Am Mittwochabend macht das ZDF Quote mit der Lust am Schnüffeln. Wenn die Redaktion von Aktenzeichen XY Ungelöst Täterprofile ausgibt, legen sich ihre Zuschauer auf die Lauer: „Der Täter ist männlich, hat eine schlanke Figur und ist mit einer Lederjacke bekleidet“, trägt im Sommer 2012 Siegfried Jörss von der Kripo Mettmann im besten Beamtendeutsch vor. Parallel blendet die Redaktion Videoaufzeichnungen aus einer Bankfiliale ein. So weit, so unauffällig – dann folgt das erste Indiz aus dem Mund des Gendarmes zum Geschehen am Geldautomaten: „Auffällig ist, dass der Täter mit dem kleinen Finger der rechten Hand eintippt.“ Er manipuliert nicht zum ersten Mal den Einzug für EC-Karten, will Kripo-Mitarbeiter Jörss damit eigentlich sagen.
Geplünderte Konten
In Deutschland ist die Masche so weit verbreitet, dass sich ein eigener Begriff dafür eingebürgert hat: Skimming. Dabei meint die aus dem Wirtschaftsenglisch übernommene Vokabel jene Art modernen Bankraubs, bei dem die Täter Bankkarten auslesen, um damit Konten zu plündern. 2012 wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums deutschlandweit 856 Geldautomaten manipuliert. Wie hoch der Schaden durchschnittlich für die Betroffenen ausfällt, beziffern die Statistiker nicht. Die Zahlen aus dem vorausgegangenem Jahr lassen aber vermuten, wie hoch der Schaden ausgefallen sein könnte: 2011 hatten sich Kriminelle an 1296 Bankomaten zu schaffen gemacht und damit 35 Mill. Euro erbeutet.
Manipulationen entdecken
Um Daten abzufangen, nutzen Diebe Lesegeräte. Die montieren sie auf den EC-Schlitz. Kameras oder eine aufgeklebte Tastatur greifen die Pin ab. Lose Leisten oder Klebstoff am Kartenschlitz sollten Kunden misstrauisch stimmen.
Mit einem Automaten gehen den Dieben schon mal bis zu tausend Karteninhaber ins Datennetz. Dabei zielen die Täter nicht nur auf Bankfilialen ab. Auch an der Kasse im Supermarkt oder am Ticketautomaten auf dem Bahnsteig wird manipuliert. Vergangenes Jahr wurden am Dresdner Landgericht drei Bulgaren zu Haftstrafen verurteilt, die insgesamt 857000 Euro mit ausgespähten Kontodaten erbeutet hatten. Mit Kartenkopien waren Hintermänner durch die USA, Peru und andere Staaten gezogen, um die Konten ihrer Opfer zu plündern.
Banken haben aufgerüstet
In Europa sind die Banken gegen die Betrüger bereits in den Ring gestiegen: In Deutschland wie auch in allen anderen EU-Staaten haben die Geldinstitute ihre Bankkarten mit Chips aufgerüstet. Die lassen sich kaum kopieren – im Gegensatz zu Magnetstreifen. In Staaten wie den USA, Kanada oder auch Bulgarien werden solche einfachen Magnetstreifen-Karten ohne Chip hingegen oft noch akzeptiert: ein gefundenes Fressen für die Diebe, die mit Karten-Dubletten in Übersee oder an der Peripherie Europas unterwegs sind.
Aber auch den Betrugsopfern kommt der Auslandseinsatz zu Gute: „Durch eine Arbeitsbescheinigung kann ein Karteninhaber beweisen, dass er sich nicht im Ausland aufgehalten hat“, empfiehlt Daniela Bergdolt von der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltverein.
Im Zweifel haftet das Geldinstitut
Den Schaden entdecken Skimming-Opfer oft erst, wenn es zu spät ist – zum Beispiel wenn die Bank sich meldet, weil der Dispositionskredit überzogen wurde. Dann gilt es, schnell zu handeln: Bankkunden sollten den Betrugsverdacht umgehend beim Geldinstitut melden, die Karte sperren lassen und Anzeige bei der Polizei erstatten.
„Der Karteninhaber muss außerdem versichern, dass die Originalkarte noch in seinem Besitz ist und die PIN nicht auf der Karte steht“, so die Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht Bergdolt. Auch dürfe die Geheimzahl nicht in der Nähe der Karte aufbewahrt werden. Hält der Karteninhaber diese Sorgfaltspflicht ein, haftet die Bank für den Schaden. Das hat Ende 2011 der Bundesgerichtshof in einem Urteil (AZ: XI ZR 370/10) festgehalten. Im Zweifel, so die BGH-Richter, müsse das Geldinstitut beweisen, dass die Originalkarte zum Einsatz gekommen sei – und keine Betrüger am Werk waren Die Bank stehe außerdem in der Pflicht, Tageslimits im Auge zu behalten. Sofern vertraglich vereinbart, dürfen nur bestimmte Summen vom Konto abgehen. Wird mehr abgezogen, gilt auch hier: Die Bank bezahlt.
- Datum
- Aktualisiert am
- 27.06.2014
- Autor
- kgl