„Gut ist vor allen Dingen, was nicht geändert wurde“, sagt Kai Henning. Der Rechtsanwalt ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verbraucherinsolvenz der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Restschuldbefreiung, Verfahrenskostenstundung und Verfahrenseröffnung blieben erhalten. „Gerade auch der arme Schuldner hat damit weiterhin eine faire Chance auf eine umfassende Restschuldbefreiung“, so Henning.
Welche Änderungen kommen auf Schuldner zu?
Bislang funktionierte die Entschuldung für Private in vier Schritten:
- Aller Anfang des Regelinsolvenzverfahrens ist ein außergerichtlicher Einigungsversuch.
- Dem schließt sich ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren an.
- Das sogenannte Verbraucherinsolvenzverfahren wird wiederum erst eröffnet, wenn sowohl die außergerichtlichen als auch die Verhandlungen vor Gericht mit den Gläubigern gescheitert sind.Daraufhin wird das pfändbare Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös nach Abzug der Verfahrenskosten an die Gläubiger verteilt.
- Entschuldet werden Verbraucher schließlich im Restschuldbefreiungsverfahren.
Das Restschuldbefreiungsverfahren wiederum wurde reformiert, ein neues Gesetz zur Verkürzung des Verfahrens auf den Weg gebracht.
So sollen Schuldner ab Mitte des Jahres die Chance haben, die sogenannte Wohlfahrtsperiode auf drei Jahre zu verkürzen. Von der Wohlverhaltensperiode sprechen Juristen, wenn sie auf die Jahre zu sprechen kommen, die mit dem Restschuldbefreiungsverfahrens einhergeht. Bislang waren das sechs Jahre. An die Verkürzung ist allerdings die Bedingung gekoppelt, einen Teil der Restschulden als auch die Verfahrenskosten zu tilgen.
Experten fordern Nachbesserung des Restschuldbefreiungsverfahrens
Im ersten Gesetzesentwurf war noch die Rede von 25 Prozent. Ein Viertel der Forderungen ihrer Gläubiger sollten Schuldner demnach aufbringen, wenn sie sie die Entschuldungsphase verkürzen wollten. In dem Entwurf, der schließlich vom Bundestag verabschiedet wurde, ist dieser Wert allerdings auf 35 Prozent angestiegen. Unkenrufen zum Trotz: So stimmte der Bundesrat zwar dem Gesetz zu, wandte aber ein: Selbst eine Quote von 25 Prozent – wie zuerst gefordert – sei für die meisten Schuldner kaum zu erreichen. 35 Prozent demnach erst Recht nicht.
Ein Anreizsystem sei aber immer nur dann effektiv, so der Bundesrat, wenn zumindest 15 Prozent aller Personen, die einen Insolvenzantrag gestellt hätten, die sogenannte Wohlverhaltensperiode tatsächlich auch kürzen könnten. Experten rechnen unterdessen damit, dass die tatsächliche Quote höher ausfällt: Hierzulande stehen Schuldner durchschnittlich mit 40 000 Euro in der Kreide. Macht 12 250 Euro, die Private allein an Gläubigerforderungen tilgen müssten, wenn sie ihr Verfahren verkürzen wollten. Addiert man zu diesen 35 Prozent allerdings die Verfahrenskosten hinzu, liegen Schuldner schnell bei 60 bis 70 Prozent Tilgung: summa summarum 28 000 Euro.
Weitere Ausnahmen von der Restschuldbefreiung
Waren bislang nur Geldstrafen und Forderungen aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen von der Befreiung ausgenommen, erweitert sich der Ausnahmenkatalog mit der Reform um diese Punkte:
- Ansprüche aus rückständigem Unterhalt
- Steuerschulden, sofern der Schuldner deshalb rechtskräftig verurteilt wurde
Zulässigkeit des Antrages zukünftig an engere Bedingungen geknüpft
Zukünftig werden Schuldner zudem neben bereits bestehenden Ausschlussgründen auch von der Restschuldbefreiung ausgenommen, wenn
- sie ihre Erwerbsobliegenheiten verletzen – also keine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben bzw. sich nicht um eine solche bemühen und zumutbare Tätigkeiten ablehnen.
- oder sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner gegen die sogenannte Wohlverhaltensphase verstoßen hat
Licht am Ende des Insolvenztunnels
Auf Erleichterung für Private hoffen lässt indes das Vehikel Insolvenzplan. Den durften bislang nur verschuldete Unternehmen vorlegen. Mit der Reform ist das ab Mitte des Jahres nun auch privaten Schuldnern gestattet. Damit eröffnet sich für Private die Chance, eine auf sie abgestimmte Schuldenbefreiung durchzusetzen. Bislang waren die Verfahren standardisiert.
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- kgl