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Bestattung

Umbettung wegen Umzugs erlaubt?

Quelle: imfotograf/fotolia.com
Um das Grab pflegen zu können, wollen Angehörige von Verstorbenen diese gerne in ihrer Nähe haben.
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Ziehen die nächsten Angehörigen eines Verstorbenen in eine andere Stadt, wird der Weg zum Friedhof weit. Ist in diesem Fall eine Umbettung möglich? Das Verwal­tungs­gericht (VG) Ansbach musste entscheiden, ob die Tochter der Verstorbenen deren Urne im Rahmen einer Umbettung zurück in ihre Heimat mitnehmen darf. Die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über die Entscheidung.

Der Fall: Tochter beantragt Umbettung einer Urne an neuen Wohnort

Vor der Wende zieht die Tochter mit ihrer Mutter von der DDR in die BRD. Als die Mutter 2010 im Westen verstirbt, wird sie dort auf einem Friedhof in einer Nische für Urnen beigesetzt. 2015 zieht die Tochter, inzwischen ebenfalls betagt, mit ihrem Ehemann zurück in ihre 270 km entfernte Heimat. Bei der Friedhofs­ver­waltung beantragt sie eine dahingehende Umbettung der Urne, um ihre Mutter auf dem dortigen Friedhof bei sich zu haben. Die Friedhofs­ver­waltung lehnt dies ab, sodass die Frage vor dem Verwal­tungs­gericht geklärt werden muss.

Totenruhe versus Totenfürsorge

Geht es um die Umbettung eines Verstorbenen, berührt dies die Totenruhe und das Totenführ­sor­gerecht. Der Grundsatz der Totenruhe leitet sich aus der im Grundgesetz gewährten unantastbaren Würde des Menschen, die über dessen Tod hinaus wirkt. Die Totenruhe genießt nicht nur höchsten Verfas­sungsrang, sondern entspricht darüber hinaus allgemeinem Sittlichkeits- und Pietäts­emp­finden.

Gerät sie in Konflikt mit dem Totenfür­sor­gerecht, das als Recht der Hinter­bliebenen ebenfalls verfas­sungs­rechtlich gesichert ist und somit von vorneherein unter dem Vorbehalt des Sitten­ge­setzes und der Schranken der verfas­sungs­mäßigen Gesetze steht, so genießt der Schutz der Totenruhe regelmäßig Vorrang.

Umbettung: Störung der Totenruhe nur ausnahmsweise zulässig

Die mit der Umbettung verbundene Störung der Totenruhe kann nach den von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen erstens gerecht­fertigt sein, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten sein ausdrück­liches Einver­ständnis mit der Umbettung erklärt hat. Fehlt ein solches, kann zweitens auch ein entspre­chender mutmaß­licher Wille beachtlich sein. Dies setzt insoweit voraus, dass zumindest Tatsachen und Umstände gegeben sind, aus denen der diesbe­zügliche Wille des Verstorbenen mit hinrei­chender Sicherheit gefolgert werden kann.

Lässt sich ein Einver­ständnis des Verstorbenen mit der Umbettung nicht feststellen, kommt es drittens unter Berück­sich­tigung aller sonstigen Umstände des Einzelfalls drauf an, ob das Interesse des Totenfür­sor­ge­be­rech­tigten an der Umbettung nach allgemeiner Verkehrs­auf­fassung schutz­würdig ist, und ob seine Gründe so gewichtig sind, dass die Achtung der Totenruhe zurück­treten muss.

Ein wichtiger Grund für eine Umbettung kann demnach im Einzelfall auch vorliegen, wenn das Recht auf Totenfürsorge andernfalls in unzumutbarer Weise erschwert oder gar unmöglich gemacht wird. Denn in diesem Fall kann auch die Würde des Verstorbenen, die sich auch auf die Totenfürsorge, wie Grabpflege und Totenge­denken, bezieht, nicht genügend zu Geltung kommen. Aufgrund dieses grundsätz­lichen Rangver­hält­nisses zwischen dem Schutz der Totenruhe und dem Recht auf Totenfürsorge ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Umbettung einer einmal beigesetzten Leiche vor Ablauf der Ruhefrist nur aus ganz besonderen Gründen beansprucht werden kann.

