
Ist die Erbschaft einmal angenommen, lässt sich nichts mehr machen? Manchmal schon. Kommen danach neue Erkenntnisse ans Licht, lässt sich die Annahme eventuell anfechten. © Quelle: Image Source/gettyimages.de
Der Fall
Nach dem Tod des Vaters erfuhren seine Kinder als dessen Erben von einer Forderung gegen den Vater, meinten jedoch, dass diese verjährt sei und den Nachlass daher nicht mehr belaste. Um dies verbindlich zu klären, reichten sie eine Klage ein. Das Gericht entschied, dass die Forderung gegen den Nachlass immer noch besteht.
Durch diese Forderung war der Nachlass überschuldet, sodass die Kinder nach Verkündung des Urteils ihre Annahme der Erbschaft anfochten. Sie forderten die Einziehung eines Erbscheins, der sie als Miterben auswies. Das hierfür zuständige Nachlassgericht lehnte dies ab, da die Kinder bereits vor Klageerhebung von der Forderung wussten und die sechswöchige Anfechtungsfrist nach Urteilsverkündung abgelaufen war.
Erst Klärung durch Urteil bringt Gewissheit
Das OLG München sah dies anders: Die Überschuldung des Nachlasses ist eine verkehrswesentliche Eigenschaft, die dazu berechtigen kann, die Annahme der Erbschaft anzufechten. Ein Anfechtungsgrund ist aber nur dann gegeben, wenn der Irrtum bezüglich der Überschuldung des Nachlasses auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht.
So kann eine Überschuldung des Nachlasses auch dann anzunehmen sein, wenn es um die Belastung des Nachlasses mit wesentlichen Verbindlichkeiten geht, deren rechtlicher Bestand ungeklärt ist. Da die Kinder des Erblassers in ihrer Klageschrift davon ausgingen, dass die Forderung wegen der Verjährung keinen Bestand hatte, ist die Auffassung des Nachlassgerichts falsch, dass es sich nur um eine nachträglich andere Bewertung einer bekannten Verbindlichkeit handelt.
Vielmehr hatten die Erben nicht gewusst, dass die Forderung überhaupt eine Nachlassverbindlichkeit darstellt und damit den Nachlass belastet. Erst mit der Zustellung des feststellenden Urteils ergab sich die Aufklärung des Irrtums. Damit begann auch erst dann die Frist zur Ausschlagung des Erbes. Die Anfechtung nach der Zustellung des Urteils, das festgestellt hatte, dass die Forderungen nicht verjährt waren, zeigte auch, dass die Kinder die Erbschaft bei früherer Kenntnis sofort ausgeschlagen hätten. Ihre Anfechtung der Annahme der Erbschaft nach diesem Urteil führte also rechtmäßig dazu, dass sie nicht mehr Erben sind. Entsprechend musste der anderslautende Erbschein eingezogen werden.
OLG München, Beschluss vom 28. Juli 2015 (AZ: 31 Wx 54/15)
Quelle: www.dav-erbrecht.de
- Datum
- Aktualisiert am
- 20.10.2015
- Autor
- dpa/red