
Wer haftet, wenn eine Rakete abdriftet und Schaden anrichtet?
Nichts zwangsläufig derjenige, der sie abfeuert. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied 2009, dass es grundsätzlich erlaubt ist, an Silvester Feuerwerksraketen – einem volkstümlichen Brauch folgend – abzuschießen (AZ: V ZR 75/08). In dem konkreten Fall hatte der Beklagte eine Silvesterrakete von seinem Grundstück abgeschossen. Sie flog unglücklich in eine Öffnung einer Nachbarscheune, explodierte und steckte den gesamten Gebäudekomplex in Brand. Die Versicherung des Nachbarn forderte anschließend 420.000 Euro. Zu unrecht, wie der BGH entschied.
Unabhängig dieses speziellen Falls, ist es für Gerichtsverhandlungen mitunter entscheidend, dass für das Abbrennen einer Rakete ein Platz ausgewählt wurde, von dem aus auch dann kein Schaden ausgehen kann, sollte die Rakete abdriften (das hat 2002 das Amtsgericht Berlin-Mitte entschieden, AZ: 25 C 177/01).
Ein Gast verursacht am Silvesterabend einen Brand in der Wohnung. Wer muss für den entstandenen Schaden aufkommen?
Der, der die Rakete anzündet, muss sie auch überwachen und demnach für den Schaden aufkommen – könnte man meinen. Doch sind auch die Gastgeber in der Pflicht, die entzündeten Feuerwerkskörper zu überwachen. Das entschied das Oberlandesgericht Köln bereits im Jahr 2000 (AZ: 11 U 126/99). In diesem Fall feierte die Tochter der Kläger mit Erlaubnis eine Silvesterparty im Haus der Eltern. Ein Gast verursachte dabei einen Brand, die Eltern verklagten ihn auf Schadenersatz. Nur zum Teil bekamen sie Recht, das Gericht kürzte den Anspruch auf ein Drittel des Gesamtschadens. Die Begründung: Die Tochter sei für den Brand ebenso verantwortlich wie der Jugendliche. Die Eltern hätten die Tochter während ihrer Abwesenheit mit der Aufsicht über das Hausgrundstück betraut. Damit sei sie für die Abwendung des Schadens von dem Haus genauso verpflichtet wie ihre Eltern. Die Eltern müssten sich allerdings das Verhalten der Tochter zurechnen lassen, wenn sie ihr mit der Wahrnehmung ihrer eigenen Sorgfaltspflichten beauftragten.
Besser doch nur Bleigießen – oder was ist erlaubt?
Wenn folgende Punkte eingehalten wurden, drohen in der Regel keine oder nur geringe Strafen:
- Wenn die verwendeten Feuerwerkskörper erlaubnisfrei und zugelassen sind
- wenn das Feuerwerk ordnungsgemäß abgeschossen wird,
- wenn weitere Personen in der Nähe sind, die den Vorgang beobachten können.
Doch diese Punkte müssen im Falle einer Gerichtsverhandlung bewiesen werden – mitunter eine knifflige Aufgabe.
Der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) zufolge müssen folgende Punkte beim Kauf von Feuerwerkskörpern beachtet werden:
- Es gibt zwei Gruppen von Feuerwerkskörpern: Knallkörper, Feuerwerksbatterien oder Raketen sind mit dem Kürzel KAT2 versehen. Sie dürfen nur von Erwachsenen gezündet werden.Feuerwerkskörper aus der Kategoerie KAT1 dürfen ganzjährig und von Personen ab zwölf Jahren abgebrannt werden.
- Zudem sind alle geprüften Feuerwerkskörper innerhalb Europas mit einer Registriernummer versehen. Die ersten vier Ziffern geben einen Hinweis auf die Prüfstelle. 0589 steht beispielsweise für die BAM. In Deutschland verkaufte Produkte müssen zudem eine Identifikationsnummer mit einem BAM-Hinweis haben (Bsp.: BAM-F2-0001). Und zudem befindet sich auf dem Artikel ein CE-Kennzeichen.
- Ein letzter wichtiger Punkt sind der Name und die Adresse des Herstellers oder Importeurs. Auch muss beschrieben werden, um welche Art von Feuerwerk es sich handelt. Die Gebrauchsanweisung muss in Deutsch abgedruckt sein und zuletzt ist das Siegel des Verbands der pyrotechnischen Industrie VPI ein gutes Indiz für legales Feuerwerk.
Wann haftet welche Versicherung?
Wenn der Betroffene nachweisen kann, dass weder Vorsatz, noch grobe Fahrlässigkeit vorgelegen haben, als er einen Feuerwerkskörper entzündete und dieser Schaden angerichtet hat, haftet die private Haftpflichtversicherung. Sollte ein Schaden am eigenen Haus entstanden sein und der Urheber ist nicht zu ermitteln, greift die Wohngebäudeversicherung. Die private Unfallversicherung kommt ins Spiel, wenn ein Silvesterunfall zu Invalidität führt.
Haften Eltern für ihre Kinder, wenn diese Schaden mit Feuerwerkskörpern anrichten?
Eltern haben eine Aufsichtspflicht gegenüber ihrer Kinder. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 832) heißt es: „Wer kraft des Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit [...] der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt.“ Grundsätzlich gilt auch: Kinder unter sieben Jahren haften nie, zwischen acht und 18 Jahren muss der Einzelfall entscheiden. Sie haften immer dann, wenn sie die „nötige Einsichtigkeit“ besitzen.
In einem Fall aus dem Jahr 2001 verurteilte beispielsweise das Landgericht München die Mutter eines 13-jährigen Jungen zur Zahlung von Schmerzensgeld. Ihr Sohn verursachte durch den Wurf eines Böllers einem elfjährigen Mädchen ein Knalltrauma. Hätte die Mutter indes nachweisen können, dass sie ihrer Aufsichtspflicht sehr wohl nachgekommen ist, doch auch dieser Umstand den Vorfall nicht hat verhindern können, wäre sie straffrei ausgegangen.
Für die Entscheidung des Gericht trug zudem bei, dass die Mutter den verwendeten Böller nicht ausreichend vor dem Zugriff des Kindes sicherte, ihn in einem Werkzeugkoffer versteckte (AZ: 31 S 23681/00).
- Datum
- Aktualisiert am
- 22.12.2015
- Autor
- red/dpa