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Steuern

Gesund­heits­kosten steuerlich absetzen: Wie geht das?

Viele Gesundheitsleistungen werden nicht oder nicht komplett von der Krankenkasse übernommen. Die Kosten, unter anderem für Physiotherapie, können steuerlich absetzbar sein. © Quelle: Adeline/Gettyimages.de

Der Sohn braucht eine neue Brille, die Tochter Krücken wegen eines Beinbruchs und der eigene Rücken Physio­therapie – das ist häufig ein teurer Spaß, denn viele Maßnahmen werden zwar ärztlich verordnet, die Kosten aber nicht oder nicht vollständig von der Krankenkasse übernommen. Ein kleines Trostpflaster für Betroffene: Unter bestimmten Vorausset-zungen können Gesund­heits­kosten von der Steuer abgesetzt werden. Wir erklären, für welche Ausgaben und unter welchen Voraus­set­zungen das gilt.

Bei der Frage, welche Krankheits­kosten Sie steuerlich absetzen können, entscheiden kleine bunte Zettel: die ärztlichen Rezepte. „Steuer­zahler können auf Antrag Kosten für medizi­nische Maßnahmen von der Steuer absetzen, wenn sie ärztlich verordnet sind und die gesetzlich geregelte zumutbare Belastung übersteigen“, informiert Rechts­an­wältin Sabine Unkelbach-Tomczak, Mitglied im Geschäfts­füh­renden Ausschuss der Arbeits­ge­mein­schaft Steuerrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV).

Gesund­heits­kosten und Steuer: zumutbare Belastung wichtig

Diese zumutbare Belastung ist eine Summe, von der das Gesetz annimmt, dass der jeweilige Steuer­zahler sie tragen kann. Es kann nur der Kosten­anteil steuerlich geltend gemacht werden, der die zumutbare Belastung übersteigt. Dabei geht es nicht nur um Gesund­heits­ausgaben, sondern um außerge­wöhnliche Belastungen im Allgemeinen.

Als außerge­wöhnliche Belastung gilt im Steuerrecht eine Ausgabe, die für den Steuer­zahler unbedingt notwendig ist – zum Beispiel, weil es um eine medizi­nische Behandlung geht –, und die andere Steuer­zahler mit vergleichbaren Verhält­nissen in der Regel nicht tragen müssen. Außer Gesund­heits­ausgaben zählen dazu noch die Kosten beispielsweise für bestimmte notwendige zivilrechtliche Gerichts­prozesse und in begrenztem Umfang Schulgelder für Privat­schulen.

Zumutbare Belastung hängt von Gesamt­betrag der Einkünfte und Kinderzahl ab

Wie hoch die genannte zumutbare Belastung ausfällt, regelt § 33 Einkom­men­steu­er­gesetz. Demnach errechnet sich der Betrag aus dem Gesamt­betrag der Einkünfte. Ob und wie viele Kinder der Steuer­pflichtige hat, spielt ebenfalls eine Rolle.

Konkret sieht das so aus: Wer beispielsweise pro Jahr auf einen Gesamt­betrag an Einkünften von bis zu 15.340 Euro kommt und keine Kinder hat, muss Gesund­heits­ausgaben in Höhe von bis zu fünf Prozent seines Gesamt­betrags der Einkünfte selbst tragen. Bei einem Gesamt­betrag der Einkünfte über 15.340 Euro bis 51.130 Euro beträgt die zumutbare Belastung sechs Prozent und bei einem Gesamt­betrag der Einkünfte von mehr als 51.130 Euro sieben Prozent ebendieses Gesamt­betrags.

Hat der Steuer­pflichtige Kinder, sinkt die zumutbare Belastung. Sie liegt dann zwischen einem und vier Prozent. Es gilt also: je höher Gesamt­betrag der Einkünfte und je geringer die Kinderzahl, desto höher die zumutbare Belastung.

Gesamt­betrag der Einkünfte zählt

Ein Beispiel: Eine Angestellte einer Versicherung erzielt in einem Kalenderjahr einen Gesamt­betrag der Einkünfte in Höhe von 30.000 Euro und hat zwei Kinder. Möchte sie Krankheits­kosten steuerlich geltend machen, beträgt ihre zumutbare Belastung drei Prozent des Gesamt­betrags ihrer Einkünfte. Das sind 900 Euro. Muss sie in diesem Kalenderjahr insgesamt 1.250 Euro für Gesundheit ausgeben, kann sie die Differenz von 350 Euro von der Steuer absetzen.

Wichtig: Der Gesamt­betrag der Einkünfte ist die Summe, die sich ergibt, wenn von den Einkünften die gesetz­lichen Abzüge wie zum Beispiel der Alters­ent­las­tungs­betrag und der Ent-lastungs­betrag für Allein­er­ziehende vorgenommen wurden. Steuer­zahler, deren Gesamt­betrag der Einkünfte sich an der unteren Grenze eines der drei Bereiche befindet, könnten also gegebe­nenfalls in eine andere Gruppe hinein­rutschen.

