
Bei der Frage, welche Krankheitskosten Sie steuerlich absetzen können, entscheiden kleine bunte Zettel: die ärztlichen Rezepte. „Steuerzahler können auf Antrag Kosten für medizinische Maßnahmen von der Steuer absetzen, wenn sie ärztlich verordnet sind und die gesetzlich geregelte zumutbare Belastung übersteigen“, informiert Rechtsanwältin Sabine Unkelbach-Tomczak, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).
Gesundheitskosten und Steuer: zumutbare Belastung wichtig
Diese zumutbare Belastung ist eine Summe, von der das Gesetz annimmt, dass der jeweilige Steuerzahler sie tragen kann. Es kann nur der Kostenanteil steuerlich geltend gemacht werden, der die zumutbare Belastung übersteigt. Dabei geht es nicht nur um Gesundheitsausgaben, sondern um außergewöhnliche Belastungen im Allgemeinen.
Als außergewöhnliche Belastung gilt im Steuerrecht eine Ausgabe, die für den Steuerzahler unbedingt notwendig ist – zum Beispiel, weil es um eine medizinische Behandlung geht –, und die andere Steuerzahler mit vergleichbaren Verhältnissen in der Regel nicht tragen müssen. Außer Gesundheitsausgaben zählen dazu noch die Kosten beispielsweise für bestimmte notwendige zivilrechtliche Gerichtsprozesse und in begrenztem Umfang Schulgelder für Privatschulen.
Zumutbare Belastung hängt von Gesamtbetrag der Einkünfte und Kinderzahl ab
Wie hoch die genannte zumutbare Belastung ausfällt, regelt § 33 Einkommensteuergesetz. Demnach errechnet sich der Betrag aus dem Gesamtbetrag der Einkünfte. Ob und wie viele Kinder der Steuerpflichtige hat, spielt ebenfalls eine Rolle.
Konkret sieht das so aus: Wer beispielsweise pro Jahr auf einen Gesamtbetrag an Einkünften von bis zu 15.340 Euro kommt und keine Kinder hat, muss Gesundheitsausgaben in Höhe von bis zu fünf Prozent seines Gesamtbetrags der Einkünfte selbst tragen. Bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte über 15.340 Euro bis 51.130 Euro beträgt die zumutbare Belastung sechs Prozent und bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als 51.130 Euro sieben Prozent ebendieses Gesamtbetrags.
Hat der Steuerpflichtige Kinder, sinkt die zumutbare Belastung. Sie liegt dann zwischen einem und vier Prozent. Es gilt also: je höher Gesamtbetrag der Einkünfte und je geringer die Kinderzahl, desto höher die zumutbare Belastung.
Gesamtbetrag der Einkünfte zählt
Ein Beispiel: Eine Angestellte einer Versicherung erzielt in einem Kalenderjahr einen Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 30.000 Euro und hat zwei Kinder. Möchte sie Krankheitskosten steuerlich geltend machen, beträgt ihre zumutbare Belastung drei Prozent des Gesamtbetrags ihrer Einkünfte. Das sind 900 Euro. Muss sie in diesem Kalenderjahr insgesamt 1.250 Euro für Gesundheit ausgeben, kann sie die Differenz von 350 Euro von der Steuer absetzen.
Wichtig: Der Gesamtbetrag der Einkünfte ist die Summe, die sich ergibt, wenn von den Einkünften die gesetzlichen Abzüge wie zum Beispiel der Altersentlastungsbetrag und der Ent-lastungsbetrag für Alleinerziehende vorgenommen wurden. Steuerzahler, deren Gesamtbetrag der Einkünfte sich an der unteren Grenze eines der drei Bereiche befindet, könnten also gegebenenfalls in eine andere Gruppe hineinrutschen.
„Die zumutbare Belastung zu ermitteln, ist für Laien schwierig“, warnt Rechtsanwältin Unkelbach-Tomczak. „Allerdings ist im Vorteil, wer schon andere Summen von der Steuer absetzen kann. Denn dann sinkt gegebenenfalls die zumutbare Belastung.“
Abzugsfähig ist, was ärztlich verordnet ist
Welche Gesundheitsaufwendungen sind nun absetzbar? „Grob gesagt sind alle Ausgaben für Arznei-, Hilfs- und Heilmittel abzugsfähig, die ärztlich verordnet sind, von der Krankenkasse aber nicht übernommen werden“, erklärt Anwältin Unkelbach-Tomczak.
