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Erbe ausschlagen: So vermeiden Sie, Schulden zu erben

Erbe ausschlagen – was Sie tun können, um keine Schulden zu erben
© Quelle: DAV

Eine Erbschaft macht nicht immer reich: Hatte der Verstorbene Schulden, gehen diese auf die Erben über. Sie können sich aber davor schützen, indem sie die Hinter­las­sen­schaft ablehnen. Im Fachjargon heißt das: das Erbe ausschlagen. Das Rechts­portal anwalt­auskunft.de erklärt Ihnen, was Sie dazu wissen müssen und welche Regeln gelten.

Wie kann ich das Erbe ausschlagen?

Rund 400 Milliarden Euro werden jedes Jahr in Deutschland vererbt. Das schätzt das Wissen­schaftliche Institut der Deutschen Wirtschaft. Aber nicht alle Erben bekommen von diesem üppigen Kuchen etwas ab. Immer wieder hinter­lassen Verstorbene auch Schulden oder marode Immobilien.

Das Problem: Wer Schulden erbt, haftet dafür mit seinem gesamten Vermögen. Es genügt nicht, den Besitz des Verstorbenen zu verkaufen und mit dem Erlös die Verbind­lich­keiten zu zahlen. Erben können jedoch einige Dinge tun, um nicht in die ererbte Schuldenfalle geraten.

Eröffnungs­pro­tokoll: Wie erfährt man, ob man Erbe geworden ist?

Stirbt ein Mensch und hat der Verstorbene ein Testament hinter­lassen, schickt das Nachlass­gericht den Erben eine beglaubigte Kopie und das Protokoll über die Eröffnung des Testaments. Wer ein Testament des Verstorben findet, muss es an das Gericht weiter­leiten.

Das Nachlass­gericht ist in der Regel das Amtsgericht der Stadt, in der der Verstorbene zuletzt gewohnt hat. Hat der Verstorbene kein Testament aufgesetzt, greift in der Regel die gesetzliche Erbfolge.

Wie gehe ich vor, wenn ich die Erbschaft ausschlagen möchte?

Erben, die ein überschuldetes Erbe ausschlagen möchten, müssen gegenüber dem zuständigen Nachlass­gericht die Erbaus­schlagung erklären. Wer die Erklärung der Ausschlagung zuhause verfasst und beim Gericht einreicht, muss seine Unterschrift bei einem Notar beglaubigen lassen.

Erbaus­schlagung: Bis wann muss ich mich entscheiden?

"Sobald das Testament eröffnet ist und die Erben die beglaubigte Kopie erhalten haben, haben sie sechs Wochen Bedenkzeit, ob sie das Erbe annehmen", sagt Dr. Hubertus Rohlfing, Rechts­anwalt für Erbrecht und Mitglied der Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Die Frist laufe ab, sobald der Postbote klingelt und die Unterlagen in den Briefkasten wirft.

Gibt es kein Testament, läuft die sechswöchige Frist ab, sobald die Angehörigen vom Tod des Erblassers erfahren haben. Bis dahin müssen sie sich für eine Annahme oder eine Ausschlagung der Erbschaft entschieden haben.

Mehr Zeit bleibt den Erben, wenn der Erblasser im Ausland lebte. In diesem Fall beträgt die Frist für die Erbaus­schlagung sechs Monate. Das gilt auch dann, wenn die Erben selbst außerhalb Deutschlands unterwegs sind, wenn sie über den Nachlass informiert werden.

Erbaus­schlagung rückgängig machen & beschränkte Erbenhaftung

Überschuldetes Erbe ausgeschlagen: Was tun, wenn später Vermögen auftaucht?

Sowohl wenn man das Erbe annimmt als auch wenn man es ausschlägt, kann man seine Meinung später wieder ändern. Das geht aber nur aus gutem Grund. Erben können die Erklärung der Erbaus­schlagung zum Beispiel anfechten, wenn sie nicht über den gesamten Nachlass informiert waren, als sie das Erbe ausgeschlagen haben.

"Genauso können Angehörige ihre Entscheidung anfechten, wenn sie das Erbe angenommen haben und erst danach entdecken, dass der Verstorbene Steuer­schulden hatte", sagt der Rechts­anwalt aus Hamm. Selbst wenn sie es versäumt haben, innerhalb der ersten Frist das Erbe auszuschlagen, können sie noch dagegen noch angehen. Wiederum innerhalb einer Frist von sechs Wochen.

Staat ist Zwangserbe geworden: Kann ich das Erbe zurück­be­kommen?

Manchmal werden die Angehörigen erst nach zehn Jahren auf eine Erbschaft aufmerksam. Der Staat ist dann längst als Zwangserbe eingesprungen. "Wenn der Staat ein Erbe übernimmt, weil er keine Erben ausfindig machen kann, ist er verpflichtet, das Vermögen des Verstorbenen heraus­zugeben ‒ wenn sich doch noch Erben melden‚“ erklärt Rohlfing. Die Angehörigen müssen dann einen Erbscheins­antrag beim Nachlass­gericht stellen.

Welche Kosten dann auf die Erben zukommen, hängt vom Vermögen des Erblassers ab. "Wenn der Verstorbene zum Beispiel eine Millionen Euro auf einem Schweizer Schwarz­geldkonto versteckt hatte, kostet die Erben der Verwal­tungs­aufwand für das staatliche Interimserbe rund 3.500 Euro" erklärt Rohlfing.

Beschränkte Erbenhaftung: Was ist das?

Wenn der Nachlass die Schulden nicht deckt, kann der Erbe die Haftung für die Schulden auf den Nachlass beschränken. Dann werden die Verbind­lich­keiten des Erblassers nur daraus beglichen.

