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Nachlass

Lebens­ver­si­che­rungen: Wer kann sie erhalten?

Ein Nachlass bringt manchmal auch viele Unklarheiten mit sich. © Quelle: DAV

Lebens­ver­si­che­rungen finden sich häufig in Nachlässen. Dabei kann der Erblasser bestimmen, wer nach seinem Ableben die Versiche­rungssumme bekommen soll. Wie der Begünstigte benannt wird, ist sehr wichtig. Die Deutsche Anwalt­auskunft erklärt dies an zwei Fällen.

1. Fall: Anspruch hat der „verwitwete Ehegatte“

Das Oberlan­des­gericht (OLG) Frankfurt am Main musste die Frage beantworten, wen der Erblasser mit seinem „verwitweten Ehegatten“ meinte. Die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert über dieses Urteil.

Im Nachlass des Erblassers war eine Kapital­le­bens­ver­si­cherung. Gemäß den Versiche­rungs­be­din­gungen sollte im Todesfall sein Anspruch „auf den verwitweten Ehegatten“ übergehen. Probleme ergaben sich nach dem Tod des Erblassers, weil dieser nach Abschluss der Lebens­ver­si­cherung zweimal heiratete. Die erste Ehe wurde rechts­kräftig geschieden. Bei seinem Tod war der Erblasser nochmals verheiratet. Die Versiche­rungs­ge­sell­schaft zahlte an die erste, geschiedene Ehefrau aus. Die zweite, verhei­ratete Ehefrau verklagte die Versiche­rungs­ge­sell­schaft auf Auszahlung.

Die Geschiedene kann keine Witwe sein

Das OLG und vorher das Landgericht (LG) Frankfurt gaben der zweiten Ehefrau und im Zeitpunkt des Todes „verwitweten Ehegattin“ Recht: „Verwitwet ist defini­ti­onsgemäß diejenige Person, deren Ehepartner während einer bestehenden Ehe verstirbt. Verwitwet kann also nur die im Zeitpunkt des Todes mit dem Erblasser verhei­ratete Klägerin gewesen sein.“ Die erste Ehefrau hatte nach ihrer Scheidung den Famili­enstand „geschieden“, „nicht aber den Famili­enstand „verwitwet“, weil der Erblasser nicht während der mit ihr bestehenden Ehe verstorben war.“

Selbst wenn der Erblasser nach der Scheidung nicht mehr geheiratet hätte, hätte die geschiedene Ehefrau keinen Anspruch auf die Versiche­rungssumme gehabt, weil sie eben nicht „verwitwet“ war. Für die zweite Ehefrau spricht auch, dass die Lebens­ver­si­cherung in der Scheidungs­fol­gen­ver­ein­barung der ersten Ehe den Versiche­rungswert bei der Berechnung der Vermögens­aus­ein­an­der­setzung voll auf Seiten des Erblassers angesetzt habe (AZ: 3 U 124/13).

2. Fall: Versiche­rungs­leistung für „Eltern, bei Heirat Ehegatte“

Nach einem Beschluss des Oberland­ge­richts (OLG) Hamm wird nicht Bezugs­be­rech­tigter der Lebens­ver­si­cherung, wer nicht im Versiche­rungs­antrag erwähnt ist.

Der damals 17-jährige Erblasser beantragte im Jahr 1988 den Abschluss einer Lebens­ver­si­cherung. Im Antrag gibt er an, dass im Falle seines Todes zum Bezug der Versiche­rungs­leistung seine „Eltern, bei Heirat Ehegatte“ berechtigt sind. Im daraufhin erstellten Versiche­rungs­schein heißt es zum Bezugsrecht „beim Tode der zuerst sterbenden versicherten Person der Ehegatte des versicherten im Zeitpunkt seines Ablebens“.

on 1996 an ist der Erblasser verheiratet, lässt sich aber im Jahr 2000 wieder scheiden. Der Mann verstarb im Jahr 2013. Die Versicherung zahlte die Lebens­ver­si­che­rungssumme an dessen Eltern aus. Seine Tochter, die nicht aus der Ehe stammente, begehrt gerichtlich aber die Zahlung der Versiche­rungssumme an sich.