Gericht: Umzug der Tochter kein Grund zur Umbettung

Aus diesen Gründen entscheidet das Verwal­tungs­gericht gegen das Ansinnen der Tochter, eine Umbettung zu erwirken. Einen ausdrück­lichen oder mutmaß­lichen Willen der Toten, bei einem Umzug der Tochter auf ihre Totenruhe zu verzichten, konnte die Tochter nicht nachweisen. Die Mutter sagte lediglich, dass sie bei einem Umzug zu ihren Lebzeiten mitkommen wolle. Zu einem Umzug nach ihrem Tod äußerte sie sich nicht.

Auch der von der Tochter geltend gemachte Umstand, ihr Recht auf Totenfürsorge sei durch ihren Umzug in die ca. 270 km entfernte Stadt erheblich eingeschränkt, begründet keinen wichtigen Grund, welcher wichtige wäre als der verfas­sungs­rechtlich geschützten Totenruhe ihrer verstorbenen Mutter. Dass die Klägerin aufgrund ihres Umzugs das Grab ihrer verstorbenen Mutter nicht in einer ihren Bedürf­nissen und Wünschen entspre­chenden Weise besuchen und pflegen kann, stellt einen für sie gewichtigen und nachvoll­ziehbaren Aspekt dar, der sich jedoch gegenüber dem Schutz der Totenruhe nicht durchsetzen kann und keine Umbettung erfordert.

Ein Umzug aufgrund veränderter Lebens­um­stände – wie alters­be­dingter Gesund­heits­ver­schlech­te­rungen oder des verständ­lichen Wunsches, den Lebensabend bei den Kindern zu verbringen – stellt für sich genommen regelmäßig keinen wichtigen Grund für die Umbettung vorver­storbener Angehöriger dar. Anderenfalls liefe der grundsätzlich und im Regelfall gebotene Schutz der Totenruhe weitgehend leer.

Denn es stellt sich nicht etwa als Ausnah­mefall, sondern als typisches Phänomen dar, dass ältere Menschen, die nicht mehr willens oder im Stande sind alleine zu leben, ihren bisherigen Wohnsitz aufgeben und entweder in die Nähe ihrer Kinder oder sonstiger naher Verwandten ziehen oder sich in eine (vom bisherigen Wohnort gegebe­nenfalls weit entfernt liegende) Senioren­un­terkunft begeben (müssen).

Totenfürsorge auch nach Umzug noch möglich

Das Recht der Klägerin auf Totenfürsorge wird ohne Überführung der Urne ihrer verstorbenen Mutter nur in einem Maße eingeschränkt, das ihr noch zumutbar ist. Dass die Entfernung zwischen ihrem jetzigen Wohnort und dem Grab ihrer Mutter die Grabbesuche und die Grabpflege gänzlich ausschließt, hat sie weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.

Die Klägerin hat nicht nachge­wiesen, dass sie alters­bedingt oder aus gesund­heit­lichen Gründen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, eine solche Reise von wenigen Stunden Dauer zu bewältigen. Selbst wenn es ihr nicht mehr möglich sein sollte, alleine zum Urnengrab ihrer verstorbenen Mutter zu reisen, ist ihr zumutbar, den Grabbesuch in Begleitung zum Beispiel ihres Sohnes durchzu­führen. Entspre­chendes gilt für die Grabpflege, wobei sich die Tochter hierfür zusätzlich der (Mit-)Hilfe Dritter (etwa einer Friedhofs­gärtnerei) bedienen kann. Der verständliche Wunsch der Klägerin, das Grab ihrer Mutter selbst pflegen und möglichst oft besuchen zu können, muss daher gegenüber der Totenruhe der Mutter zurück­stehen. Die Umbettung wird nicht genehmigt.

Verwal­tungs­gericht Ansbach vom 3. August 2016 (AZ: AN 4 K 16.00882)

Quelle: www.dav-erbrecht.de

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red/dpa
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Bestattung Familie

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