Rechtsschutzversicherte dürfen ihren Anwalt frei wählen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) für Europas Versicherte entschieden (Az.: C 442/12). Das Wahlrecht gilt auch in den Fällen, in denen ein rechtlicher Beistand vor Gericht nicht vorgeschrieben ist, urteilten die Richter im Fall eines Niederländers. Ins deutsche Recht übertragbar ist das Urteil allerdings nicht.
Signal nach Karlsruhe für die freie Anwaltswahl
„Bedingungen wie im Fall des Niederländers gibt es in Deutschland nicht“, sagt Monika Maria Risch. Die Rechtsanwältin ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein. Deshalb sei der Fall nicht ins deutsche Recht übertragbar. Das Urteil setze aber ein wichtiges Signal für die freie Anwaltswahl.
Den Richtern lag der Fall eines Niederländers vor: Der wollte gegen seinen ehemaligen Chef zu Felde ziehen und bestellte dazu einen Anwalt, um sich vor Gericht vertreten zu lassen. Die Kosten wollte seine Rechtsschutzversicherung allerdings nicht tragen. Das Unternehmen berief sich auf den Versicherungsvertrag: In dem war zunächst vorgesehen, dass der Versicherer eigene Mitarbeiter mit der Bearbeitung des Falls betrauen darf, auch wenn es sich bei denen um keine Rechtsanwälte handelt. Einen frei vom Versicherungsnehmer gewählten Anwalt – wehrte sich die Versicherung – decke der Vertrag hingegen nicht ab. Zu Unrecht, wie die Richter des EuGH entschieden.
Fortsetzung am Bundesgerichtshof
Anfang Dezember steht hierzulande ein ähnlich gelagerter Fall vor Gericht. Die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) müssen entscheiden, ob Rechtsschutzversicherer mittels wirtschaftlicher Anreize Einfluss auf die freie Anwaltswahl ihrer Kunden nehmen dürfen.
Sie glaube kaum, dass der BGH das Urteil aus Luxemburg noch berücksichtigen werde, sagt Anwältin Risch. Die Argumentation des EuGH werde den Richtern am BGH aber nicht fremd sein.
Grundsatzkritik am Vorgehen der Versicherer
„Nur der aufgeklärte Kunde kann darüber entscheiden, wie er seinen Konflikt lösen möchte,“ sagt Risch. Viele Versicherer würden das aber gerade zu verhindern suchen, kritisiert die Rechtsanwältin: „Rechtsschutzversicherer wollen keinen aufgeklärten Kunden, sondern einen, der wenig kostet.“ Also schalteten sie eigene Mitarbeiter oder Telefonvermittler ein. Dass die den Versicherten als Mediatoren zur Streitschlichtung angepriesen würden, hält sie für irreführend.
Den Versicherten aufzuklären, sei weder die Aufgabe von Mediatoren, noch sonstiger Vermittler, die auf der "Payroll" der Versicherer stehen, so die Versicherungsrechtlerin. Hinter der sogenannte Payroll verbergen sich Tochterunternehmen des Versicherers, die im Interesse des Konzerns arbeiten. Aufklärung und Rechtsberatung sei die Aufgabe von Anwälten: „Der Mediator soll eine neutrale Person sein, die keine Rechtsberatung durchführen darf“, und weiter: „Wir haben nichts gegen Mediation. Sie sollte aber anwaltlich begleitet werden. Nur dann sei sichergestellt, dass Versicherte über ihre Rechte aufgeklärt würden."
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- red