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Der Fall Gurlitt

Erben: Gelten Verträge über den Tod hinaus?

Die Testierfähigkeit ist Voraussetzung für das Aufsetzen, die Änderung oder Rücknahme eines Testaments © Quelle: Marcus/corbisimages.com

Cornelius Gurlitt ist tot. Der 81jährige Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt starb am Dienstag in München. Sein Tod wirft viele Fragen auf, die sich auch in anderen, vergleichbaren Fällen stellen: Wie bindend sind Verträge und Testamente, die unter schwerer Krankheit entstanden sind?

Cornelius Gurlitt war ein stiller Mann und doch geriet der Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt vergangenes Jahr ins Zentrum einer der größten Kunstskandale der letzten Jahrzehnte. Über 1.000 Gemälde von teils enormen Wert fanden Zollbeamte in Gurlitts Münchner Wohnung und beschlag­nahmten sie. Viele Fragen taten sich damals auf: Woher stammen die Werke? Sind darunter auch Gemälde, die die National­so­zia­listen den jüdischen Besitzern abgepresst hatten? Waren einige der Bilder aus deutschen Museen entfernt worden, weil sie den Nazis als „entartet“ galten?

Um die Herkunft der Werke zu klären, gründete die Bundes­re­gierung im November 2013 eine Taskforce aus Experten. Dieses Ziel sowie mögliche Restitu­tionen ermöglichen will auch die im April 2014 geschlossene Verfah­rens­ver­ein­barung zwischen Gurlitt, der Bundes­re­publik Deutschland und Bayern. Laut Gurlitts Sprecher sind die behörd­lichen Ermitt­lungen gegen den Kunstsammler-Spross mit dessen Tod beendet.

Aber inwieweit überdauert die Verfah­rens­ver­ein­barung Gurlitts Tod? Welche Rolle spielt sein Testament in der weiteren Abwicklung des Falls?

Gurlitts Tod mache den Fall nicht einfacher, sagt Inger-Kristina Wegener von der Arbeits­ge­mein­schaft Geistiges Eigentum und Medien im Deutschen Anwalt­verein (DAV): „Man wird mit der Verfah­rens­ver­ein­barung keine große Verein­fachung der Situation erreichen. Im Prinzip befanden wir uns schon in der Ausgangslage in einer Situation, in der die einzelnen Verhältnisse der Bilder vollkommen ungeklärt waren.“ Insofern sei eine pauschale Verein­barung über das zukünftige Schicksal dieser Bilder rechtlich schwer zu beurteilen, so die Rechts­an­wältin. „Die einzelnen Bilder dürften sehr unterschiedliche Anknüp­fungs­punkte von Rechten, also zum Beispiel Heraus­ga­be­rechten Dritter unterliegen. Gurlitts Zustimmung beurteilt sich dementsprechend im Einzelfall. Es ist durchaus denkbar, dass die Verfah­rens­ver­ein­barung nicht für alle Kunstwerke aus der Sammlung Bestand haben kann“, so Wegener.

Wer vertritt Gurlitts Interessen nach dessen Tod?

So sie denn benannt werden, seine Erben. Gurlitt hat keine Kinder, war nie verheiratet. Bislang ist noch nicht öffentlich, wer als Erbe in seinem Testament bedacht ist. Grundsätzlich wäre ein Rechts­nach­folger mit denselben Fragen betraut, die sich schon vor seinem Tod gestellt haben – ausgenommen strafrecht­licher Vorwürfe. Die rechtlichen Fragen, die sich aus der Verfah­rens­ver­ein­barung Gurlitts ergeben, werden dementsprechend auch für den Erben gelten.

War Gurlitt so kurz vor seinem Tod noch geschäfts- bzw. testierfähig?

Die Testier­fä­higkeit ist Voraus­setzung für das Aufsetzen, die Änderung oder Rücknahme eines Testaments – ebenso wie die Geschäfts­fä­higkeit Voraus­setzung ist, Verträge abschließen zu können. Dass jemand schwer krank ist oder war, gibt zunächst keinen Anhaltspunkt darauf, ob jemand nicht testier- oder geschäftsfähig war. Viele Testamente werden auf dem Sterbebett geschrieben.

Gerichts­ver­fahren können nach dem Tod fortgesetzt werden

Grundsätzlich können Gerichts­ver­fahren übrigens fortgesetzt werden, wenn eine der streitenden Parteien verstirbt – exklusive strafrecht­licher Vorwürfe. „In der Regel werden Verfahren ausgesetzt, bis ein Erbe feststeht“, sagt Andreas Frieser. Der Rechts­anwalt ist Vorsit­zender der Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). Stehen die Erben fest, können die sich entscheiden: Wenn sie das Erbe annehmen, können sie auch den Prozess fortsetzen oder alternativ einen Anwalt damit beauftragen.

Ihnen steht gleichsam aber frei, das Erbe auszuschlagen. Dann rückt der Nächste im Testament nach. Aus der Praxis weiß Rechts­anwalt Frieser aber: „Meistens folgt auf eine Ausschlagung eine Ketten­re­aktion. Wenn der Vormann das Erbe nicht antreten will, entscheidet sich zumeist auch der Nachrü­ckende für die Ausschlagung.“ Findet sich kein Erbe, geht der Nachlass auf den Staat über.

Höchst­per­sönliche Rechte sind nicht übertragbar

Dass höchst­per­sönliche Rechte nicht vererblich sind, hat der Bundes­ge­richtshof erst kürzlich am Fall des verstorbenen Musikers Peter Alexander exerziert. Dessen Sohn war mit einer Klage vorm BGH gescheitert. Die Richter in Karlsruhe wiesen sein Begehren ab, einen Geldent­schä­di­gungs­an­spruch des Vaters nach dessen Tod geltend zu machen. Peter Alexander hatte kurz vor seinem Tod eine Klage gegen Zeitungs­be­richte angestrengt. Er sah sich in seinen Persön­lich­keits­rechten verletzt.

Ein solcher Anspruch sei aufgrund seiner höchst­per­sön­lichen Natur nicht vererblich, teilte der BGH mit. Geldent­schä­di­gungen werden Geschä­digten nach deutschem Recht vorder­gründig unter dem sogenannten „Genugtu­ungs­ge­danken“ zugesprochen. Der verwirkt zwar nicht, wenn der Geschädigte verstirbt, ehe der Anspruch erfüllt wird. Seine Erben profitieren davon allerdings nicht. Der Anspruch geht nicht auf sie über.

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Datum
Aktualisiert am
27.06.2014
Autor
ime/kgl
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Themen
Erbschaft Tod Vermächtnis Vermögen

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