
BU-Versicherung: Darauf müssen Sie beim Vertragsabschluss achten
In den vergangenen Jahren hat sich die Bereitschaft der Versicherungen, Schäden zu regulieren, verschlechtert. Das geht aus einer Forsa-Umfrage unter den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein von 2014 hervor. Mehr als drei Viertel der befragten Rechtsanwälte mit Schwerpunkt in versicherungsvertraglichen Rechtsfällen sagen, dass es bei der BU-Versicherung besonders häufig zu Streitigkeiten kommt.
Berufsunfähigkeitsversicherung: Fallstrick Gesundheitsfragen
Weigert sich die BU-Versicherung zu zahlen, hängt das meist mit den Gesundheitsfragen zusammen, die man beim Vertragsabschluss beantworten muss.
„Die Versicherung zahlt unter Umständen nicht, wenn Verbraucher hier falsche oder unvollständige Angaben gemacht haben“, sagt Monika Maria Risch, Rechtsanwältin für Versicherungsrecht und Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Manche seien bei den Gesundheitsfragen möglicherweise nicht so genau, weil der Versicherungsvermittler erklärt hat, dass die Fragen keine so große Bedeutung hätten.
BU-Versicherung: Vorsicht vor geheimen Verdachtsdiagnosen in der Patientenakte
Es muss aber gar nicht an den Verbrauchern liegen, wenn sie falsche Angaben machen oder etwas weglassen. Rechtsanwältin Risch zufolge tragen Ärzte manchmal Diagnosen oder Verdachtsdiagnosen in die Krankenakte ein, von denen die Patienten gar nichts wissen. Deshalb können sie diese natürlich auch nicht angeben. „Die Versicherung kann das später als arglistige Täuschung auslegen“, warnt die Rechtsanwältin.
Die Versicherung kann den Vertrag dann anfechten und er wird rückabgewickelt. Das bedeutet, dass die Versicherung nicht zahlt, der Versicherte aber auch seine Beiträge nicht zurückerhält.
Gesundheitsfragen: Angaben für BU-Versicherung verjähren nach zehn Jahren
Die Ansprüche der Versicherung gegenüber dem Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit falschen oder unvollständigen Angaben verjähren nach zehn Jahren. „Das wissen die Versicherungen natürlich. Sollten sie das einmal übersehen, lenken sie meist schnell ein, wenn man sie darauf hinweist“, sagt Sven-Wulf Schöller, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Mitglied der gleichnamigen Arbeitsgemeinschaft.
Dennoch sollten Berufstätige, die eine BU-Versicherung abschließen, unbedingt alle Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß beantworten. Auch kurze, scheinbar unwichtige Erkrankungen müssen genannt werden. Außerdem rät Rechtsanwältin Risch Verbrauchern, bei der Krankenversicherung eine Liste mit allen Ärzten anzufordern, bei denen sie in Behandlung waren. Verbraucher übermitteln die Liste an das Versicherungsunternehmen, bei dem sie die BU-Versicherung abschließen wollen, und bieten an, Schweigepflichtentbindung für den Versicherer zu erteilen. So verbergen sie nichts vor dem Versicherer. Der Vorwurf der arglistigen Täuschung ist vom Tisch.
Zusätzlich können Verbraucher ihre Krankenakten anfordern und diese ebenfalls an den Versicherer senden. Hier sind alle Informationen aufgeführt, die die Ärzte über die Patienten gespeichert haben.
Berufsunfähigkeitsversicherung: Das ist im Krankheitsfall zu tun
Wann zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung – beziehungsweise was müssen Versicherte dafür tun? „Wer nicht mehr in seinem Beruf arbeiten kann, muss die BU-Versicherung anschreiben und eine ärztliche Bescheinigung mitschicken“, sagt Rechtsanwältin Risch. Darin müsse detailliert erklärt sein, warum der Versicherte nicht mehr in seinem Beruf arbeiten kann.
„Der Versicherte muss nachweisen, dass er berufsunfähig ist“, fügt Schöller hinzu. Und belegen, dass die Einzeltätigkeiten, die er in seinem Beruf ausübt, durch die Erkrankung beeinflusst werden. Das sei nicht immer einfach.
Berufsunfähigkeit ist übrigens etwas anderes als Arbeitsunfähigkeit. Wer arbeitsunfähig ist, kann nicht arbeiten – in keinem Beruf. Wird man berufsunfähig, kann man seinen Beruf nicht mehr ausüben, den man vor der Erkrankung hatte.
Nur mit Anwalt BU-Versicherung kontaktieren
Die beiden Experten raten, eine Anwältin oder einen Anwalt einzuschalten, sobald man berufsunfähig wird. So kann man von Anfang an alles richtig machen – und gegebenenfalls Fehler vermeiden. Diese können dazu führen, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zahlt. Die Anwältin oder der Anwalt unterstützt die Versicherten dabei, der Versicherung die Berufsunfähigkeit zu melden.
