Versicherungen springen ein, wenn ein Unglück geschieht und fangen den finanziellen Schaden auf. Versicherungsverträge, vor allem für Lebensversicherungen, lassen deshalb viele Deutsche ruhiger schlafen. Doch auch Versicherungen sind normale Wirtschaftsunternehmen und können deshalb insolvent werden. Aber auch wenn das sehr selten vorkommt, lohnt ein Blick darauf, was dann passieren kann.
Versicherungen haben Aufklärungspflichten und Rettungsmechanismen
Der Rechtsanwalt Thomas Leithoff von der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hat eine beruhigende Antwort parat. Dem Anwalt und Versicherungskaufmann zufolge gibt es zahlreiche gesetzliche Aufklärungspflichten und Rettungsmechanismen, die die Interessen der Versicherungsnehmer schützen.
Verbraucher: Informieren vor Vertragsabschluss ist Trumpf
Dennoch gilt: Wer als Verbraucher eine Lebensversicherung abschließen möchte, sollte sich vor seiner Entscheidung nicht nur über Policen und Bedingungen informieren, sondern auch einen Blick hinter die Kulissen werfen, um Einblick in die finanzielle Lage des Versicherers zu erlangen. „So können Verbraucher die jährlich erscheinenden Geschäftsberichte zu Rate ziehen und sich darüber hinaus durch andere freiwillig veröffentlichte Zahlen des Versicherungsunternehmens schlau machen“, sagt Rechtsanwalt Leithoff. Der regelmäßige Blick in den Wirtschafteil der Zeitung könne schon weiterhelfen.
Auch die Veröffentlichungen seitens der Rating-Agenturen, die die Versicherungsunternehmen über einen längeren Zeitraum beobachten und deren Geschäftsberichte analysieren, geben Aufschluss. „Jedoch ist das Studium von Bilanzen und Wirtschaftsnachrichten sicher nicht jedermanns Sache“, weiß der Rechtsanwalt aus Berlin.
Anwalt oder Makler zu Rate ziehen
Die Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht des DAV empfiehlt vor dem Abschluss großer Versicherungen, zu denen die Lebensversicherung gehört, das Gespräch mit einem auf das Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Ein guter Ansprechpartner ist auch ein Versicherungsmakler, der vom gewählten Versicherungsunternehmen unabhängig ist.
Drohende Insolvenz: Neues Versicherungsaufsichtsgesetz ab Januar 2016
Doch was wird aus bereits abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen, wenn sich die finanzielle Lage seines Versicherers so weit verschlechtert, dass Insolvenz droht? Hier greift das Versicherungsaufsichtsgesetz, das ab dem 1. Januar 2016 gilt.
Es unterscheidet zwischen Maßnahmen, die der Versicherer zu ergreifen hat, um eine Insolvenz abzuwenden und was geschieht, wenn der Insolvenzfall bereits eingetreten ist. „Zunächst einmal müssen Versicherungsunternehmen über geeignete Verfahren verfügen, mit denen sie eine Verschlechterung ihrer finanziellen Lage rechtzeitig feststellen“, erklärt Rechtsanwalt Leithoff.
Drohende Insolvenz: Melden und Sanierungsplan vorlegen
Eine verschlechterte Finanzlage muss der Versicherer dann unverzüglich der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) melden. Wann das genau notwendig ist, regelt das Versicherungsaufsichtsgesetz. Wird die Meldepflicht nicht beachtet, drohen Bußgelder von bis zu fünfzigtausend Euro. Gleichzeitig mit der Meldung muss der Versicherer einen Sanierungsplan zur Genehmigung vorlegen. Dieser muss darüber Auskunft geben, wie der Versicherer seine Eigenmittel aufstocken wird oder das Risikoprofil senkt.
Kann er keine weiteren Eigenmittel aufbringen, muss der Versicherer die Betriebskosten senken, die Anlagestrategie anpassen oder die Rückversicherungspolitik neu ausrichten, um in eine stabile finanzielle Lage zu gelangen. Die Maßnahmen, die der Versicherer zu diesen Zwecken ergreifen möchte, muss er der Aufsichtsbehörde darlegen. So wird sichergestellt, dass die BaFin die Vorgänge beobachten kann, um gegebenenfalls rechtzeitig einzugreifen.
Insolvenz: Interessen der Versicherten haben Vorrang
Sollten die genannten Sicherheitsmaßnahmen keine Wirkung zeigen und der Versicherer Insolvenz anmelden müssen, ist ausschließlich die Aufsichtsbehörde berechtigt, das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Damit ist sichergestellt, dass im Insolvenzverfahren die Interessen der Versicherten im Vordergrund stehen. So dienen die Werte des Sicherungsvermögens vorrangig der Erfüllung der Forderungen durch die Versicherten.
Die Aufsichtsbehörde kann allerdings zeitweise alle Arten von Zahlungen verbieten. Dazu zählen insbesondere Versicherungsleistungen, Gewinnverteilung und bei Lebensversicherungen den Rückkauf oder die Beleihung sowie Vorauszahlungen.
„Das hat natürlich unmittelbar Auswirkungen auf die Versicherungsnehmer, dient aber dazu, die Sanierung der Gesellschaft zu ermöglichen“, kommentiert der Versicherungsexperte. Sei eine Sanierung auch durch diese Maßnahmen nicht möglich, würde die BaFin anordnen, dass Leistungen aus den Versicherungsverträgen dem Vermögenstand entsprechend herabgesetzt würden.
Insolvenz unausweichlich: Lebensversicherungsverträge werden ungültig
Dabei kann die Aufsichtsbehörde ungleichmäßig verfahren, nämlich wenn beispielsweise eine Gruppe von Versicherten über Verträge mit einem garantierten Zins von vier Prozent verfügt und das Versicherungsunternehmen keine Möglichkeit hat, diese Zinsen zu erwirtschaften, beziehungsweise das Bemühen darum den Versicherer erst in die Schieflage gebracht hat.
Ist ein Lebensversicherer trotz aller Bemühungen nicht zu retten, erlöschen die Lebensversicherungsverträge. So sieht es das europäische Recht vor. „Es wird in Deutschland nicht so weit kommen, dass ein Versicherer Insolvenz anmelden muss“, gibt Rechtsanwalt Leithoff Entwarnung.
„Bereits im Vorfeld wird die BaFin dafür sorgen, dass die Lebensversicherungsverträge in einen Sicherungsfonds übergehen, der diese Verträge dann übernimmt und bis zum Vertragsende weiterführt.“ In Deutschland sei das die Protektor Lebensversicherungs-AG.
- Datum
- Aktualisiert am
- 22.12.2015
- Autor
- red