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Schulden

Privat­in­solvenz: Das sind Ihre Rechte

Wer in die Schuldenfalle gerät, hat oft keine andere Wahl, als Privatinsolvenz zu beantragen. © Gina Sanders/fotolia.com

Eine Privat­in­solvenz kann der Grundstein für eine schuldenfreie Zukunft sein. Die Chance zum Neustart gibt es jedoch nicht umsonst: Wer Privat­in­solvenz angemeldet hat, muss sich an Regeln und Auflagen halten. Dennoch haben auch Schuldner im Verbrau­cher­insol­venz­ver­fahren einige Rechte und Möglich­keiten.

Die Zahl der Haushalte in Deutschland, die mehreren Gläubigern Geld schulden und diese Schulden über einen längeren Zeitraum nicht zurück­zahlen können, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Wie das Bundes­ar­beits­mi­nis­terium im September 2016 bekannt gibt, fielen 2015 insgesamt 1,97 Millionen Haushalte in diese Kategorie. 2006 waren e noch 1,64 Millionen gewesen. Führen hohe Schulden bei mehreren Gläubigern automatisch zu einer Privat­in­solvenz?

Privat­in­solvenz nur letzter Ausweg bei Schulden

Bevor es überhaupt zu einer Privat­in­solvenz kommt, müssen zunächst andere Schritte abgeschlossen sein. „Im Gegensatz zu Unternehmern können private Schuldner nicht einfach zu einem Insolvenz­gericht gehen und dort einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenz­ver­fahrens stellen“, informiert Rechts­an­wältin Anna Kuleba, Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Insolvenzrecht und Sanierung im Deutschen Anwalt­verein (DAV). „Zuvor muss versucht werden, mit den Gläubigern eine außerge­richtliche Einigung zu erzielen. Erst wenn diese scheitert, kommt es zu einem Verbrau­cher­insol­venz­ver­fahren.“

Vor dem Privat­in­sol­venz­ver­fahren steht das sogenannte außerge­richtliche Schulden­be­rei­ni­gungs­plan­ver­fahren. Das bieten Schuld­ner­be­ra­tungs­stellen oder spezia­li­sierte Rechts­anwälte. Diese helfen dem Schuldner dabei, sämtliche Gläubiger zu erfassen und diesen eine Regulierung der Schulden anzubieten. Erst wenn sich die Gläubiger und der Schuldner nicht einigen können, kann beim zuständigen Insolvenz­gericht ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenz­ver­fahrens verbunden mit dem Antrag auf Restschuld­be­freiung gestellt werden. Hierfür gibt es bestimmte Formulare, die zwingend verwendet werden müssen.

Mitspra­cherecht bei Wahl des Treuhänders

Restschuld­be­freiung bedeutet, dass der Schuldner nach Beendigung der Wohlver­hal­tensphase von den restlichen Verbind­lich­keiten befreit wird. Die Wohlver­hal­tens­periode beginnt mit der Eröffnung des Privat­in­sol­venz­ver­fahrens. In dieser Zeit hat der Schuldner einen Treuhänder an seiner Seite, der sich um die Verwaltung der Schulden kümmert. Er wird vom Gericht bestellt.

Rechts­an­wältin Kuleba weist darauf hin, dass der Schuldner bei der Wahl des Treuhänders ein Mitspra­cherecht hat: „§ 288 der Insolvenz­ordnung zufolge können der Schuldner und die Gläubiger gemeinsam dem Insolvenz­gericht eine Person als Treuhänder vorschlagen. In der Regel wird aber der vorherige Insolvenz­ver­walter als Treuhänder bestellt.“

Privat­in­solvenz: Dauer der Wohlver­hal­tungs­periode kann verkürzt werden

Die Wohlver­hal­tungs­periode im Rahmen der Privat­in­solvenz beträgt in der Regel sechs Jahre. Seit der Gesetzes­reform 2014 kann die Frist auf drei Jahre verkürzt werden. „Das ist jedoch nur möglich, wenn im Insolvenz­ver­fahren nach Ablauf von drei Jahren die Gläubiger mit einer Quote von 35 Prozent befriedigt werden können“, erklärt Anwältin Kuleba. Möglich sei es auch, die Frist auf fünf Jahre zu verkürzen. Dazu müsse der Schuldner die Kosten des Insolvenz­ver­fahrens beglichen haben, also die Gerichts­kosten sowie die Vergütung des Insolvenz­ver­walters und Treuhänders.

