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- Seite 1 – Was ist ein Erbvertrag?
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Wer für seine Angehörigen im Falle des eigenen Todes vorsorgen möchte, hat eine Alternative zum Testament – den Erbvertrag. Während im Testament der Erblasser, also der Vererbende, alleine über seinen Nachlass entscheidet, sind im Erbvertrag mehrere Menschen involviert, die die Regelungen zu ihrem Nachlass aufeinander abstimmen. Ebenso wie das Testament kann der Vertrag die gesetzliche Erbfolge umgehen.
Der grundlegende Unterschied zwischen einem Erbvertrag und einem Testament besteht laut BGB darin, dass der Vertrag Verfügungen enthält, die ein Vertragspartner nicht einseitig ändern kann. Das ist beim Testament anders. Hier kann der Testator, also derjenige, der das Testament verfasst, seinen letzten Willen jederzeit beliebig ändern.
Für einen Erbvertrag entscheiden sich meist Personen, die aufeinander abgestimmte Verfügungen für die Zeit nach ihrem Tod treffen wollen und die gesetzliche Erbfolge außer Kraft setzen möchten. Dabei handelt es sich häufig um Paare, die keine Ehe eingehen möchten. Das gemeinschaftliche Testament, das ebenfalls aufeinander abgestimmte Verfügungen enthält, ist für sie keine Option. In einem gemeinschaftlichen Testament können nur Eheleute aufeinander abgestimmte Verfügungen treffen. Gelegentlich wird ein Erbvertrag mit einer Pflegeverpflichtung verbunden. In diesem Falle legt der pflegende Verwandte Wert darauf, Erbe zu werden, wenn er den Erblasser pflegt.
Ein Erbvertrag muss gemäß BGB eine vertragsmäßige Verfügung von Todes wegen enthalten, so dass die Erben in jedem Falle beteiligt sein müssen. Allerdings können auch Ehegatten einen Erbvertrag schließen, in dem sie einen Dritten begünstigen, der nicht am Vertrag beteiligt ist.
Jedem Erben steht laut BGB das Ausschlagungsrecht zu, das innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls ausgeübt werden muss.
Der Erblasser kann laut Bürgerlichem Gesetzbuch vom Erbvertrag zurücktreten, insofern er sich einen solchen Rücktritt vorbehalten hat. Außerdem kann er sich bei bestimmten schweren Verfehlungen der Erben auf sein gesetzlich verbrieftes Rücktrittsrecht berufen. In allen anderen Fällen können nur alle Vertragsbeteiligten einvernehmlich den Vertrag ändern oder aufheben. Demgegenüber kann der Testator ein Testament jederzeit frei widerrufen und ggf. ein neues Testament aufsetzen.
Erbverträge sollten so detailliert wie möglich verfasst sein – insbesondere, wenn Pflegeverpflichtungen Teil der Verträge sind.
Ja, letztwillige Verfügungen bedürfen gemäß BGB zwingend einer notariellen Beurkundung. Sie geht bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Vertragspartner vonstatten. Der Notar kann den notariellen Erbvertrag nach der Beurkundung auch verwahren. Alternative ist laut BGB die amtliche Verwahrung beim zuständigen Amtsgericht.
Ja. Häufigster Anfechtungsgrund ist ein sogenannter Motivirrtum des Erblassers. Beispiel: Jemand hat einen Erbvertrag mit dem Partner geschlossen, weil er davon ausging, dass man als Paar auch in Zukunft harmonisch zusammenleben würde. Nach ein paar Jahren trennt sich womöglich der Partner und es stellt sich heraus, dass dieser homosexuell ist und schon seit längerer Zeit eine heimliche Beziehung führt. In einem solchen Fall könnte eine Anfechtung erfolgreich sein. Wichtig: Wer den Vertrag anfechten will, muss sich unbedingt an die entsprechenden Fristen halten. Sobald sich herausstellt, dass ein Grund für eine Anfechtung wegen Irrtums vorliegt, hat man ein Jahr lang Zeit, um den Vertrag anzufechten.
In Erbverträgen kann man festlegen, dass schadensersatzpflichtig wird, wer gegen die Bestimmungen verstößt. Ein Schadensersatzanspruch setzt zwar voraus, dass auch ein Schaden entstanden ist. Eine Erbvertragsklausel, die eine Schadensersatzpflicht festlegt, kann aber als Vertragsstrafe ausgelegt werden. Wer den Vertrag bricht, muss dann zahlen – auch wenn der Schaden (noch) nicht eingetreten ist. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 14.08.2019 (5 U 87/18), wie die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht informiert.
In dem Fall ging es um ein Ehepaar, das mit seiner Tochter einen Erbvertrag geschlossen hat. Die beiden setzten sich gegenseitig als Alleinerben ein. Die Tochter sollte dann Erbin des zuletzt versterbenden Ehegatten werden, also Schlusserbin. Die Eltern verpflichten sich, ihre Immobilien nicht ohne Zustimmung der Tochter zu verkaufen, „widrigenfalls sie in Geld schadensersatzpflichtig würden.“
Nach dem Tod des Vaters verkaufte die Mutter dennoch eines ihrer Grundstücke ohne Zustimmung ihrer Tochter. Die Tochter verlangte daraufhin Schadensersatz in Höhe des erlangten Kaufpreises. Die Mutter weigerte sich zu zahlen - der Tochter sei gar kein Schaden entstanden. An ihrem derzeitigen Vermögen habe sich schließlich nichts geändert. Die Richter gaben hingegen der Tochter recht. Die entsprechende Klausel könne als Vertragsstrafe verstanden werden. Die Mutter musste zahlen.
Wer mit dem Partner oder einem Familienmitglied einen Erbvertrag schließt, sollte zuvor unbedingt folgende Fragen beantworten:
Wer sich über diese Fragen rechtzeitig im Klaren ist und den Erbvertrag entsprechend gestaltet, kann sich später viel Ärger, Zeit und Geld sparen. Sind alle Klauseln im Vertrag bindend, bleibt einem Erblasser, der diesen ändern möchte, nur noch, ihn anzufechten.
Sie möchten einen Erbvertrag schließen oder Ihren bestehenden ändern? Sie bevorzugen ein Testament? In beiden Fällen sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen. So lassen sich teure Fehlentscheidungen vermeiden. Hier finden Sie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Ihrer Nähe.