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- Seite 1 – Was ist das Berliner Testament?
- Seite 2 – Weitere Nachteile des Berliner Testaments
- Seite 3 – Wie kann ich ein Berliner Testament ändern?
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Beim sogenannten Berliner Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben ein. So stellen sie die Versorgung des länger Lebenden sicher. Erst nach dessen Tod vererben sie den Nachlass – nicht zwangsläufig, aber in den allermeisten Fällen – an die Kinder. Da das elterliche Testament die Kinder nach dem ersten Todesfall nicht bedenkt, greifen die Regeln zu den Pflichtteilen, die bestimmte nahe Verwandte beanspruchen dürfen.
Die formalen Kriterien, die ein Berliner Testament erfüllen muss, sind überschaubar und unterscheiden sich kaum von denen anderer Testamente. Doch bei den Inhalten sollte man aufpassen. Zwar sind Berliner Testamente in der Erbfolge eindeutig und können so helfen, Streit um eine Erbschaft zu verhindern. Dennoch hat diese Form des letzten Willens auch ihre Schattenseiten.
„Ein besonderer Nachteil des Berliner Testaments besteht darin, dass nach dem Tod eines Partners der Überlebende die einmal getroffenen Bestimmungen nicht mehr verändern kann“, sagt der Bonner Rechtsanwalt Eberhard Rott von der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Denn das Berliner Testament entfaltet nach dem Tod eines Partners die sogenannte Bindungswirkung.
„Die Bindungswirkung kann für den überlebenden Partner schwierig werden, weil er keine anderen Erbfolgen oder Erbquoten verfügen darf. Es greifen die einmal getroffenen Bestimmungen“, sagt Rott. Der überlebende Partner kann also, falls sich etwa das Verhältnis zu den Kindern verschlechtert, keine anderen Schlusserben einsetzen.
Den Wunsch, die Erbfolge zu ändern, könnte ein überlebender Gatte auch dann hegen, wenn der vorgesehene Schlusserbe finanziell bedürftig geworden ist, dessen Erbteil aber nicht an die staatlichen Stellen gehen soll, die Sozialleistungen für ihn zahlen. Dies verdeutlicht ein Urteil des Sozialgerichts Mainz aus dem Jahr 2016 (AZ.: S 4 AS 921/15). In dem Fall ging es um eine Erbschaft von rund 140.000 Euro, darunter ein Barvermögen von 80.000 Euro.
Einem Hartz-IV-Bezieher stand ein Pflichtteil von 16.500 Euro zu, den er von seiner Mutter fordern konnte. Der Betrag lag weit über seinen Vermögensfreibeträgen. Der Mann war jedoch zur Geltendmachung des Pflichtanteils nicht bereit. Daraufhin bewilligte das Jobcenter ihm das Arbeitslosengeld II nur noch als Darlehen. Rechtens, wie das Sozialgericht Mainz entschied. Die Begründung: Es sei ausreichend Barvermögen vorhanden, um den Erben auszuzahlen, ohne dass ein Grundstück verkauft oder beliehen werden müsse.
Das Berliner Testament erweist sich manchmal auch in anderer Hinsicht als unflexibel: Wenn der überlebende Partner beispielsweise erneut heiratet oder ein weiteres Kind bekommt oder eines adoptiert, könnten sein neuer Partner oder das weitere Kind wegen der Bestimmungen im Testament finanziell benachteiligt sein.
Ein weiterer möglicher Fallstrick des Berliner Testaments: „Diese Art des gemeinschaftlichen Testaments kann sich für erbende Familien als steuerlich ungünstig erweisen“, so Rechtsanwalt Rott. „Über das Berliner Testament wird ein Erbe zweimal vererbt, bis es letztlich beim Kind ankommt. Dadurch werden Erbschaftsteuerfreibeträge ‚verschenkt‘.“
Auch könnten Berliner Testamente von Regeln zum Erben innerhalb der Europäischen Union betroffen sein. Denn viele europäische Länder kennen erbrechtliche Verfügungen wie die des Berliner Testaments nicht. In Frankreich, Italien und Spanien sind solche gemeinschaftlichen Testamente nach einheimischem Recht unzulässig. Betroffen sind Deutsche, die im Ausland leben, oder dort Vermögenswerte besitzen.
Ein weiteres Problem mag sich daraus ergeben, dass bei einem Berliner Testament zumindest theoretisch zweimal der Pflichtteil für berechtigte Familienmitglieder anfallen kann. Ein Berliner Testament regelt nämlich zwei Erbfälle in einem Testament, so dass ein Kind nach dem Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil beanspruchen könnte und erneut nach dem Tod des zweiten Elternteils. Eine Regel, die das Oberlandesgericht Koblenz 2010 bestätigt hat (AZ: 2 U 831/09).
Beanspruchen die Kinder nach dem Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil, könnte das den überlebenden Elternteil in finanzielle Schwierigkeiten bringen. Dann müsste dieser Elternteil womöglich Immobilien verkaufen oder einen Familienbetrieb veräußern.
Die Liste der Nachteile ist zwar lang. Doch lassen sie sich meisten durch kluges Vorgehen ausgleichen. Dabei ist zunächst gut zu wissen, dass ein Paar die in einem Berliner Testament getroffenen Verfügungen jederzeit zu Lebzeiten ändern kann. Die beiden Partner müssen dazu nur testierfähig sein und die Änderungen gemeinsam erklären und in ein neues Testament bringen.
Sinnvoll ist es, bereits dann, wenn man ein Berliner Testament aufsetzt, Öffnungsklauseln darin zu formulieren. „Über solche Klauseln kann man die Bindungswirkung gemeinschaftlicher Testamente lockern“, sagt Rechtsanwalt Rott. „Sogar so weit, dass der überlebende Partner die einmal getroffenen Bestimmungen komplett ändern darf.“
Wer solche Öffnungsklauseln in sein Berliner Testament nehmen oder generell ein Berliner Testament aufsetzen möchte, sollte sich von einem auf Erbrecht spezialisierten Rechtsanwalt dazu beraten lassen. Er kann beispielsweise auch dazu beraten, wie man das Problem mit dem Pflichtteil der Kinder regeln kann.
Dazu könnten die Eltern zu Lebzeiten mit ihren Kindern einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren. Oder die Eltern nehmen in ihr Berliner Testament Verwirkungs- und Pflichtteilstrafklauseln auf, um es dem Kind so unattraktiv wie möglich zu machen, seinen Pflichtteil gegen den Willen des überlebenden Elternteils einzufordern.
Wer Vermögenswerte im EU-Ausland besitzt oder dort lebt, sollte in seinem Testament unmissverständlich niederschreiben, dass für den Nachlass das deutsche Erbrecht gilt. Dabei ist rechtliche Beratung ratsam.