Dachböden, Keller und Wohnungen bergen so manchen Schatz. Manchmal finden sich dort sogar Kunstgegenstände, die Historiker und Kunstwelt in helle Aufregung versetzen. So staunte die Welt über die Gemälde in Cornelius Gurlitts Münchner Wohnung oder über die Bilder der US-amerikanischen Fotografin Vivian Maier, die jahrelang auf einem Dachboden lagerten.
Natürlich sind nicht alle Funde so spektakulär und kunsthistorisch bedeutsam wie diese beiden. Dennoch: Auch für private Haushalte kann es sich lohnen, Erbstücke der Eltern oder Großeltern schätzen zu lassen. Interessant ist so eine Schätzung manchmal auch für diejenigen, die Kunstobjekte auf Auktionen, bei Antiquaren oder Antiquitätenhändlern kaufen.
Wie arbeiten Sachverständige?
Man kann Kunstgegenstände in Auktionshäusern schätzen lassen, aber auch Museen beraten manchmal und geben erste Hinweise. Sie erstellen allerdings keine Gutachten. Diese fertigen etwa öffentlich vereidigte Sachverständige an. An die Adressen von Gutachtern gelangt man über die Industrie- und Handelskammern oder über den Bundesverband der öffentlich bestellten und vereidigten sowie qualifizierten Sachverständigen e.V.
Dr. Frithjof Hampel ist Bundesfachbereichsleiter in diesem Verband und spezialisiert auf Kunst, Antiquitäten und Juwelen. Mehrmals in der Woche reist er durchs Land, um Gegenstände für Privatleute, Anwälte, Testamentsvollstrecker, Versicherungen oder Institutionen zu schätzen. Für seine Auftraggeber stuft er den Wert von Hausrat, Teppichen, antiken Möbeln, Porzellan oder Bildern ein. Die Gegenstände fotografiert er nicht nur, sondern erstellt auch eine Bestandsliste. Darin hält er fest, aus welchem Material sie sind, welcher Epoche sie entstammen und wie sie erhalten sind.
Besonders oft ermittelt Frithjof Hampel den Wert privater Erbschaften. Dabei wollen Erben einen Nachlass manchmal unter sich aufteilen, sind sich aber über den Wert der einzelnen Gegenstände unsicher. Andere planen den Verkauf der kompletten Erbschaft und beauftragen Frithjof Hampel, weil sie wissen wollen, wie viel Geld der Verkauf einbringen könnte. Beauftragt wird er auch in den Fällen, in denen sich Erben um den Wert eines Nachlasses streiten.
Was ist der Verkehrswert?
Bei seiner Arbeit legt Hampel den Verkehrswert der Gegenstände fest. Das ist der vergleichbare Wert, den ein Auktionshaus als Mindestgebot setzt. Dieser Wert kann weit unter dem Wiederbeschaffungswert eines Gegenstandes liegen, also dem Ladenpreis - eine Enttäuschung für viele Erben. „Oft überschätzen die Leute den Wert der Kunstgegenstände oder Antiquitäten“, weiß Frithjof Hampel.
Der Wert bestimmt sich zum Beispiel nach der Nachfrage. Mangelt es an dieser, drückt das den Preis. Das ist aktuell bei vielen Porzellanen oder Teppichen so, denn sie entsprechen oft nicht mehr dem Zeitgeist. „Vor kurzem hat mich ein Erbe einen handgeknüpften Perserteppich schätzen lassen“, erzählt Frithjof Hampel. „Seine Eltern hatten den Teppich in den 60er Jahren in einem Fachgeschäft für rund 60.000 D-Mark gekauft. Obwohl der Teppich von hoher handwerklicher Qualität war, konnte ich seinen Verkehrswert nur auf 1.200 Euro festlegen.“
Was beeinflusst den Wert von Kunst?
Mode, Nachfrage und wie gut ein Gegenstand erhalten ist – all diese Faktoren beeinflussen den Wert von Kunstgegenständen. „Aber auch Krisen zum Beispiel in Politik oder Wirtschaft bestimmen den Wert. Nach der Wirtschaftskrise 2008 etwa konnte man Kunstgegenstände kaum verkaufen, denn der Markt dafür war zusammengebrochen“, erklärt die Rechtsanwältin Inger-Kristina Wegener von der Arbeitsgemeinschaft Geistiges Eigentum und Medien im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Darüber hinaus spielt für den Wert auch so etwas schwer Greifbares wie der immaterielle Wert eine Rolle. „Es sind auch soziale Übereinkünfte, die den Wert definieren“, sagt die Hamburger Rechtsanwältin Inger-Kristina Wegener. „Das kann man sehr gut am Fall des Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi sehen. Die Qualität seiner Bilder war überragend. Aber da die Werke keinem spezifischen Maler zuzuordnen waren, sind sie wertlos. Die Qualität sagt also nicht unbedingt etwas über den Preis aus.“
Wer haftet, wenn sich der Sachverständige irrt?
Wolfgang Beltracchi brachte nicht nur sich, sondern auch den renommierten Kunsthistoriker Werner Spies in Nöte. Denn Spies erkannte ein vermeintlich von Max Ernst stammendes, in Wahrheit aber von Beltracci gemaltes Bild, nicht als Fälschung. Das zeigt: Auch Fachleute können irren. Besonders bitter ist diese Erkenntnis für Privatleute, die durch falsche Urteile von Experten unter Umständen viel Geld verlieren. So erging es etwa einer Frau, die einen Teppich von einem Auktionator schätzen ließ. Dieser taxierte den Teppich auf 900 Euro. Die Frau verkaufte für diesen Preis, doch bei einer Auktion brachte der Teppich 7,2 Millionen Euro ein. Schadensersatz für den finanziellen Verlust musste der Auktionator der Frau nicht zahlen, wie ein Gericht entschied (AZ: 14 U 764/12).
„Bei falschen Einschätzungen haften nach Paragraph 839a des Bürgerlichen Gesetzbuches zumindest gerichtlich bestellte Gutachter nur dann, wenn sie grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben“, sagt Rechtsanwältin Wegener. Als grob fahrlässig könnte gelten, wenn ein Sachverständiger ein Bild mit unsicherer Herkunft nur nach dessen Stil beurteilt, aber versäumt, das Werk noch zusätzlich in einem Labor untersuchen zu lassen. In solchen speziellen Laboren analysieren die Mitarbeiter etwa die Leinwand oder die Farbe, denn beides gibt Aufschluss über das Alter eines Bildes.
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- Datum
- Aktualisiert am
- 21.09.2014
- Autor
- ime