Die BU-Versicherung zahlt dann entweder oder hakt nach. Risch rät davon ab, diese Fragen selbst zu beantworten. Im Zweifel werde die Situation dadurch noch komplizierter. Mit anwaltlicher Hilfe könnten Versicherungsnehmer außerdem auf Augenhöhe mit der Versicherung agieren. Das sei wichtig, es geht schließlich um viel.
Versicherte sollten sich darauf einstellen, dass es lange dauern kann, bis tatsächlich Geld fließt. Den Antrag und die notwendigen Belege einzureichen und die Fragen zu beantworten, dauert. Hinzu kommt die Bearbeitungszeit bei der Versicherung.
Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht: Klage einreichen
„Wenn der Versicherer dennoch nicht zahlt, hilft in der Regel nur klagen“, sagt Schöller. Er rät deshalb, mit der Versicherung auch gleich eine Rechtschutzversicherung abzuschließen, am besten schon davor. Schließe man sie erst danach ab, zahle sie möglicherweise nicht, wenn es Probleme wegen der Gesundheitsfragen beim Vertragsabschluss gibt.
Wichtig: Die Rechtsschutzversicherung zahlt erst, wenn die Versicherung den Antrag ablehnt oder trotz Fälligkeit der Forderung nicht zahlt. Kosten für einen Anwalt, der beim Antrag unterstützt, übernimmt sie zum Beispiel nicht.
Selbstständige und Freiberufler: Bei Berufsunfähigkeit gleich zum Anwalt
Der Rechtsanwalt aus Erlangen weist darauf hin, dass Fälle von berufsunfähigen Angestellten häufig vergleichsweise unkompliziert seien. So sei bei manchen Konstellationen die Sache einfach klar. Leidet ein angestellter Bäcker an einer Mehlallergie oder ein angestellter Metzger an einer Blutallergie, kann er in seinem Beruf nicht mehr arbeiten.
Manche Versicherungen verweisen in diesem Fall auf andere Tätigkeiten oder darauf, dass der Betrieb umstrukturiert werden muss. Arbeitet der Bäcker – um bei unserem Beispiel zu bleiben – in einer Großbäckerei, muss er unter Umständen in die Verwaltung versetzt werden.
Werden Selbstständige oder Freiberufler berufsunfähig, ist das oft komplizierter. „Die Versicherung kontrolliert hier noch genauer als sonst, da die Schadenshöhe meist größer ist“, sagt Rechtsanwalt Schöller. Das gelte vor allem für Menschen, die jung berufsunfähig werden und eine hohe Berufsunfähigkeitsrente bekommen würden. „Einen Anwalt einzuschalten ist für alle, aber besonders für Selbstständige wichtig“, fügt der Versicherungsrechtler aus Erlangen hinzu.
Berufsunfähigkeit: Versicherungen prüfen kritisch, bevor sie zahlen
Versicherungsnehmer sollten wissen: BU-Versicherungen überprüfen jene genau, die Leistungen wegen Berufsunfähigkeit beantragen. „Die Versicherungen forschen oft genau über die Kunden nach, sie googlen und scannen alle verfügbaren Informationen“, sagt Rechtsanwalt Schöller. Teilweise schalteten sie sogar Privatdetektive ein.
Auch wenn die Versicherungen oft kritisch seien und versuchten, aus der Leistung herauszukommen, sind nicht immer sie die „Bösen“. Mit Berufsunfähigkeit finde auch viel Versicherungsbetrug statt. „Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein sehr komplexes Produkt“, fasst der Rechtsanwalt aus Erlangen zusammen. Es gebe in diesem Zusammenhang einige höchst umstrittene Fragen, die nicht abschließend geklärt sind.
Überblick: Was muss ich tun, damit die BU-Versicherung im Ernstfall zahlt:
Bevor Sie einen Vertrag abschließen:
- Rechtschutzversicherung abschließen
- Gesundheitsfragen exakt beantworten
- Liste mit behandelnden Ärzten und die Krankenakte bei der KV anfordern
- Beides an die Versicherung schicken
Im Krankheitsfall:
- Anwalt einschalten
- Fragen beantworten
- Ggf. klagen bei Ablehnung
Rechtsfragen zur BU-Versicherung: DAV-Anwälte helfen
Sie können aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten, aber Ihre Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht? Oder möchte Sie erst eine Versicherung abschließen und sich dazu beraten lassen? Wenn Sie rechtliche Beratung zur BU-Versicherung wünschen, sind die DAV-Anwältinnen und Anwälte für Versicherungsrecht für Sie da. Über unsere Anwaltssuche oben auf der Seite finden Sie kompetente Ansprechpartner in ganz Deutschland.
- Datum
- Aktualisiert am
- 17.05.2018
- Autor
- vhe