Der Erbe kann die Haftung auf den Nachlass beschränken, indem er beim Nachlass­gericht die Nachlass­ver­waltung beantragt. Das Gericht bestellt daraufhin einen Nachlass­ver­walter, der den Nachlass in Besitz nimmt und die Schulden reguliert. Die Nachlass­ver­waltung wird nur angeordnet, wenn eine für die Kosten des Verfahrens ausrei­chende Nachlassmasse vorhanden ist.

Andernfalls kann der Erbe gegenüber den Gläubigern des Erblassers die Dürftig­keits­einrede erheben. Dabei muss der Erbe etwa noch vorhandene Nachlass­ge­gen­stände an die Gläubiger zu deren Befrie­digung herausgeben. Eine persönliche Haftung kann er dadurch vermeiden.

Ausschlagung der Erbschaft & beschränkte Erbenhaftung: So haben die Gerichte entschieden

Angehörige, die das Erbe ausschlagen wollen, beschäftigen immer wieder nicht nur das Familien- und Nachlass­gericht. Lesen Sie hier wichtige Urteile zum Thema Erbaus­schlagung.

Erbaus­schlagung: Bekommt man Prozess­kos­tenhilfe?

Wer das Erbe ausschlagen möchte, kann dafür keine Prozess­kos­tenhilfe bekommen. Das gilt auch, wenn die Person auf Sozialhilfe angewiesen ist. So hat das OLG Celle am 27. Mai 2015 entschieden (Entscheidung, AZ: 6 W 75/16), wie die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des DAV informiert.

In dem Fall erbte ein Hartz-IV-Empfänger einen überschuldeten Nachlass. Vor dem Nachlass­gericht wollte er die Ausschlagung erklären. Dafür beantragte er Prozess­kos­tenhilfe. Das OLG Celle lehnte ab. Der Grund: Der Mann müsse seine Sozial­leis­tungen einsetzen, um die Erklärung der Erbaus­schlagung zu zahlen. Prozess­kos­tenhilfe könne er nicht bekommen, weil die Erbaus­schlagung kein Gerichts­ver­fahren sei und auch zu keinem führe. Das Nachlass­gericht nehme die Erklärung der Ausschlagung nur entgegen.

Marode Immobilie: Gericht muss prüfen, ob Ausschlagung dem Kindeswohl entspricht

Wenn Eltern das Erbe für ihr Kind ausschlagen, muss das Famili­en­gericht die Ausschlagung genehmigen. Das darf es nur tun, wenn sie dem Kindeswohl entspricht. Zuvor muss das Gericht den Sachverhalt genau prüfen. Es muss zum Beispiel untersuchen, ob nach der gesetz­lichen Erbfolge vor dem Kind andere Verwandte geerbt hätten – und ob diese eine Ausschlagung des Erbes erklärt haben und warum.

Schlägt die Mutter das Erbe für das Kind aus, weil sie die vererbte Immobilie für baufällig und die Erbschaft für wirtschaftlich nicht sinnvoll hält, muss das Gericht auch dies prüfen. Denn dass eine Erbschaft schuldenfrei ist, heißt nicht, dass sie wirtschaftlich sinnvoll ist und dem Kindeswohl entspricht. So hat das OLG Zweibrücken entschieden (Beschluss vom 21. Juli 2016, AZ: 2 WF 81/16), wie die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im DAV informiert.

Beschränkte Erbenhaftung: Wichtige Urteile

Hier zeigen wir Ihnen interessante Urteile zum Thema beschränkte Erbenhaftung.

Erbschaft annehmen: Ganz oder gar nicht

Wer erbt, darf den Nachlass nicht erst nutzen und dann die Dürftig­keits­einrede erheben. So entscheid das Amtsgericht (AG) Köln (Beschluss vom 17. August 2015, AZ: 142 C 327/14) im Fall einer Frau, die ein finanziertes Auto erbte. Sie nutzte das Auto und zahlte die Raten zunächst aus eigener Tasche. Als die Bank nach drei Jahren den Vertrag kündigte und eine Schluss­rechnung stellte, erhob die Frau die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses. Das Gericht entschied: Die Frau muss den Betrag aus eigener Tasche zahlen.

Beschränkte Erbenhaftung: Wer zahlt, wenn es zum Mahnver­fahren kommt?

Wer einen überschuldeten Nachlass erbt, erhält mitunter Mahnungen von den Gläubigern. Beschränkt er seine Haftung auf das Erbe, muss er gegen Mahnbe­scheide Widerspruch einlegen. Die Kosten des Mahnver­fahrens trägt unter Umständen der Kläger. Das zeigt eine Entscheidung des OLG Naumburg vom 7. Oktober 2014 AZ: 5 O 196/14), wie die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im DAV informiert.

Fragen zur Erbaus­schlagung oder beschränkten Erbenhaftung? Anwälte helfen

Sie möchten ein Erbe ausschlagen oder ihre Erbenhaftung beschränken? Sie haben die Erbschaft eines Angehörigen ausgeschlagen, die Frist ist abgelaufen und Sie haben entdeckt, dass er Vermögen hatte? Sie haben nach der Annahme der Erbschaft heraus­ge­funden, dass der Erblasser Schulden hatte? Oder sind Sie nicht sicher, ob Sie das Erbe ausschlagen sollten und wünschen eine Beratung? Wenden Sie sich an eine Anwältin oder einen Anwalt für Erbrecht. Diese beraten Sie gerne. Kompetente Ansprech­partner in ganz Deutschland finden Sie über die Anwaltssuche.

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Datum
Aktualisiert am
15.05.2018
Autor
red/dpa
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Themen
Erbschaft Schulden Testament

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