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Lebensversicherung

Lebens­ver­si­cherer in der Insolvenz: Aus für die Versiche­rungs­verträge?

Der aktuell niedrige Leitzins bringt nicht nur private Sparer, sondern auch Versicherer in die Bredouille. © Quelle: maxuser/gettyimages.com 

Früher war alles besser, hören vor allem junge Leute sehr oft. Ob das stimmt, hängt meist vom persön­lichen Empfinden ab. Derzeit trifft es zumindest auf Menschen und Unternehmen zu, die langfristig Geld anlegen wollen. Durch den niedrigen Leitzins der EZB fallen Kapital­erträge seit Jahren sehr gering aus. Das ist schlecht für Besitzer des guten alten Sparbuchs, aber auch für Versiche­rungen. Denn diese legen ihre Gelder ebenfalls an, um ihren Vertrags­pflichten nachkommen zu können. Durch die niedrigen Zinsen fehlen ihnen nun Einnahmen. Im schlimmsten Fall droht eine Insolvenz. Doch was passiert in diesem Fall mit den Versiche­rungs­ver­trägen?

Versiche­rungen springen ein, wenn ein Unglück geschieht und fangen den finanziellen Schaden auf. Versiche­rungs­verträge, vor allem für Lebens­ver­si­che­rungen, lassen deshalb viele Deutsche ruhiger schlafen. Doch auch Versiche­rungen sind normale Wirtschafts­un­ter­nehmen und können deshalb insolvent werden. Aber auch wenn das sehr selten vorkommt, lohnt ein Blick darauf, was dann passieren kann.

Versiche­rungen haben Aufklä­rungs­pflichten und Rettungs­me­cha­nismen

Der Rechts­anwalt Thomas Leithoff von der Arbeits­ge­mein­schaft Versiche­rungsrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) hat eine beruhigende Antwort parat. Dem Anwalt und Versiche­rungs­kaufmann zufolge gibt es zahlreiche gesetzliche Aufklä­rungs­pflichten und Rettungs­me­cha­nismen, die die Interessen der Versiche­rungs­nehmer schützen.

Verbraucher: Informieren vor Vertrags­ab­schluss ist Trumpf

Dennoch gilt: Wer als Verbraucher eine Lebens­ver­si­cherung abschließen möchte, sollte sich vor seiner Entscheidung nicht nur über Policen und Bedingungen informieren, sondern auch einen Blick hinter die Kulissen werfen, um Einblick in die finanzielle Lage des Versicherers zu erlangen. „So können Verbraucher die jährlich erschei­nenden Geschäfts­be­richte zu Rate ziehen und sich darüber hinaus durch andere freiwillig veröffent­lichte Zahlen des Versiche­rungs­un­ter­nehmens schlau machen“, sagt Rechts­anwalt Leithoff. Der regelmäßige Blick in den Wirtschafteil der Zeitung könne schon weiter­helfen.

Auch die Veröffent­li­chungen seitens der Rating-Agenturen, die die Versiche­rungs­un­ter­nehmen über einen längeren Zeitraum beobachten und deren Geschäfts­be­richte analysieren, geben Aufschluss. „Jedoch ist das Studium von Bilanzen und Wirtschafts­nach­richten sicher nicht jedermanns Sache“, weiß der Rechts­anwalt aus Berlin.

Anwalt oder Makler zu Rate ziehen

Die Arbeits­ge­mein­schaft Versiche­rungsrecht des DAV empfiehlt vor dem Abschluss großer Versiche­rungen, zu denen die Lebens­ver­si­cherung gehört, das Gespräch mit einem auf das Versiche­rungsrecht spezia­li­sierten Rechts­anwalt. Ein guter Ansprech­partner ist auch ein Versiche­rungs­makler, der vom gewählten Versiche­rungs­un­ter­nehmen unabhängig ist.

Drohende Insolvenz: Neues Versiche­rungs­auf­sichts­gesetz ab Januar 2016

Doch was wird aus bereits abgeschlossenen Lebens­ver­si­che­rungs­ver­trägen, wenn sich die finanzielle Lage seines Versicherers so weit verschlechtert, dass Insolvenz droht? Hier greift das Versiche­rungs­auf­sichts­gesetz, das ab dem 1. Januar 2016 gilt.