Unpfändbarer Grundbetrag zur freien Verfügung bei Privat­in­solvenz

Wieviel von seinem Einkommen ein Schuldner während des Insolvenz­ver­fahrens und der Wohlver­hal­tens­periode behalten darf, regelt die Pfändungs­tabelle. Demnach kann jeder Schuldner pro Monat über einen unpfändbaren Grundbetrag von 1.073,88 Euro von seinem Einkommen verfügen. Wenn der Betroffene für eine andere Person Unterhalt zahlen muss, kommen 404,16 Euro dazu, bei zwei Personen noch einmal 225,17 Euro.

Für diesen Geldbetrag kann der Schuldner ein sogenanntes Pfändungs­schutzkonto, auch P-Konto genannt, einrichten lassen. Es funktioniert wie ein normales Girokonto, der Schuldner kann also seine Geldge­schäfte wie gewohnt durchführen. Das Guthaben auf dem Konto darf den bei einer Privat­in­solvenz zulässigen Grundbetrag jedoch nicht übersteigen.

Auch bei Privat­in­solvenz kann nicht alles gepfändet werden

Wie sieht es mit Haushalts- und Wertge­gen­ständen aus? „Für den Lebens­bedarf notwendige Gegenstände sind nicht pfändbar “, sagt die Anwältin als Osnabrück. „Welche Gegenstände das genau sind, kommt natürlich auf den Einzelfall an.“ So könne der Schuldner zum Beispiel sein Auto behalten, wenn er es brauche um zur Arbeit zu fahren. Auch Fernseher und Computer gelten in der Regel als unpfändbar, da jeder Mensch die Möglichkeit haben müsse, sich zu informieren.

Als pfändbar gelten Rechts­an­wältin Kuleba zufolge hingegen alle Gegenstände, die für den gewöhn­lichen Lebens­un­terhalt und Haushalt nicht notwendig sind, zum Beispiel Wertge­gen­stände wie Schmuck. Ein sehr teures Auto kann bei einer Privat­in­solvenz ebenfalls gepfändet und gegen ein günstigeres Modell ausgetauscht werden.

BGH-Urteil: Riester-Rente bei Privat­in­solvenz nicht pfändbar

Wer über Jahre hinweg Geld in eine Riester-Rente eingezahlt hat und dafür staatliche Zulagen bekommen hat, muss sich um dieses Kapital im Fall einer Privat­in­solvenz keine Sorgen machen. Dies hat der Bundes­ge­richtshof (BGH) im November 2017 klarge­stellt. Voraus­setzung ist nach dem Urteil allerdings, dass staatliche Zulagen gezahlt wurden und die Altervor­sor­ge­beiträge den Höchst­betrag nicht übersteigen.

Anlass für das Urteil war der Fall einer überschuldeten Frau aus Stuttgart, welche 2010 einen Riester-Vertrag für ihr Alters­ver­sorgung abgeschlossen hatte. Nachdem sie insgesamt 333 Euro an Renten­ver­si­che­rungs­bei­trägen eingezahlt hatte, setzte sie den Vertrag aus und wurde beitragsfrei gestellt. Als die Frau 2014 Privat­in­solvenz anmeldete, kündigte der Insolvenz­ver­walter den Riester-Vertrag und verlangte die Auszahlung des Rückkaufwerts der Versicherung zur Begleichung der Schulden. Nach Ansicht der Schuldnerin sei das Alters­vor­sor­ge­vermögen einschließlich der Erträge der Riester-Rente pfäundungsfrei, da diese nicht auf andere Personen übertragbar seien.

