
Die gesetzlichen Bestimmungen zum Erbvertrag finden sich unter § 2274 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches. Erbverträge sind natürlich nicht nur zwischen unverheirateten Paaren möglich. Auch Ehegatten können gemeinsam einen Erbvertrag abschließen.
Besonders die Möglichkeit, die Erbeinsetzung an Gegenleistungen zu knüpfen, bietet Raum für Gestaltungsmöglichkeiten. So können eine ältere Dame und ihr Neffe erbvertraglich festlegen, dass er sie im Alter pflegt und sie nach ihrem Tod beerbt.
Bedingungen detailliert festlegen
„Ein Erbvertrag kann bei Bedarf sehr detailliert gestaltet sein“, erklärt Prof. Andreas Frieser, Anwalt für Erbrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Im beschriebenen Fall müsste der Erbvertrag zum Beispiel festlegen, was die Pflege der Tante beinhalte. „Hilfe bei Verrichtungen des täglichen Lebens sollte dazu gehören“, sagt der Erbrechtsexperte. „Aber muss er seine Tante zum Beispiel auch zum Frisör fahren?“Pflegeverpflichtungen sind in solchen Verträgen, die beim Notar geschlossen werden müssen, meist minutiös gestaltet.
Erbvertrag ändern: Möglichkeiten im Voraus festlegen
Was kleinkariert klingen mag, kann dann wichtig sein, wenn die Tante vom Vertrag zurücktreten will, weil sie sich nicht richtig gepflegt fühlt. Was ist in so einem Fall zu tun? Zunächst gilt es zu unterscheiden zwischen einer Änderung des Erbvertrags und einer Anfechtung.
Ändern können nur beide Parteien gemeinsam etwas. Das gilt für Klauseln, die vertraglich bindend sind. Auf welche das zutrifft und auf welche nicht, können die Vertragspartner bestimmen, wenn sie den Erbvertrag schließen. „Die Vertragspartner müssen dann entscheiden, wie eng sie den Vertrag gestalten möchten“, sagt Rechtsanwalt Frieser. „Jeder sollte sich fragen: Was möchte ich unter welchen Umständen ändern können?“
Der Klassiker: Eine Trennung. In der Regel möchte in einem solchen Fall niemand den Ex-Partner in seinem Erbvertrag begünstigen. Für einen solchen Fall kann man im Erbvertrag vorsorgen und sich vorbehalten, bei einer Trennung vom Vertrag zurücktreten beziehungsweise ihn ändern zu können.
Irrtum über Beziehung: Anfechtung möglich
Hat man das nicht verfügt und stimmt der Partner einer Änderung des Vertrags nicht zu, bleibt noch, den Erbvertrag anzufechten. Häufig wird allerdings in Erbverträgen die Anfechtungsmöglichkeit ausgeschlossen oder beschränkt; auch dieser Punkt muss genau abgestimmt und mit dem Notar erörtert werden.
Häufigster Anfechtungsgrund ist ein sogenannter Motivirrtum des Erblassers: Jemand hat einen Erbvertrag mit dem Partner geschlossen, weil er davon ausging, dass man als Paar auch in Zukunft harmonisch zusammenleben würde. Nach ein paar Jahren trennt sich womöglich der Partner und es kommt heraus, dass dieser in Wahrheit homosexuell ist und schon seit längerer Zeit eine heimliche Beziehung führt. Dann könnte eine Anfechtung erfolgreich sein.
„Ein Motivirrtum gilt übrigens nur im Erbrecht als Grund, einen Vertrag anzufechten“, klärt Rechtsanwalt Frieser auf. „Ansonsten wäre die Rechtsunsicherheit groß – man stelle sich nur vor, man könnte Kaufverträge anfechten, weil einem das gekaufte Produkt doch nicht gefällt.“
Erbvertrag anfechten: Fristen beachten
Vorsicht: Wer einen Erbvertrag anfechten will, muss sich unbedingt an die entsprechenden Fristen halten. Das zeigt ein drastischer Fall, in dem das Oberlandesgericht Koblenz kürzlich entschieden hat (Entscheidung vom 29. Januar 2015, AZ: 3 U 813/14).
Die beiden Parteien, um die es ging, lebten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Sie hatten einen Erbvertrag geschlossen, durch die Frau ihrem Partner mehrere Grundstücke vermachte. Drei Jahre später schubste der Mann die Frau im Zustand verminderter Schuldfähigkeit die Treppe herunter, sodass die Frau erhebliche Verletzungen davon trug. Sechs Jahre danach focht die Frau den Erbvertrag an und klagte auf Feststellung der Unwirksamkeit des Erbvertrages.
Das Gericht wies die Klage der Frau jedoch ab. Dabei ging es jedoch weniger um den Grund, aus dem sie den Vertrag anfechten wollte, als um den Zeitpunkt. Die Gründe der Richter: Sobald sich herausstellt, dass ein Grund für eine Anfechtung wegen Irrtums vorliegt, hat man ein Jahr lang Zeit, um den Vertrag anzufechten. Im zugrunde liegenden Fall sei spätestens nach der Straftat des Mannes klar geworden, dass ein harmonisches Zusammenleben mit dem Mann nicht mehr möglich sein würde. Mit dem zeitlichen Abstand von sechs Jahren war die Frist jedoch abgelaufen. In der Folge blieb der Mann der Begünstige im Erbvertrag mit der Frau.
…drum prüfe, wer sich mit einem Erbvertrag bindet
Fazit: Wer mit dem Partner oder einem Familienmitglied einen Erbvertrag schließt, sollte für sich im Vorhinein unter anderem folgende Fragen beantworten:
• Unter welchen Voraussetzungen würde ich es nicht mehr wollen, dass mein Partner/mein Verwandter mich beerbt?
• Welche Vertragsbestimmungen würde ich in diesen Fällen ändern wollen?
• Möchte ich die Erbeinsetzung an bestimmte Gegenleistungen knüpfen?
Sich darüber rechtzeitig klar zu werden und den Erbvertrag entsprechend zu gestalten, kann später viel Ärger, Zeit und Geld sparen. Sind alle Klauseln im Erbvertrag bindend und nicht änderbar, bleibt dem Erblasser, der den Erbvertrag ändern möchte, nur noch die Anfechtung.
Sie möchten einen Erbvertrag schließen oder Ihren bestehenden Erbvertrag ändern? Dann sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen. So lassen sich teure Fehlentscheidungen vermeiden. Hier finden Sie eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in Ihrer Nähe.
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