Es unterscheidet zwischen Maßnahmen, die der Versicherer zu ergreifen hat, um eine Insolvenz abzuwenden und was geschieht, wenn der Insolvenzfall bereits eingetreten ist. „Zunächst einmal müssen Versiche­rungs­un­ter­nehmen über geeignete Verfahren verfügen, mit denen sie eine Verschlech­terung ihrer finanziellen Lage rechtzeitig feststellen“, erklärt Rechts­anwalt Leithoff.

Drohende Insolvenz: Melden und Sanierungsplan vorlegen

Eine verschlechterte Finanzlage muss der Versicherer dann unverzüglich der Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leis­tungs­aufsicht (BaFin) melden. Wann das genau notwendig ist, regelt das Versiche­rungs­auf­sichts­gesetz. Wird die Meldepflicht nicht beachtet, drohen Bußgelder von bis zu fünfzig­tausend Euro. Gleich­zeitig mit der Meldung muss der Versicherer einen Sanierungsplan zur Genehmigung vorlegen. Dieser muss darüber Auskunft geben, wie der Versicherer seine Eigenmittel aufstocken wird oder das Risiko­profil senkt.

Kann er keine weiteren Eigenmittel aufbringen, muss der Versicherer die Betriebs­kosten senken, die Anlage­strategie anpassen oder die Rückver­si­che­rungs­politik neu ausrichten, um in eine stabile finanzielle Lage zu gelangen. Die Maßnahmen, die der Versicherer zu diesen Zwecken ergreifen möchte, muss er der Aufsichts­behörde darlegen. So wird sicher­ge­stellt, dass die BaFin die Vorgänge beobachten kann, um gegebe­nenfalls rechtzeitig einzugreifen.

Insolvenz: Interessen der Versicherten haben Vorrang

Sollten die genannten Sicher­heits­maß­nahmen keine Wirkung zeigen und der Versicherer Insolvenz anmelden müssen, ist ausschließlich die Aufsichts­behörde berechtigt, das Insolvenz­ver­fahren zu eröffnen. Damit ist sicher­ge­stellt, dass im Insolvenz­ver­fahren die Interessen der Versicherten im Vordergrund stehen. So dienen die Werte des Sicherungs­ver­mögens vorrangig der Erfüllung der Forderungen durch die Versicherten.

Die Aufsichts­behörde kann allerdings zeitweise alle Arten von Zahlungen verbieten. Dazu zählen insbesondere Versiche­rungs­leis­tungen, Gewinn­ver­teilung und bei Lebens­ver­si­che­rungen den Rückkauf oder die Beleihung sowie Voraus­zah­lungen.

„Das hat natürlich unmittelbar Auswir­kungen auf die Versiche­rungs­nehmer, dient aber dazu, die Sanierung der Gesell­schaft zu ermöglichen“, kommentiert der Versiche­rungs­experte. Sei eine Sanierung auch durch diese Maßnahmen nicht möglich, würde die BaFin anordnen, dass Leistungen aus den Versiche­rungs­ver­trägen dem Vermögenstand entsprechend herabgesetzt würden.

Insolvenz unausweichlich: Lebens­ver­si­che­rungs­verträge werden ungültig

Dabei kann die Aufsichts­behörde ungleichmäßig verfahren, nämlich wenn beispielsweise eine Gruppe von Versicherten über Verträge mit einem garantierten Zins von vier Prozent verfügt und das Versiche­rungs­un­ter­nehmen keine Möglichkeit hat, diese Zinsen zu erwirt­schaften, beziehungsweise das Bemühen darum den Versicherer erst in die Schieflage gebracht hat.

Ist ein Lebens­ver­si­cherer trotz aller Bemühungen nicht zu retten, erlöschen die Lebens­ver­si­che­rungs­verträge. So sieht es das europäische Recht vor. „Es wird in Deutschland nicht so weit kommen, dass ein Versicherer Insolvenz anmelden muss“, gibt Rechts­anwalt Leithoff Entwarnung.

„Bereits im Vorfeld wird die BaFin dafür sorgen, dass die Lebens­ver­si­che­rungs­verträge in einen Sicherungsfonds übergehen, der diese Verträge dann übernimmt und bis zum Vertragsende weiterführt.“ In Deutschland sei das die Protektor Lebens­ver­si­cherungs-AG.

Datum
Aktualisiert am
22.12.2015
Autor
red
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Themen
Insolvenz Lebens­ver­si­cherung Versicherung Vorsorge

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