Wo eben noch eine alte Eiche stand, liegt nun nur ein Haufen Äste: Bei manchen Stürmen knicken selbst kräftige, gesunde Bäume um wie Streichhölzer. Nicht selten fallen sie auf Häuser oder Autos – und können dabei großen Schaden anrichten.
Ab wann gilt ein Sturm – versicherungsrechtlich – als Sturm?
Die Stärke eines Sturms definiert die Beaufort-Skala: Eine leichte Brise wird auf dieser Skala mit der Ziffer zwei bewertet, ein steifer Wind schon mit der Zahl 7 bedacht. „Die Grenze für ein versichertes Sturmereignis liegt in den üblichen Bedingungen bei acht“, sagt Rechtsanwältin Kerstin Hartwig aus der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Sturmschäden: Wie melde ich sie der Versicherung?
Hartwig rät: Wer einen Sturmschaden bei seiner Versicherung angeben will, kann sich auf diese Skala berufen. „Beaufort ist als Bemessungsgröße höchstrichterlich anerkannt“. Welche Windstärke bei einem Sturm geherrscht hat, lässt sich über den Deutschen Wetterdienst ermitteln.
„Aber selbst wenn die Windstärke für den Schadensort nicht feststellbar ist, kann Versicherungsschutz bestehen“, sagt die Fachanwältin für Versicherungsrecht. Ein Sturmschaden am Haus kann gegenüber einer Versicherung auch dann nachgewiesen werden, wenn das Gebäude vor dem Sturm im einwandfreien Zustand war und der Schaden nur durch den Sturm herzuleiten ist. Für den Vorher-Nachher-Beweis sollten Hauseigentümer einen Gutachter einschalten.
Wie kann ich mich wehren, wenn mit einer Ausschlussklausel die Zahlung ausschließt?
Strittig können sogenannte Ausschlussklauseln sein – also solche Klauseln in Versicherungsverträgen, die eine Schadenübernahme in bestimmten Fällen nicht vorsehen. Hier „kann man gelegentlich den Hebel ansetzen“, sagt Rechtsanwältin Hartwig und verweist Sturmopfer darauf, sich wehren zu können: „Ausschlussklauseln sind immer dann ungültig, wenn sie einen Versicherten unangemessen benachteiligen“. Das müsse im Zweifel von Fall zu Fall entschieden werden. Eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt berät Sie dazu, wie Sie am besten vorgehen.
Sturmschäden am Haus: Wer zahlt, wenn mein Eigenheim beschädigt wird?
Ein Sturm kann einem Eigenheim schwer zusetzen: Starke Windböen wehen Ziegel vom Dach, umherfliegende Gegenstände können auf das Haus geschleudert werden oder Bäume darauf fallen.
Derlei Schäden werden von Versicherungen gedeckt, die jeder Hauseigentümer abschließen sollte: Wohngebäudeversicherung und Hausratversicherung.
Die Wohngebäudeversicherung deckt dabei die Schäden am Haus selbst. Die Hausratversicherung kommt für Sturmschäden an der Einrichtung auf – zum Beispiel, wenn der Sturm ein Loch im Gebäudedach verursacht und Regenwasser eindringt, das anschließend die Möbel beschädigt.
Sturmschäden am eigenen Haus: Was ist zu tun?
Damit die Versicherung zahlt, müssen Hauseigentümer wissen: „Wenn der Sturm das Haus in Mitleidenschaft gezogen hat, muss der Eigentümer als erstes die Versicherung informieren und eine Schadensanzeige stellen“, sagt Rechtsanwalt Michael Piepenbrock, Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im DAV. Danach solle er die Weisung des Versicherers abwarten. Diese müsse Gelegenheit haben, sich den Schaden selbst anzuschauen.
Wer so lange nicht warten kann oder will, muss den Schaden dokumentieren, bevor er aufräumt. Mit Fotos lässt sich später beweisen, was passiert ist. Der nächste Schritt ist, von einem Fachunternehmer ein Angebot zur Reparatur einzuholen.
Wann muss ich für Sturmschäden an anderen Häusern und Autos haften?
Lösen sich Dachziegel vom Haus, können diese andere Häuser oder Autos beschädigen. Hauseigentümer können in der Regel dafür haftbar gemacht werden. Auch der Verweis auf höhere Gewalt hilft meist nicht.
Aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm aus dem Jahr 2010 geht hervor: Von einem sorgfältig gewarteten Haus sollten sich unterhalb einer Windstärke von 12 Beaufort keine Teile ablösen – das entspricht einem Orkan mit Windgeschwindigkeiten von 118-133 km/h (AZ: 13 U 145/09). Andernfalls kann dem Besitzer eine mangelhafte Instandhaltung seines Hauses vorgeworfen werden.
Ein Baum von meinem Grundstück ist auf ein fremdes Auto gefallen: Muss ich zahlen?
Wer ein Grundstück besitzt, hat dafür die Verkehrssicherungspflicht – auch für die Bäume darauf. Verletzt er diese Pflicht, muss er haften. „Eigentümer müssen ihren Baumbestand zwei Mal im Jahr prüfen und die Bäume auf Totholz und Schäden absuchen“, sagt Rechtsanwalt Piepenbrock.
Stürzt bei einem Sturm ein Baum um und beschädigt Eigentum des Nachbarn, kann der Baumbesitzer dafür haftbar gemacht werden – selbst, wenn keine Schäden am Baum sichtbar waren. Es reicht schon, wenn der Baum alt und dadurch brüchig ist. Das zeigt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2002 hervor (AZ: 4 U 73/01). Hat der Eigentümer seine Pflicht verletzt, springt die Grundstückseigentümerhaftpflichtversicherung ein.
„War der Sturm allerdings so heftig, dass auch ein gesunder Baum umgefallen wären, haftet der Eigentümer nicht“, erklärt Piepenbrock.
Wer haftet, wenn ein Baum auf mein Auto kracht?
Mitunter krachen Bäume oder Dachziegel an Tagen eines wütenden Sturms auf das eigene Auto. In der Regel haftet in solchen Fällen die Teil- oder Vollkaskoversicherung des Halters des Autos. Dabei ist nicht der Wiederbeschaffungswert versichert, sondern lediglich der Zeitwert des Autos. Will heißen: Der Wert des Autos wird anhand des Gebrauchs, des Verschleißes und sonstiger bereits vor dem Sturm aufgetretener Schäden bestimmt – und dieser dann gegebenenfalls ersetzt.
Stammt der Baum von einem fremden Grundstück haftet unter Umständen der Besitzer des Grundstücks, auf dem der Baum stand, bevor er auf das Auto gefallen ist. Privatleute oder die öffentliche Hand haften aber immer nur dann, sagt Rechtsanwältin Hartwig, „wenn das Gefährdungspotential vor dem Sturm erkennbar und damit behebbar war“. Das bedeutet, dass er hätte wissen müssen, dass der Baum gefährlich war (s. oben).
Wer ist dafür verantwortlich umgestürzte Bäume wegzuschaffen?
Hat der Eigentümer seine Verkehrssicherungspflicht verletzt, sind umgestürzte Bäume Folgekosten des Haftpflichtschadens. Das heißt, der Eigentümer muss sich darum kümmern und die Versicherung zahlt die Kosten. Ist ein Baum vom eigenen Grundstück aufs Haus gestürzt, zahlt die Gebäudeversicherung.
Darf ich umgestürzte Bäume als Brennholz mit nach Hause nehmen?
Auch wenn Äste und Zweigen scheinbar herrenlos herumliegen – einfach ins Auto laden und mit nach Hause nehmen darf man sie nicht. Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum gestanden hat, ist auch Besitzer des Holzes. Wer es dennoch mitnimmt, macht sich des Diebstahls schuldig.
Was passiert, wenn ich einen umgefallenen Baum anfahre?
Hier greift die Teilkasko meist nicht, sondern lediglich die Vollkaskoversicherung. Liegt der Baum dagegen schon länger auf der Straße und wird dadurch ein Unfall verursacht, kann es passieren, dass die Versicherung keinen Cent zahlt. Das entschied das Landgericht Ellwangen bereits 1994 (AZ: 2 O 338). Für alle Sturmschäden gilt jedoch: Die selbstgewählte Eigenbeteiligung greift immer. Ganz kostenfrei kommen Sie also nicht durch mögliche Sturmschäden.
Haftungsstreit wegen Sturmschäden? Anwälte helfen
Ihr Auto oder Ihr Haus wurden durch einen Sturm beschädigt und die Versicherung zahlt nicht? Oder Sie wissen nicht, an wen Sie sich wegen der Schäden wenden sollen? Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte für Versicherungsrecht beziehungsweise Reiserecht beraten Sie und können Ihnen helfen, Ihre Ansprüche durchzusetzen. Ansprechpartner in ganz Deutschland finden Sie in unserer Anwaltssuche.
- Datum
- Aktualisiert am
- 01.11.2017
- Autor
- red