Lesen Sie weiter
- Seite 1 – Wie muss ein Testament geschrieben sein, um wirksam zu sein?
- Seite 2 – Mehrere Testamente: Welches Dokument ist wirksam?
- Seite 3 – Nach der Hochzeit: Testament unwirksam?
- Auf einer Seite lesen
Zwei kleine Zettel, die fehler- und lückenhaft beschriftet sind, erfüllen nicht die Anforderungen an einen gültigen letzten Willen. So hat das OLG Hamm am 27. November 2015 entschieden (AZ: 10 W 153/15).
Im zugrundeliegenden Fall verstarb eine verwitwete Frau. Einige Monate nach ihrem Tod legten die Enkel zwei Schriftstücke aus dem Jahr 1986 vor und beantragten einen Erbschein. Bei einem dieser Schriftstücke handelte es sich um einen ca. acht mal zehn Zentimeter großen, per Hand ausgeschnittenen Zettel mit handschriftlicher Aufschrift. Darunter folgten die Angabe 1986 und ein Schriftzug mit dem Nachnamen der Erblasserin. Auf dem zweiten Schriftstück, einem mehrfach gefalteten Stück Pergamentpapier, finden sich die gleichen Worte in leicht abgewandelter Anordnung.
Das Amtsgericht Lübbecke, an das sie sich wandten, stellte jedoch keinen Erbschein aus. Zu Recht, wie das OLG Hamm entschied. Es könne nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass es sich bei den beiden Schriftstücken um letztwillige Verfügungen der Erblasserin handele.
Das Gericht zweifelte daran, dass die Frau mit den Zetteln wirklich ihr Testament errichten wollte. Die vermeintlichen Testamente seien nicht auf einer üblichen Schreibunterlage geschrieben worden. Zudem enthalte die Überschrift gravierende Schreibfehler, im Text fehle ein vollständiger Satz – und das, obwohl die Erblasserin der deutschen Sprache in Schrift und Grammatik hinreichend mächtig gewesen sei. Dass zwei inhaltlich ähnliche Schriftstücke auf ungewöhnlichen Schreibunterlagen vorliegen, spreche dem Gericht zufolge dafür, dass es sich nur um Vorüberlegungen oder Entwürfe handelt.
Was wird aus einem Testament, wenn neue Lebensverhältnisse – wie eine Hochzeit – eigentlich zu einer anderen gesetzlichen Erbfolge führen würden? Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im DAV informiert über eine Entscheidung des Kammergerichts (KG) Berlin vom 10. November 2015 (AZ: 6 W 54/15).
Der Erblasser errichtet ein Testament, in welchem er seine Tochter zur Alleinerbin einsetzt. Einige Jahre später heiratet er. Bis zu seinem Tod ändert er das Testament nicht. Vielmehr macht er sich nach der Hochzeit zusammen mit seiner Tochter und schriftlich Gedanken, was mit seinen verschiedenen Immobilien nach seinem Tod passieren soll. Die Ehefrau ficht das Testament an und sieht sich als Miterbin neben der Tochter des Erblassers.
Das KG weist ihre Klage zurück. Es nimmt an, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung zugunsten seiner Tochter auch nach der Eheschließung getroffen haben würde. Der Wille des Erblassers, an seinem Testament mit Einsetzung seiner Tochter als Alleinerbin festzuhalten, wird nach Ansicht des KG insbesondere bei den von ihm schriftlich niedergelegten Gedanken zur Zukunft eines anderen Hauses deutlich.
Dass der Erblasser allein eine Absprache mit seiner Tochter für angezeigt hielt, um seine Überlegungen umzusetzen, belegt erstens seinen Willen, sie weiterhin als seine Alleinerbin einzusetzen, mithin am Testament festzuhalten. Es zeigt zweitens sein Vertrauen in seine Tochter, dass sie seine Überlegungen nach seinem Tod umsetzen würde. Hätte der Erblasser seine Ehefrau als Miterbin einsetzen wollen, wäre demgegenüber nach den Umständen zu erwarten gewesen, dass er in diesem Fall auch mit ihr Absprachen getroffen hätte.
Vor einer großen Operation schreiben manche Menschen noch ein Testament für den Fall, dass sie sie nicht überleben oder testierunfähig werden. Ist ein solches Testament ungültig, wenn die Operation gut verläuft, der Erblasser aber einige Zeit danach stirbt? Ja, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem Beschluss vom 19. August 2015 (AZ: I-3 Wx 191/14). Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im DAV informiert über den Fall.
Die Erblasserin litt unter Leukämie und musste sich unter örtlicher Betäubung einer Biopsie unterziehen. An selben Tag errichtete sie vor dem Eingriff auf einem kleinen Zettel formwirksam folgende letztwillige Verfügung: „Dies ist mein Testament: Sollte heute bei diesem Eingriff etwas passieren und ich nicht mehr aufwachen, vermache ich mein ganzes Vermögen Herrn A. … Dieses ist mein letzter Wille.“
Zwar verlief der Eingriff ohne Komplikationen; die Erblasserin verstarb dennoch fünf Monate später. Herr A, ihr Lebensgefährte, beantragte daraufhin einen Erbschein zu seinen Gunsten, wogegen sich die Schwester und die Neffen und Nichten der Erblasserin wehren wollten.
Dem OLG Düsseldorf zufolge sind Formulierungen wie „Sollte heute bei diesem Eingriff etwas passieren und ich nicht mehr aufwachen“, wie sie die Erblasserin wählte, auslegungsbedürftig. Dem Gericht zufolge kann man ohne weitere konkrete Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, dass ein Erblasser diese Rechtsfolge nur dann will, wenn der Eingriff tödlich verläuft. Gerade im vorliegenden Fall ließe sich argumentieren, dass es so unwahrscheinlich sei, dass eine Biopsie mit nur örtlicher Betäubung tödlich verlaufe, dass gerade deshalb die Erbeinsetzung davon unabhängig gewollt gewesen sein müsse.
Die Rechtsprechung sieht solche mit Blick auf einen medizinischen Eingriff errichtete Testamente in der Regel nicht als Schnellschuss an, der im Überlebensfall nicht mehr gilt. Vielmehr handelt es sich um wirksame, also gültige Testamente.
Sie haben geerbt, doch andere Familienmitglieder glauben, dass das Testament ungültig ist? Ein Angehöriger ist verstorben, es liegen mehrere Dokumente vor und Sie sind nicht sicher, welches Testament ungültig und welches gültig ist? Oder möchten Sie selbst Ihren letzten Willen festhalten und möchten wissen, wie man ein Testament richtig aufsetzt?
In diesen und anderen Fällen können Sie sich an Anwältinnen und Anwälte für Erbrecht wenden. Diese beraten Sie und helfen Ihnen dabei, die beste Lösung zu finden. Sie können zudem einschätzen, wann ein Testament ungültig ist und wann sich eine Klage lohnt. Kompetente Ansprechpartner finden Sie in unserer Anwaltssuche.