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Entschuldung

Reform der Privat­in­solvenz: Gut ist, was alt ist

Das Gesetz zur Reform der Verbraucherinsolvenz tritt am 1. Juli 2014 in Kraft. © Quelle: Hollingsworth/corbisimages.com

Bislang galt für Private: Wer sich entschulden will, muss sechs Jahre darben. Mit der Reform der Verbrau­cher­insolvenz soll sich das ändern. Der Gesetzgeber will es Schuldnern leichter machen: Sie sollen die Zeit des Verzichts kürzen dürfen. Die daran gesteckten Bedingungen entpuppen sich aber als hohe Hürden.

„Gut ist vor allen Dingen, was nicht geändert wurde“, sagt Kai Henning. Der Rechts­anwalt ist Vorsit­zender der Arbeits­gruppe Verbrau­cher­insolvenz der Arbeits­ge­mein­schaft Insolvenzrecht und Sanierung des Deutschen Anwalt­vereins (DAV). Restschuld­be­freiung, Verfah­rens­kos­ten­stundung und Verfah­rens­er­öffnung blieben erhalten. „Gerade auch der arme Schuldner hat damit weiterhin eine faire Chance auf eine umfassende Restschuld­be­freiung“, so Henning.

Welche Änderungen kommen auf Schuldner zu?

Bislang funktio­nierte die Entschuldung für Private in vier Schritten:

  1. Aller Anfang des Regelinsolvenzverfahrens ist ein außergerichtlicher Einigungsversuch.
  2. Dem schließt sich ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren an.
  3. Das sogenannte Verbraucherinsolvenzverfahren wird wiederum erst eröffnet, wenn sowohl die außergerichtlichen als auch die Verhandlungen vor Gericht mit den Gläubigern gescheitert sind.Daraufhin wird das pfändbare Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös nach Abzug der Verfahrenskosten an die Gläubiger verteilt.
  4. Entschuldet werden Verbraucher schließlich im Restschuldbefreiungsverfahren.

Das Restschuld­be­frei­ungs­ver­fahren wiederum wurde reformiert, ein neues Gesetz zur Verkürzung des Verfahrens auf den Weg gebracht.

So sollen Schuldner ab Mitte des Jahres die Chance haben, die sogenannte Wohlfahrts­periode auf drei Jahre zu verkürzen. Von der Wohlver­hal­tens­periode sprechen Juristen, wenn sie auf die Jahre zu sprechen kommen, die mit dem Restschuld­be­frei­ungs­ver­fahrens einhergeht. Bislang waren das sechs Jahre. An die Verkürzung ist allerdings die Bedingung gekoppelt, einen Teil der Restschulden als auch die Verfah­rens­kosten zu tilgen.

Experten fordern Nachbes­serung des Restschuld­be­frei­ungs­ver­fahrens

Im ersten Gesetzes­entwurf war noch die Rede von 25 Prozent. Ein Viertel der Forderungen ihrer Gläubiger sollten Schuldner demnach aufbringen, wenn sie sie die Entschul­dungsphase verkürzen wollten. In dem Entwurf, der schließlich vom Bundestag verabschiedet wurde, ist dieser Wert allerdings auf 35 Prozent angestiegen. Unkenrufen zum Trotz: So stimmte der Bundesrat zwar dem Gesetz zu, wandte aber ein: Selbst eine Quote von 25 Prozent – wie zuerst gefordert –  sei für die meisten Schuldner kaum zu erreichen. 35 Prozent demnach erst Recht nicht.

Ein Anreiz­system sei aber immer nur dann effektiv, so der Bundesrat, wenn zumindest 15 Prozent aller Personen, die einen Insolvenz­antrag gestellt hätten, die sogenannte Wohlver­hal­tens­periode tatsächlich auch kürzen könnten. Experten rechnen unterdessen damit, dass die tatsächliche Quote höher ausfällt: Hierzulande stehen Schuldner durchschnittlich mit 40 000 Euro in der Kreide. Macht 12 250 Euro, die Private allein an Gläubi­ger­for­de­rungen tilgen müssten, wenn sie ihr Verfahren verkürzen wollten. Addiert man zu diesen 35 Prozent allerdings die Verfah­rens­kosten hinzu, liegen Schuldner schnell bei 60 bis 70 Prozent Tilgung: summa summarum 28 000 Euro.

Weitere Ausnahmen von der Restschuld­be­freiung

Waren bislang nur Geldstrafen und Forderungen aus vorsätzlich unerlaubten Handlungen von der Befreiung ausgenommen, erweitert sich der Ausnah­men­katalog mit der Reform um diese Punkte:

  • Ansprüche aus rückständigem Unterhalt
  • Steuerschulden, sofern der Schuldner deshalb rechtskräftig verurteilt wurde

Zulässigkeit des Antrages zukünftig an engere Bedingungen geknüpft

Zukünftig werden Schuldner zudem neben bereits bestehenden Ausschluss­gründen auch von der Restschuld­be­freiung ausgenommen, wenn

  • sie ihre Erwerbsobliegenheiten verletzen – also keine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben bzw. sich nicht um eine solche bemühen und zumutbare Tätigkeiten ablehnen.
  • oder sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner gegen die sogenannte Wohlverhaltensphase verstoßen hat

Licht am Ende des Insolvenz­tunnels

Auf Erleich­terung für Private hoffen lässt indes das Vehikel Insolvenzplan. Den durften bislang nur verschuldete Unternehmen vorlegen. Mit der Reform ist das ab Mitte des Jahres nun auch privaten Schuldnern gestattet. Damit eröffnet sich für Private die Chance, eine auf sie abgestimmte Schulden­be­freiung durchzu­setzen. Bislang waren die Verfahren standar­disiert.

Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
kgl
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