„Die zumutbare Belastung zu ermitteln, ist für Laien schwierig“, warnt Rechts­an­wältin Unkelbach-Tomczak. „Allerdings ist im Vorteil, wer schon andere Summen von der Steuer absetzen kann. Denn dann sinkt gegebe­nenfalls die zumutbare Belastung.“

Abzugsfähig ist, was ärztlich verordnet ist

Welche Gesund­heits­auf­wen­dungen sind nun absetzbar? „Grob gesagt sind alle Ausgaben für Arznei-, Hilfs- und Heilmittel abzugsfähig, die ärztlich verordnet sind, von der Krankenkasse aber nicht übernommen werden“, erklärt Anwältin Unkelbach-Tomczak.

Als Arznei- und Heilmittel zählen natürlich Medikamente, auch solche, die nicht verschrei­bungs­pflichtig sind. Zudem fallen Heilkuren, Physio­therapie und seit einiger Zeit auch Psycho­therapie darunter. Als Hilfsmittel gelten unter anderem: Rollstühle, Krücken, Rollatoren, Brillen, Hörgeräte, Gehstöcke, Zahnim­plantate, Zahnpro­thesen.

Kosten für Diätver­pflegung in der Regel nicht absetzbar

Unsicherheit besteht vielfach bei der Absetz­barkeit der Kosten von sogenannter Diätver­pflegung. Nach dem Gesetz können durch Diätver­pflegung entstehende Aufwen­dungen nicht als außerge­wöhnliche Belastung berück­sichtigt werden. „Das ist nur in Ausnah­me­fällen möglich, und wenn der Arzt die Diätver­pflegung verordnet hat“, erklärt Anwältin Unkelbach-Tomczak. „Wer in diesem Bereich hohe Ausgaben hat, sollte sich vorher beim Finanzamt erkundigen, ob diese Gesund­heits­kosten steuerlich absetzbar sind.“

Auch Naturheil­ver­fahren können medizinisch notwendig sein – die Kosten dafür sind dann ebenfalls abzugsfähig. Das sind unter anderem homöopa­thische und osteopa­thische Behand­lungen sowie andere Behand­lungen von einem Heilpraktiker. Auch Fahrtkosten zu Arztterminen sind absetzbar. Das ist vor allem dann relevant, wenn zum Beispiel ältere Menschen mit dem Taxi zum Arzt fahren müssen.

Rollstuhlrampe und Treppenlift gelten als Hilfsmittel

Wie die Anwältin aus Frankfurt erklärt, können auch Gesund­heits­kosten für medizinisch not-wendige Maßnahmen abgesetzt werden, die in einem größeren Kontext mit der Krankheit in Verbindung stehen: „Wer seine Wohnung oder sein Haus zum Beispiel nach einem Unfall oder einem Schlag­anfall behinder­ten­gerecht umbauen muss, kann auch diese Gesundheits-kosten von der Steuer absetzen. Oft muss dann am Eingang des Hauses eine Rollstuhlrampe eingebaut, Türen verbreitert, das Schlaf­zimmer umgebaut oder ein Treppenlift installiert werden.“

Teilweise Ermessenssache

Was als außerge­wöhnliche Belastung anerkannt wird und was nicht, ist teilweise Ermes-senssache. Das zuständige Finanzamt entscheidet im Einzelfall, was abgesetzt werden kann. So können zum Beispiel Allergiker die Kosten für ein spezielles Bettsystem absetzen, das Geld für einen Staubsauger mit Filter aber nicht.

Gesund­heits­kosten von der Steuer absetzen: Das sollten Sie tun

Gesund­heits­kosten, die als außerge­wöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden können, müssen Steuer­zahler in ihre Steuer­erklärung eintragen. Dort müssen auch Werbungs­kosten angegeben werden. Die gängigen Steuer­pro­gramme fragen gezielt nach außerge­wöhn­lichen Belastungen.

Was ist noch wichtig? „Steuer­zahler sollten übers Jahr alle Quittungen und Rezepte sammeln, wenn sie ärztlich verordnete Gesund­heits­leis­tungen selbst zahlen“, empfiehlt Anwältin Unkelbach-Tomczak. „Das gilt insbesondere für Behinderte.“ Dabei kann es sinnvoll sein, teure medizi­nische Maßnahmen oder Anschaf­fungen, die nicht eilig sind, möglichst im selben Jahr vorzunehmen. So kann die zumutbare Belastung leichter überschritten werden.

Das Finanzamt kann es aber auch ablehnen, Gesund­heits­ausgaben von dem Gesamt­betrag der Einkünfte abzuziehen, auch wenn sie die zumutbare Belastung übersteigen“, warnt die Expertin aus Frankfurt. „Letztlich gibt es keine Garantie dafür, dass Gesund­heits­kosten von der Steuer abgezogen werden können.“

Datum
Aktualisiert am
23.02.2016
Autor
vhe
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Themen
Einkommen Geld Gesundheit Steuern

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