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Urlaubs­an­spruch

Urlaubs­ab­geltung nach dem Tod teilweise möglich

Für Urlaubstage, die ein Arbeitnehmer bis zu seinem Tod nicht genommen hat, können die Erben gegebenenfalls eine Abgeltung erhalten. © Quelle: Westend61/gettyimages.de

Eine Urlaubs­ab­geltung bekommt ein Arbeit­nehmer dann, wenn er den Urlaub nicht mehr nehmen kann - zum Beispiel der Fall sein, wenn das Arbeits­ver­hältnis endet, bevor der Urlaub genommen werden konnte. Fraglich ist allerdings, ob die Erben eines verstorbenen Beamten für diesen eine Urlaubs­ab­geltung beanspruchen können, weil der Erblasser wegen seines Todes keinen Urlaub mehr nehmen konnte.

Vor dem Verwal­tungs­gericht Karlsruhe wurde ein solcher Fall verhandelt, die die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV) informiert (Urteil vom 16. Juli 2015; AZ: 3 K 24/15). Ein Beamter verstarb 2014, bevor er das Pensionsalter erreichte. Im Jahr 2013 hatte er nur zwölf und für das Jahr 2014 bis zu seinem Tod keinen Urlaubstag genommen. Zudem hatte er als Schwer­be­hin­derter einen Anspruch auf Gewährung von sechs weiteren Zusatztagen. Die Erben machten eine Urlaubs­ab­geltung für alle nicht genommenen Urlaubstage geltend. Der Dienstherr wieder­sprach der Vererb­barkeit eines solchen Anspruchs auf Urlaubs­ab­geltung.

Urlaubstage nach dem Tod: Europa spricht mit

Das VG Karlsruhe differen­zierte in seinem Urteil vom 16. Juli 2015: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und dem europäischen Recht sind einzel­staatliche Rechts­vor­schriften oder Gepflo­gen­heiten, nach denen der bezahlten Jahres­urlaub ohne Anspruch auf Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs verfällt, wenn das Arbeits­ver­hältnis durch den Tod des Arbeit­nehmers endet, mit der diesbe­züg­lichen europäischen Richtlinie unvereinbar (EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014, AZ: C-118/13 Bollacke).

Diese Richtlinie schreibt vor, dass jeder Arbeit­nehmer einen bezahlten Mindest­jah­res­urlaub von vier Wochen erhält. Das VG Karlsruhe hielt diese Regelung für unmittelbar auf die Rechts­ver­hältnisse der Bundes- und Landes­beamten übertragbar, denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der unions­rechtliche Arbeit­neh­mer­begriff auch Beamte umfasst. Die deutschen Gesetze über die Gewährung von Urlaub sehen hingegen eine Abgeltung nach dem Tod nicht vor.

Daher kann eine Abgeltung nur für die unions­rechtlich gewähr­leistete Mindest­ur­laubszeit von 20 Urlaubstagen (vier Wochen) für das Jahr 2013 beziehungsweise für einen anteiligen Urlaubs­an­spruch von drei Urlaubstagen für das Jahr 2014 beanspruchen, sodass nach Abzug der im Jahr 2013 in Anspruch genommenen zwölf Urlaubstage ein abgeltungs­fähiger Urlaubs­an­spruch von elf Urlaubstagen verbleibt.

Ein darüber hinaus­ge­hender Anspruch auch auf Abgeltung weiterer sechs Urlaubstage für den üblicher Weise zu gewährenden Zusatz­urlaub für Schwer­be­hinderte besteht hingegen nicht, weil es sich ebenfalls um deutsches Recht handelt.

Anderer Fall, gleiches Urteil

Die Arbeits­ge­mein­schaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) berichtet ebenfalls über eine Entscheidung zu gleicher Frage. Dieses Mal vor dem Arbeits­ge­richts Berlin vom 16. Oktober 2015 (AZ: 28 Ca 9065/15).

Als die Frau starb, hatte sie noch Anspruch auf 33 Urlaubstage. Ihre Erben forderten von dem Arbeitgeber der Verstorbenen die Abgeltung des Anspruchs.

Sie erhielten das Geld. Laut Gesetz sei Urlaub abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses nicht mehr gewährt werden könne. Diese Voraus­set­zungen seien beim Tod des Arbeit­nehmers gegeben. Die Richter bezogen sich in ihrer Urteils­be­gründung ebenfalls auf den Europäischen Gerichtshof. (Urteil vom 12. Juni 2014, AZ: C-118/13).

Interessant an dieser Entscheidung ist, dass sie der bisherigen Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofes (BGH) widerspricht. In der Regel orientieren sich die nachge­ordneten Gerichte an den Entschei­dungen der obersten Gerichte.

Datum
Aktualisiert am
12.02.2016
Autor
dpa/red & Arge Arbeitsrecht
Bewertungen
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Themen
Arbeit­nehmer Tod Urlaub

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