
Schulpflicht in Deutschland: Welche Regeln gelten?
In Deutschland herrscht für Kinder und Jugendliche eine gesetzliche Schulpflicht von neun Jahren. Danach sind Jugendliche verpflichtet, bis zu ihrem 18. Geburtstag einer beruflichen Schulpflicht nachzukommen. Von der Schulpflicht gibt es kaum Ausnahmen, der Schulpflicht nachkommen müssen Kinder und Jugendliche in Schulen, Heimunterricht ist nicht erlaubt.
Heimunterricht: Wie viele Kinder und Jugendlichen werden zu Hause unterrichtet?
Die Kultusministerkonferenz schätzt, dass bundesweit 500 bis 1.000 schulpflichtige Kinder und Jugendliche zu Hause unterrichtet werden.
Hausunterricht für Kinder: Rechtslage beim Heimunterricht
Das Verbot des Heimunterrichts ist juristisch höchstrichterlich untermauert. So hat das Bundesverfassungsgericht 2014 entschieden: Die Allgemeinheit habe ein berechtigtes Interesse daran, religiös oder weltanschaulich motivierte Parallelgesellschaften zu verhindern. Anders als im Heimunterricht könnten sich Kinder in der Schule nicht vor einem Dialog mit Andersdenkenden verschließen.
Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof sieht dies genauso. In einer Entscheidung von 2006 heißt es: Es gibt kein Recht auf Heimunterricht. Die Straßburger Richter argumentierten ähnlich wie später das Bundesverfassungsgericht. Außerdem könnten Eltern ihre Kinder auch nach der Schule entsprechend ihrer religiösen Überzeugungen erziehen.
Was geschieht, wenn Eltern ihre Kinder nicht zur Schule schicken?
Eltern, die ihre Kinder nicht in die Schule schicken, riskieren Bußgelder, Geld- oder sogar Haftstrafen. Die Polizei kann die Kinder abholen und in die Schule bringen. Den Eltern kann das Sorgerecht entzogen werden. Was angemessen ist, hängt auch vom Kindeswohl ab.
Eltern: Wie kann man den Heimunterricht für Kinder durchsetzen?
Mit dieser Rechtslage wollen sich manche Eltern aber nicht abfinden. Bundesweit bekannt geworden ist das Ehepaar Wunderlich, das seit langem dafür kämpft, seine Kinder zu Hause unterrichten zu dürfen. Das Paar ist tiefreligiös, seine Argumente gegen die Schulpflicht und für den Heimunterricht beziehen sich etwa auf den Sexualkundeunterricht in staatlichen Schulen und darauf, dass dort vermeintlich pornographisches Material gezeigt würde.
Für den Heimunterricht will das Paar bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, wie es Anfang April 2017 öffentlichkeitswirksam verkündet hat (Beschwerde-Nr. 18925/15). Wie erfolgreich die Wunderlichs sein werden, wird sich zeigen, das Urteil des Gerichtshofs wird im Laufe des Jahres 2017 erwartet.
Kritik an dem Vorhaben des Paares Wunderlich kommt zum Beispiel von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Ilka Hoffmann von der GEW warnt davor, die Schulpflicht aufzuweichen. „Das ist eine große demokratische Errungenschaft“, sagt sie. „Häufig stecken hinter dem Wunsch nach Heimunterricht radikalreligiöse Gruppen. Es kann nicht im Interesse einer Demokratie sein, diesem Ansinnen nachzukommen.“ Außerdem müssten die Kinder vor solchen Sekten geschützt werden.
Bislang hat das Elternpaar Wunderlich in allen gerichtlichen Instanzen verloren. Im Jahr 2012 hatte das Amtsgericht Fritzlar das Paar zu Bußgeldern von je 700 Euro verurteilt, denn die Mutter und der Vater hatten ihre schulpflichtigen Kinder nicht zur Schule geschickt.
Die Berufung gegen das Urteile lehnte das Landgericht (LG) Kassel im Oktober 2013 ab und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz (AZ: 4853 Js 32100/12 Jug 4 Ns).
- Datum
- Aktualisiert am
- 25.04.2017
- Autor
- red/dpa