bernd Höcke von der Partei Alternative für Deutschland (AfD) nicht viel gemein – und wollen das auch gar nicht. Ihr Lied „Wir sind wir“ war von dem Politiker ohne ihre Erlaubnis wiederholt als Auftrittsmusik bei politischen Veranstaltungen genutzt worden. Dagegen möchten die Musiker nun juristisch vorgehen. Haben Künstler ein Mitspracherecht dabei, wo ihre Musik gespielt wird?
Musik auf öffentlichen Veranstaltungen: GEMA-Lizenz notwendig
Wenn bei einer Veranstaltung in Deutschland Musik gebraucht wird, müssen die Organisatoren zunächst eine Lizenz bei der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) beantragen. Das gilt zumindest für die Künstler, die bei der Gesellschaft angemeldet sind, was die meisten deutschen Musiker betreffen dürfte.
Die GEMA ist die zentrale Stelle der Lizenzvergabe für Musik in Deutschland. Für Künstler vereinfacht sie das Prozedere somit enorm. „Erwirbt der Veranstalter die Nutzungsrechte für die Musik bei der GEMA, hat er im Grunde seine Pflichten erfüllt“, informiert Rechtsanwalt Jens Klaus Fusbahn. Fusbahn ist Rechtsanwalt für Urheber- und Medienrecht und Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum und Medien des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Damit habe der Künstler kein Mitspracherecht bei der Wahl der Veranstaltung.
Nutzung als Hymne unterstellt Unterstützung
Politische Anlässe und Wahlkampfveranstaltungen sind aber Sonderfälle: „Wird ein Song immer zum gleichen Anlass verwendet, beispielsweise immer dann, wenn ein Politiker die Bühne betritt, erfüllt er eine ähnliche Funktion wie eine Hymne“, erklärt Rechtsanwalt Fusbahn. Für Zuschauer könne es dann klingen, als wollten die Künstler den Politiker mit ihrem Lied aktiv unterstützen, als wäre es womöglich explizit für den Politiker aufgenommen worden.
„Ist das nicht der Fall, kann die Nutzung der Musik das Künstlerpersönlichkeitsrecht der Musiker verletzten“, fügt der Rechtsanwalt aus Düsseldorf hinzu. Der Ruf des Künstlers könne schließlich damit gefährdet werden.
Unerlaubte Nutzung als Hymne im Wahlkampf: Einstweilige Verfügung möglich
Ähnlich war es im aktuellen Fall geschehen: AfD-Politiker Björn Höcke hatte den Song „Wir sind wir“ von Heppner und van Dyk regelmäßig als Auftrittsmusik verwendet, wenn er auf Kundgebungen gesprochen hatte. Der Musiker hat angekündigt, juristisch gegen die Partei vorzugehen, wenn sie seine Musik weiterhin in dieser Weise verwenden sollte.
In einem solchen Fall könnte es möglich sein, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, die der Partei die Nutzung des Liedes verbietet. Schadensersatz können Musiker in der Regel allerdings nicht erwarten: Denn prinzipiell bewegt sich die Nutzung im gesetzlichen Rahmen.
Künstler gegen Politiker – auch international
Die Causa van Dyk gegen Höcke ist nicht der erste Fall, in dem Musiker gegen die Nutzung ihrer Lieder als Politikerhymnen vorgehen. Im vergangenen Jahr setzte sich die Schlagersängerin Helene Fischer vor dem Oberlandesgericht Jena gegen die NPD durch, die auf ihren politischen Veranstaltungen wiederholt Fischers Lied „Atemlos“ gespielt hatte.
Nach ihrem Wahlsieg 2013 feierte die CDU zu dem Lied „Tage wie diese“ der Band Tote Hosen – manche der Politiker griffen sogar selbst zum Mikrofon und sangen mit. Auf eine Beschwerde der Band hin entschuldigte sich Angela Merkel allerdings später persönlich bei dem Sänger der Band. Und in den USA monierte Sängerin Adele kürzlich, dass Donald Trump unerlaubt Songs von ihr in seinen Wahlkampfveranstaltungen spielt.
Für Musik im Wahlkampf Genehmigung einholen
Die Rechte von Künstlern zu achten, sollte für politische Parteien selbstverständlich sein. Damit sind sie auch rechtlich auf der sicheren Seite. Es gilt, eine Genehmigung einzuholen, bevor sie Lieder für Wahlkampfveranstaltungen oder anderweitig als Hymne nutzen. Eine Lizenz der GEMA genügt in diesem Fall womöglich nicht. Auch eine persönliche Erlaubnis des Künstlers ist notwendig.
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- vhe