Diese Sicht teilte der BGH - für das angesparte Riester-Guthaben bestehe Pfändungs­schutz. Im vorlie­genden Fall müsse allerdings das Landgericht Stuttgart noch prüfen, ob die Schuldnerin tatsächlich einen Zulagen­antrag gestellt hatte und somit die Voraus­set­zungen für die Gewährung einer Zulage vorlagen. Nur dann sei das Riester-Guthaben pfändungsfrei.

Erben bei Privat­in­solvenz: Nur Hälfte abgeben

Wer Privat­in­solvenz angemeldet hat und erbt, wird dadurch einen Teil seiner Schulden los. Denn erbt der Schuldner während des Insolvenz­ver­fahrens, fällt die Erbschaft in die Insolvenzmasse. Das heißt, sie wird an die Gläubiger weiter­gegeben. Während der Wohlver­hal­tens­periode geht die Hälfte einer Erbschaft an die Gläubiger zur Begleichung der Schulden.

Obliegen­heiten in der Wohlver­hal­tensphase

Die Wohlver­hal­tensphase im Rahmen der Privat­in­solvenz trägt diesen Namen nicht umsonst: In dieser Zeit hat ein Schuldner gewissen Pflichten, Obliegen­heiten genannt. Demnach muss er einer angemessenen Arbeit nachgehen. Ist er arbeitslos, muss er sich um eine Arbeit bemühen, soweit ihm das möglich ist. Alle Änderungen, die seine persön­lichen Verhältnisse und sein Vermögen betreffen, muss er seinem Treuhänder mitteilen. Dazu zählt ein Jobwechsel, ein Umzug, aber auch eine Erbschaft.

Restschuld­be­freiung kann versagt werden

Dass ein Schuldner nach dem Auflauf von sechs Jahren von seinen restlichen Schulden befreit wird, ist jedoch nicht selbst­ver­ständlich. „Der Gesetzgeber räumt damit ´redlichen` Schuldnern die Möglichkeit ein, finanziell schnell wieder auf die Beine zu kommen“, erklärt Anna Kuleba. „Die Restschuld­be­freiung kann auch versagt werden.“ Dazu müssen jedoch bestimmte Gründe vorliegen.

So verspielt ein Schuldner die Möglichkeit auf Restschuld­be­freiung, wenn er in der Vergan­genheit falsche Angaben zu seinem Vermögen gemacht hat, um einen Kredit oder Leistungen von öffent­lichen Stellen wie Bafög oder Hartz IV zu erhalten. Negativ wirkt sich ebenfalls aus, wenn der Schuldner seinen Obliegen­heiten nicht nachkommt und zum Beispiel umzieht, ohne dem Treuhänder seine neue Adresse mitzuteilen. Oder aber, wenn er schon im Insolvenz­antrag über die Höhe seines Vermögens gelogen hat.

Die Restschuld­be­freiung kann auch versagt werden, wenn der Schuldner nicht arbeitet und sich auch nicht um eine Arbeit bemüht, obwohl er es könnte. Letztlich kommt es auf den Einzelfall an, ob die Restschuld­be­freiung gewährt wird oder nicht.

Restschuld­be­freiung bei Privat­in­solvenz umfasst keine Bußgelder

Vorsicht: Eine Restschuld­be­freiung umfasst keine Delikt­for­de­rungen. Das sind zum Beispiel Bußgelder wegen Ordnungs­wid­rig­keiten, vorsätzlich pflicht­widrig nicht gezahlter Unterhalt oder bestimmte Steuer­schulden. Dafür muss ein Schuldner unter Umständen aufkommen, auch wenn ihm im Rahmen der Privat­in­solvenz eine Restschuld­be­freiung gewährt wurde.

Datum
Aktualisiert am
17.11.2017
Autor
vhe
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Themen
Erbschaft Geld Insolvenz

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