
Die Werbesprache der Versicherer klingt verheißungsvoll: „Wir wollen, dass Sie ihr Recht bekommen“ schreibt sich der Versicherer D.A.S. auf die Fahne. Noch eindringlicher zielt die HUK Coburg auf potenzielle Kunden ab: „Sie möchten bei einem Rechtsstreit bestens abgesichert sein – zu günstigen Preisen?“ Günstig mögen die Angebote der Versicherer tatsächlich sein. Der Zeitschrift Finanztest zufolge sind Versicherte aber zufriedener, wenn sie ihren Rechtsanwalt frei gewählt haben.
„Rechtsschutzversicherer wollen keine aufgeklärten Kunden“
Rechtsschutzversicherungen sind keine Rundumsorglos-Pakete – dessen sollten sich Versicherte bewusst sein. Die Unternehmen zielen in erster Linie auf Gewinne ab. Dementsprechend strotzen die Verträge der Assekuranz vor Leistungsausschlüssen – je weniger Ansprüche dem Klienten zustehen, desto günstiger sind sie für die Versicherer. Desto höher ist allerdings auch das Risiko der Versicherten, nicht zu ihrem Recht zu kommen.
„Nur der aufgeklärte Kunde kann darüber entscheiden, wie er seinen Konflikt lösen möchte“, sagt Maria Risch. Die Rechtsanwältin ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Viele Versicherer würden das aber gerade zu verhindern suchen, kritisiert die Rechtsanwältin: „Rechtsschutzversicherer wollen keinen aufgeklärten Kunden, sondern einen, der wenig kostet.“
Ein Weg für die Versicherer die Kosten klein zu halten führt zu ihren Vertragsanwälten. „Wenn der Kunde anruft, haben Versicherer geschultes Personal, das erst mal einen Anwalt aus dem Netzwerk vermittelt – der berät telefonisch“, so Rechtsanwältin Risch: Im Zweifel würde der Versicherte mit seinem Anliegen aber auch schon mal an einen Vertragsanwalt weitergeleitet, der sich damit nicht auskennt – weil es nicht sein Fachgebiet ist.
Das Urteil aus Karlsruhe
„Die freie Anwaltswahl gibt es in Versicherungsverträgen – aber die ist teuer“, sagt Risch. Daran wird sich so schnell nichts ändern. Die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) haben Heute zugunsten der Versicherer entschieden.
Im konkreten Fall hatte die Rechtsanwaltskammer München gegen einen Rechtsschutzversicherer geklagt. Der sieht in seinen Verträgen ein sogenanntes Bonus-Malus-System vor: finanzielle Anreize für solche Klienten, die sich für einen Vertragsanwalt und damit gegen ihr Recht auf einen frei bestimmten Anwalt entscheiden. Beharren die Versicherten auf die freie Anwaltswahl, werden sie vom Versicherer herabgestuft und müssen in einem weiteren Versicherungsfall eine höhere Selbstbeteiligung zahlen.
Geld oder Vertrauen
Mit dem Urteil will sich Rechtsanwältin Risch nicht zufrieden geben: „Wir werden darüber nachdenken müssen, ob gegebenenfalls mit Hilfe des Gesetzgebers der Bedingungsgestaltung durch die Rechtsschutzversicherer Schranken gezogen werden können.“
Für Versicherungsnehmer sei nun wichtiger denn je, sich die Frage zu stellen, ob es einem wichtiger sei, einen Rechtsanwalt des Vertrauens einzuschalten, oder den wirtschaftlichen Anreizen des Unternehmens zu folgen.
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- red