OLG: Tochter und frühere Ehefrau haben keinen Anspruch auf Auszahlung der Lebens­ver­si­cherung

Das OLG sieht keine Chancen für die Tochter: Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung, da sie nie Bezugs­be­rechtigte, und wegen einer anderweitigen Bezugs­rechts­be­stimmung nicht als Erbin Anspruchs­in­haberin geworden ist. Die Bestimmung der Bezugs­be­rech­tigung durch den Versiche­rungs­nehmer ist eine einseitige, empfangs­be­dürftige Willens­er­klärung, die auf den Zeitpunkt ihrer Abgabe abstellend auf die Sicht des Versicherers als objektivem Empfänger auszulegen ist.

Gemessen daran steht vorliegend fest, dass Bezugs­be­rech­tigter der Auszahlung der Lebens­ver­si­cherung nach der Scheidung im Jahre 2000 nicht die zwischen­zeitliche Ehefrau des Mannes sein soll. Denn der Vater bringt für einen Versicherer erkennbar zum Ausdruck, dass die Bezugs­be­rech­tigung des potenziellen Ehegatten nur für die Dauer der Ehe bestehen soll. Auch wenn der Vater handschriftlich nur „bei Heirat Ehegatte“ einfügt, handelt es sich dabei bereits um eine aufschiebend bedingte Bezugs­recht­be­stimmung irgendeiner beliebigen und nicht bestimmten, namentlich bekannten, nur nicht mit dem Namen, sondern ihrer Funktion benannten Person.

Lebens­ver­si­cherung: Bezugs­be­stimmung an Funktion des Ehegatten geknüpft

Diese aufgeschobene Bedingung bei gleich­zeitiger Benennung seiner Eltern als Bezugs­be­rechtigte für den Fall keiner Heirat muss der objektive Empfänger dahin verstehen, dass der Mann sich Gedanken über den (Fort ) Bestand der Ehe macht und die Bestimmung des Ehegatten zugleich auflösend auf die Scheidung bedingen will. Denn die Bezugs­rechts­be­stimmung knüpfte ausschließlich an die konkrete Funktion eines potenziellen „Ehegatten“ an, die aufgrund einer Scheidung oder des Todes endet.

Es scheint, dass der Erblasser als Unverhei­rateter durch die Aufnahme der Eltern im ersten Schritt ausschließlich überhaupt einen Bezugs­be­rech­tigten für die Lebens­ver­si­cherung bestimmen wollte. Dies sind besondere Anhalts­punkte, die es erlauben, die Benennung des „Ehegatten“ als auflösend bedingt durch eine Scheidung oder sonstige Beendigung der Ehe anzusehen. Zugleich ergibt sich für einen objektiven Empfänger daraus aber nicht, dass die Bestimmung der Eltern mit einer Heirat endgültig entfallen soll. Es gibt kein Anzeichen dafür, dass im Fall der Beendigung der Ehe nicht wieder die ursprünglich Benannten berechtigt sein sollen.

Etwas anders ergibt sich auch nicht aus dem vom Antrag abweichenden Versiche­rungs­schein, der die Eltern des Mannes gar nicht mehr erwähnt. Denn zum einen handelt es sich bei der Bezugs­rechts­be­stimmung um eine einseitige empfangs­be­dürftige Willens­er­klärung, so dass es nur auf den Antrag ankommt. Zum anderen wäre mangels aus dem Versiche­rungs­schein ersicht­lichen Hinweises der Vertrag entsprechend dem Antrag zustande gekommen.

Keine Anhalts­punkte, dass Kinder berechtigt sein sollten

Schließlich bestehen für den objektiven Empfänger der Bezugs­rechts­be­stim­mungs­er­klärung keinerlei Anhalts­punkte dafür, dass im Fall der Beendigung der Ehe eine vierte Person – zum Beispiel potenzielle Kinder – bezugs­be­rechtigt sein sollten.

Datum
Aktualisiert am
08.03.2017
Autor
red/dpa/DAV
Bewertungen
462
Themen
Erbschaft Erbstreit Lebens­ver­si­cherung Tod

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