1. Fall: Anspruch hat der „verwitwete Ehegatte“
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main musste die Frage beantworten, wen der Erblasser mit seinem „verwitweten Ehegatten“ meinte. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über dieses Urteil.
Im Nachlass des Erblassers war eine Kapitallebensversicherung. Gemäß den Versicherungsbedingungen sollte im Todesfall sein Anspruch „auf den verwitweten Ehegatten“ übergehen. Probleme ergaben sich nach dem Tod des Erblassers, weil dieser nach Abschluss der Lebensversicherung zweimal heiratete. Die erste Ehe wurde rechtskräftig geschieden. Bei seinem Tod war der Erblasser nochmals verheiratet. Die Versicherungsgesellschaft zahlte an die erste, geschiedene Ehefrau aus. Die zweite, verheiratete Ehefrau verklagte die Versicherungsgesellschaft auf Auszahlung.
Die Geschiedene kann keine Witwe sein
Das OLG und vorher das Landgericht (LG) Frankfurt gaben der zweiten Ehefrau und im Zeitpunkt des Todes „verwitweten Ehegattin“ Recht: „Verwitwet ist definitionsgemäß diejenige Person, deren Ehepartner während einer bestehenden Ehe verstirbt. Verwitwet kann also nur die im Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser verheiratete Klägerin gewesen sein.“ Die erste Ehefrau hatte nach ihrer Scheidung den Familienstand „geschieden“, „nicht aber den Familienstand „verwitwet“, weil der Erblasser nicht während der mit ihr bestehenden Ehe verstorben war.“
Selbst wenn der Erblasser nach der Scheidung nicht mehr geheiratet hätte, hätte die geschiedene Ehefrau keinen Anspruch auf die Versicherungssumme gehabt, weil sie eben nicht „verwitwet“ war. Für die zweite Ehefrau spricht auch, dass die Lebensversicherung in der Scheidungsfolgenvereinbarung der ersten Ehe den Versicherungswert bei der Berechnung der Vermögensauseinandersetzung voll auf Seiten des Erblassers angesetzt habe (AZ: 3 U 124/13).
2. Fall: Versicherungsleistung für „Eltern, bei Heirat Ehegatte“
Nach einem Beschluss des Oberlandgerichts (OLG) Hamm wird nicht Bezugsberechtigter der Lebensversicherung, wer nicht im Versicherungsantrag erwähnt ist.
Der damals 17-jährige Erblasser beantragte im Jahr 1988 den Abschluss einer Lebensversicherung. Im Antrag gibt er an, dass im Falle seines Todes zum Bezug der Versicherungsleistung seine „Eltern, bei Heirat Ehegatte“ berechtigt sind. Im daraufhin erstellten Versicherungsschein heißt es zum Bezugsrecht „beim Tode der zuerst sterbenden versicherten Person der Ehegatte des versicherten im Zeitpunkt seines Ablebens“.
on 1996 an ist der Erblasser verheiratet, lässt sich aber im Jahr 2000 wieder scheiden. Der Mann verstarb im Jahr 2013. Die Versicherung zahlte die Lebensversicherungssumme an dessen Eltern aus. Seine Tochter, die nicht aus der Ehe stammente, begehrt gerichtlich aber die Zahlung der Versicherungssumme an sich.
OLG: Tochter und frühere Ehefrau haben keinen Anspruch auf Auszahlung der Lebensversicherung
Das OLG sieht keine Chancen für die Tochter: Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung, da sie nie Bezugsberechtigte, und wegen einer anderweitigen Bezugsrechtsbestimmung nicht als Erbin Anspruchsinhaberin geworden ist. Die Bestimmung der Bezugsberechtigung durch den Versicherungsnehmer ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Zeitpunkt ihrer Abgabe abstellend auf die Sicht des Versicherers als objektivem Empfänger auszulegen ist.
Gemessen daran steht vorliegend fest, dass Bezugsberechtigter der Auszahlung der Lebensversicherung nach der Scheidung im Jahre 2000 nicht die zwischenzeitliche Ehefrau des Mannes sein soll. Denn der Vater bringt für einen Versicherer erkennbar zum Ausdruck, dass die Bezugsberechtigung des potenziellen Ehegatten nur für die Dauer der Ehe bestehen soll. Auch wenn der Vater handschriftlich nur „bei Heirat Ehegatte“ einfügt, handelt es sich dabei bereits um eine aufschiebend bedingte Bezugsrechtbestimmung irgendeiner beliebigen und nicht bestimmten, namentlich bekannten, nur nicht mit dem Namen, sondern ihrer Funktion benannten Person.
Lebensversicherung: Bezugsbestimmung an Funktion des Ehegatten geknüpft
Diese aufgeschobene Bedingung bei gleichzeitiger Benennung seiner Eltern als Bezugsberechtigte für den Fall keiner Heirat muss der objektive Empfänger dahin verstehen, dass der Mann sich Gedanken über den (Fort ) Bestand der Ehe macht und die Bestimmung des Ehegatten zugleich auflösend auf die Scheidung bedingen will. Denn die Bezugsrechtsbestimmung knüpfte ausschließlich an die konkrete Funktion eines potenziellen „Ehegatten“ an, die aufgrund einer Scheidung oder des Todes endet.
Es scheint, dass der Erblasser als Unverheirateter durch die Aufnahme der Eltern im ersten Schritt ausschließlich überhaupt einen Bezugsberechtigten für die Lebensversicherung bestimmen wollte. Dies sind besondere Anhaltspunkte, die es erlauben, die Benennung des „Ehegatten“ als auflösend bedingt durch eine Scheidung oder sonstige Beendigung der Ehe anzusehen. Zugleich ergibt sich für einen objektiven Empfänger daraus aber nicht, dass die Bestimmung der Eltern mit einer Heirat endgültig entfallen soll. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass im Fall der Beendigung der Ehe nicht wieder die ursprünglich Benannten berechtigt sein sollen.
Etwas anders ergibt sich auch nicht aus dem vom Antrag abweichenden Versicherungsschein, der die Eltern des Mannes gar nicht mehr erwähnt. Denn zum einen handelt es sich bei der Bezugsrechtsbestimmung um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, so dass es nur auf den Antrag ankommt. Zum anderen wäre mangels aus dem Versicherungsschein ersichtlichen Hinweises der Vertrag entsprechend dem Antrag zustande gekommen.
Keine Anhaltspunkte, dass Kinder berechtigt sein sollten
Schließlich bestehen für den objektiven Empfänger der Bezugsrechtsbestimmungserklärung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass im Fall der Beendigung der Ehe eine vierte Person – zum Beispiel potenzielle Kinder – bezugsberechtigt sein sollten.
- Datum
- Aktualisiert am
- 08.03.2017
- Autor
- red/dpa/DAV