
Der Fall: Pflichtteilsentziehung des Sohnes wegen Körperverletzung
Der Erblasser wollte einen von seinen drei Söhnen nicht nur enterben, sondern diesem auch dessen Pflichtteilsanspruch entziehen. Hierfür setzte der Erblasser 1999 zwei Söhne zu gleichen Anteilen als Erben ein. Gleichzeitig enterbte er den dritten Sohn und entzog ihm den Pflichtteil. Er begründete dies mit einer Körperverletzung am 16. August 1998.
2004 errichtete der Erblasser ein weiteres notarielles Testament, in welchem er das Testament vom 10. Juni 1999 ausdrücklich aufrechterhielt. Er wiederholte die Pflichtteilsentziehung gegenüber dem einen Sohn, verwies auf eine dem Testament beiliegende Strafanzeige und präzisierte den Sachverhalt weiter. Der Sohn macht nunmehr gegenüber seinen beiden Brüdern diese Pflichtteilsansprüche geltend.
LG: Landshut: Keine wirksame Pflichtteilsentziehung
Das LG Landshut sah durch die Testamente dennoch eine wirksame Pflichtteilsentziehung als nicht gegeben an. Nach dem Gesetz ist eine Pflichtteilsentziehung nur in sehr engen Grenzen möglich, wenn der potenzielle Erbe sich bestimmter, schwerer Vergehen gegen den Erblasser schuldig gemacht hat.
Diese wurden von den beiden als Erben verklagten Brüdern aber nicht hinreichend bewiesen. Zwar hätte sie, so das Gericht, die Pflichtteilsentziehungsgründe dahingehend konkretisiert, dass der enterbte Bruder dem Vater am 16. August 1998 eine Schürfwunde beigebracht und eine blutige Nase sowie ein blaues Auge geschlagen habe. Außerdem soll er unter anderem Telefonterror durchgeführt sowie Luft aus den Autoreifen eines Bruders abgelassen haben.
Grund für Pflichtteilsentziehung nicht belegt: Sohn bekommt Pflichtteil
Objektive Anhaltspunkte für den Nachweis dieses Vortrags waren jedoch nicht vorhanden, insbesondere konnten die staatsanwaltschaftlichen Akten über die damaligen Strafanzeigen des Erblassers und der beiden Beklagten wegen zwischenzeitlicher Vernichtung nicht mehr beigezogen werden.
Ein Zeuge konnte nur angeben, dass es zwischen dem Erblasser und dem Kläger zu einem Streit gekommen war und das Verhältnis zwischen den Parteien und zwischen dem Kläger und dem Erblasser danach sehr belastet war. Eine konkrete Körperverletzung ist damit aber nicht bewiesen. Der enterbte und dem Pflichtteil entzogene Sohn hatte somit zumindest einen Anspruch auf seinen Pflichtteil nach dem Tod des Vaters.
Landgericht Landshut am 4. März 2016 (AZ: 54 O 2287/12)
Quelle: www.dav-erbrecht.de
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- dpa/red