An die Regelstudienzeit gekoppelte Auszahlung des Bafög, doppelte Abiturjahrgänge, die nicht nur einen Studienplatz aussichtsloser machen, sondern auch den Leistungsdruck während der Unizeit erhöhen: Studierende werden aus verschiedenen Gründen dazu angehalten, ihr Studium schnell zu beenden. Umso ärgerlicher, wenn – unberechtigt – schlechte Benotungen Zeit- und Geldprobleme machen.
Dagegen kann man sich wehren, auch wenn das mit einigen Schwierigkeiten verbunden ist. Denn Hochschulrecht ist Ländersache. Zudem unterscheiden sich die Prüfungsordnungen je nach Universität – und nochmals je nach Studienfach. Einheitliche Empfehlungen sind demnach schwer abzugeben, zumal sich daraus ein schier undurchschaubares Gewirr aus Rechtsquellen, Verordnungen und Satzungen ergibt. Hinzu kommt: Ab und an sind auch die Prüfer selber nicht mit allen Regularien vertraut.
Die Klage ist erst der zweite Schritt
Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler ist Mitglied im Deutschen Anwaltverein (DAV) und spezialisiert auf Hochschulrecht. Er kann aus vielen Jahren Berufspraxis berichten: „In der Regel wenden sich Studierende erst dann an einen Anwalt, wenn es für sie um alles geht.“ Um eine mögliche Exmatrikulation etwa. Eine Klage ist erst der zweite Schritt. Achelpöhler erklärt: „Zunächst kann Widerspruch gegen eine Benotung eingelegt werden, formlos und direkt beim zuständigen Prüfungsamt.“ Darin kann Verschiedenes gerügt werden: Abweichende Zeitvorgaben für die Bearbeitung der Klausur gegenüber der Prüfungsordnung oder fehlerhafte und uneindeutige Fragestellungen.
Prinzipiell lassen sich Verfahrensfehler bei Klausuren leichter nachweisen, als die Benotung einer Hausarbeit anzuzweifeln ist. Denn hier spielt der Bewertungsspielraum des Prüfers eine größere Rolle. Und sollte es zu einer Klage und gar einer Verhandlung vor Gericht kommen, erkennen Gerichte diesen in der Regel an. Doch auch hier gibt es Möglichkeiten. Rechtsanwalt Achelpöhler: „Erfahrungsgemäß kommt es immer wieder vor, dass ein Prüfer – wenn er erst einmal ein schlechtes Bild von einer Arbeit hat – alles Mögliche kritisiert, auch ‚Geschmacksfragen', die keine Rolle für die Bewertung spielen sollten.“
Eine konkrete Note kann nicht eingeklagt werden
Sollte die Eigeninitiative nicht weiterhelfen, dann können Anwälte helfen. Dabei lässt sich zwar keine konkrete Note einklagen, eine Wiederholung der Prüfung oder eine Neubewertung aber durchaus.
Dass viele Studierende erst dann Rechtshilfe suchen, wenn sie keine andere Lösung sehen und es gewissermaßen um ihre Existenz geht, hängt auch mit den Kosten zusammen. Das oben skizzierte Geflecht aus Ordnungen und Bestimmungen sowie die in jedem Fall spezielle inhaltliche Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema, können mitunter einen erheblichen Aufwand für die Anwältin oder den Anwalt bedeuten. Wilhelm Achelpöhler empfiehlt dennoch, lieber frühzeitig zum Anwalt zu gehen. Auch im Widerspruchsverfahren zahle sich eine anwaltliche Vertretung aus, da man so schon ‚Eindruck’ beim Prüfungsamt machen kann. Denn dort sitzen in der Regel keine Juristen.
Während eines Verfahrens gilt „aufschiebende Wirkung“
Übrigens: Wenn gegen eine Benotung geklagt wird, die eigentlich die Fortführung des Studiums verhindert, hat ein Verfahren „aufschiebende Wirkung“ – es kann also bis zu einer Entscheidung weiterhin studiert werden. Und so dem Kläger recht gegeben wird: natürlich auch darüber hinaus.
- Datum
- Aktualisiert am
- 12.02.2018
- Autor
- red