Als Arznei- und Heilmittel zählen natürlich Medikamente, auch solche, die nicht verschreibungspflichtig sind. Zudem fallen Heilkuren, Physiotherapie und seit einiger Zeit auch Psychotherapie darunter. Als Hilfsmittel gelten unter anderem: Rollstühle, Krücken, Rollatoren, Brillen, Hörgeräte, Gehstöcke, Zahnimplantate, Zahnprothesen.
Kosten für Diätverpflegung in der Regel nicht absetzbar
Unsicherheit besteht vielfach bei der Absetzbarkeit der Kosten von sogenannter Diätverpflegung. Nach dem Gesetz können durch Diätverpflegung entstehende Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. „Das ist nur in Ausnahmefällen möglich, und wenn der Arzt die Diätverpflegung verordnet hat“, erklärt Anwältin Unkelbach-Tomczak. „Wer in diesem Bereich hohe Ausgaben hat, sollte sich vorher beim Finanzamt erkundigen, ob diese Gesundheitskosten steuerlich absetzbar sind.“
Auch Naturheilverfahren können medizinisch notwendig sein – die Kosten dafür sind dann ebenfalls abzugsfähig. Das sind unter anderem homöopathische und osteopathische Behandlungen sowie andere Behandlungen von einem Heilpraktiker. Auch Fahrtkosten zu Arztterminen sind absetzbar. Das ist vor allem dann relevant, wenn zum Beispiel ältere Menschen mit dem Taxi zum Arzt fahren müssen.
Rollstuhlrampe und Treppenlift gelten als Hilfsmittel
Wie die Anwältin aus Frankfurt erklärt, können auch Gesundheitskosten für medizinisch not-wendige Maßnahmen abgesetzt werden, die in einem größeren Kontext mit der Krankheit in Verbindung stehen: „Wer seine Wohnung oder sein Haus zum Beispiel nach einem Unfall oder einem Schlaganfall behindertengerecht umbauen muss, kann auch diese Gesundheits-kosten von der Steuer absetzen. Oft muss dann am Eingang des Hauses eine Rollstuhlrampe eingebaut, Türen verbreitert, das Schlafzimmer umgebaut oder ein Treppenlift installiert werden.“
Teilweise Ermessenssache
Was als außergewöhnliche Belastung anerkannt wird und was nicht, ist teilweise Ermes-senssache. Das zuständige Finanzamt entscheidet im Einzelfall, was abgesetzt werden kann. So können zum Beispiel Allergiker die Kosten für ein spezielles Bettsystem absetzen, das Geld für einen Staubsauger mit Filter aber nicht.
Gesundheitskosten von der Steuer absetzen: Das sollten Sie tun
Gesundheitskosten, die als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können, müssen Steuerzahler in ihre Steuererklärung eintragen. Dort müssen auch Werbungskosten angegeben werden. Die gängigen Steuerprogramme fragen gezielt nach außergewöhnlichen Belastungen.
Was ist noch wichtig? „Steuerzahler sollten übers Jahr alle Quittungen und Rezepte sammeln, wenn sie ärztlich verordnete Gesundheitsleistungen selbst zahlen“, empfiehlt Anwältin Unkelbach-Tomczak. „Das gilt insbesondere für Behinderte.“ Dabei kann es sinnvoll sein, teure medizinische Maßnahmen oder Anschaffungen, die nicht eilig sind, möglichst im selben Jahr vorzunehmen. So kann die zumutbare Belastung leichter überschritten werden.
Das Finanzamt kann es aber auch ablehnen, Gesundheitsausgaben von dem Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, auch wenn sie die zumutbare Belastung übersteigen“, warnt die Expertin aus Frankfurt. „Letztlich gibt es keine Garantie dafür, dass Gesundheitskosten von der Steuer abgezogen werden können.“
- Datum
- Aktualisiert am
- 23.02.2016
- Autor
- vhe