Recht oder falsch?!

Versicherung: Muss man die Tür zweimal abschließen?

Bei einer unverschlossenen Wohnungstür haben Einbrecher leichtes Spiel. © Quelle: moodboard/corbisimages.com

Ein Wohnungs­einbruch ist an sich schon ärgerlich genug. Oft haben Einbruchsopfer danach auch noch Probleme mit Ihrer Versicherung, weil Sie die Wohnung nicht ausreichend gesichert haben. Wir haben uns mit der Frage beschäftigt, ob man wirklich den Versiche­rungs­schutz verliert, wenn man die Haustüre nicht abschließt.

Die Zahl der Wohnungs­ein­brüche in Deutschland steigt seit Jahren. Nicht selten gelingt es profes­sio­nellen Einbre­cher­banden, innerhalb weniger Minuten sämtliche Wertge­gen­stände in Haus oder Wohnung aufzuspüren. Ein solches Eindringen in die Privat­sphäre ist für die Opfer häufig eine trauma­tische Erfahrung. Wer eine Hausrat­ver­si­cherung besitzt, hat aber zumindest die Chance, den materiellen Verlust ersetzt zu bekommen.

Zur Frage, unter welchen Bedingungen eine Versicherung bei einem Einbruch zahlt, gibt es verschiedene Gerüchte. In Internetforen ist häufig zu lesen, der Versicherte könne nur auf eine Erstattung hoffen, wenn er die Tür abgeschlossen habe. Gelegentlich wird auch behauptet, man sei verpflichtet, den Schlüssel dabei nicht nur ein, sondern zweimal umdrehen.

Leistung wird schrittweise gekürzt

Verliert man als Einbruchsopfer wirklich den kompletten Versiche­rungs­schutz, nur weil man vergessen hat abzusperren? Bis vor einigen Jahren war das tatsächlich möglich. „Früher galt im Versiche­rungsrecht ein Alles-oder-Nichts-Prinzip“, sagt Rechts­an­wältin Monika Maria Risch von der Arbeits­ge­mein­schaft Versiche­rungsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Bis zur Reform des Versiche­rungs­ver­trags­ge­setzes im Jahr 2008 erhielt der Versiche­rungs­nehmer entweder die volle Erstattung oder – bei Fehlver­halten – gar nichts. „Heute ist die Regelung differen­zierter: Das Gesetz sieht vor, dass die Leistung je nach Fehlver­halten des Versiche­rungs­nehmers gekürzt wird“, sagt Rechts­an­wältin Risch.

Im Falles eines Einbruchs heißt das: Wer das ihm Mögliche getan hat, den Einbruch zu verhindern, erhält den vollen Schaden ersetzt. Auch wer sich fahrlässig verhalten und beispielsweise das Fenster auf Kipp gelassen hat, geht nicht unbedingt leer aus. Er muss aber mit einer Kürzung der Versiche­rungs­leistung rechnen. „Wie hoch die Kürzung ausfällt, hängt immer von den Umständen im jeweiligen Einzelfall ab“, sagt Rechts­an­wältin Risch vom DAV.

Lässt man das Fenster über die Dauer einer ganzen Urlaubsreise gekippt, wird ein Gericht eine höhere Kürzung für gerecht­fertigt halten, als wenn das Fenster nur wenige Stunden offen stand. Hinzu kommen weitere Faktoren: Wer beispielsweise besonders hochwertige Gegenstände in der Wohnung zurücklässt, muss mit höheren Kürzungen rechnen als jemand mit durchschnitt­lichem Haushalt.

Genauso ist es auch beim Abschließen der Tür. Je fahrlässiger man sich hier verhält, desto weniger muss die Versicherung zahlen. Aber was genau ist fahrlässig?

Türen müssen abgeschlossen werden

Grundsätzlich sind Versiche­rungs­nehmer laut geltender Rechtsprechung verpflichtet, die Tür beim Verlassen der Wohnung abzuschließen. Ein bloßes Zuziehen der Tür kann nur dann ausreichend sein, wenn man sich nur ganz kurz aus der Wohnung entfernt. Was aber ist „ganz kurz“?

Hier kann man davon ausgehen, dass Gerichte einen Gang zum Kiosk an der Ecke oder das Abholen eines Paketes beim Nachbarn akzeptieren – aber nicht mehr. Das Landgericht Kassel entschied 2010 beispielsweise, dass es bereits bei einer Abwesenheit von gut zwei Stunden grob fahrlässig ist, die Tür nur zuzuziehen und nicht abzuschließen – dies rechtfertige eine Kürzung der Versiche­rungs­leistung um 50 Prozent (AZ: 5 O 2653/09).

Wer sicher sein will, dass die Hausrats­ver­si­cherung bei einem Einbruch in vollem Umfang leistet, sollte also definitiv bei jedem Verlassen von Haus oder Wohnung die Tür abschließen.

Bleibt noch die Frage, ob der Wohnungs­inhaber ein- oder zweimal abschließen muss. Aus der bisherigen Rechtsprechung lässt sich keine Pflicht des Versiche­rungs­nehmers ableiten, den Schlüssel zweimal zu drehen. Da wie oben erläutert allerdings im Einzelfall vor Gericht alle Faktoren gewertet werden, ist es durchaus vorstellbar, dass ein Gericht es als Versäumnis des Wohnungs­in­habers ansieht, wenn dieser nur einmal abschließt – vor allem bei sehr langen Abwesen­heiten wie Urlaubs­reisen. Deshalb gilt beim Abschließen: Doppelt hält im Zweifel besser – auch vor Gericht.