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Erben

Vorerbe, Nacherbe, Ersatzerbe: Wer darf über den Nachlass entscheiden?

Ob um eine Immobilie ein Erbstreit tobt, sieht man der Immobilie häufig an. © Quelle: DAV

Wer bestimmen möchte, was nach dem Tod mit seinem Hab und Gut passiert, schreibt ein Testament. Darin kann der Erblasser, also die Person, die das Testament macht, einen oder mehrere Erben bestimmen. Möchte man sein Erbe für mehrere Genera­tionen sichern, kann man Vorerben, Nacherben und gegebe­nenfalls einen Ersatzerben einsetzen. Das Rechts­portal anwalt­auskunft.de erklärt, was das bedeutet.

Erbstrei­tig­keiten beschäf­tigten die Gerichte sehr häufig. Je mehr Erben involviert sind, desto kompli­zierter wird es meist. Das gilt auch, wenn die Erben das ererbte Vermögen nicht teilen sollen, sondern nacheinander erben.

Vorerbe und Nacherbe: Was bedeutet das?

Möchte ein Erblasser sicher­stellen, dass der Nachlass zunächst an bestimmte Personen fallen und später an andere weiter­gegeben werden soll, kann er in seinem Testament dazu Vorerben und Nacherben bestimmen.

„Zunächst erbt dann der Vorerbe. Mit dem vom Erblasser festge­legten Ereignis fällt der Nachlass an den Nacherben“, erklärt Rechts­anwalt Jan Bittler, Anwalt für Erbrecht und Mitglied des Geschäfts­füh­renden Ausschuss der Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im DAV. Das könne der Tod des Vorerben oder dessen Hochzeit sein. Die Vorerben dürfen nur über den Nachlass verfügen, wenn die Nacherben zustimmen. Wollen sie etwa ein geerbtes Haus verkaufen, können die Nacherben ein Veto einlegen.

Der Erblasser kann außerdem einen Ersatzerben bestimmen. Er erbt, wenn der eigentliche Erbe stirbt oder das Erbe ausschlägt. Für den Fall, dass der Nacherbe verstirbt, kann der Erblasser einen Ersat­znacherben einsetzen.

Ersatz­nacherben: Dürfen sie mitent­scheiden, was mit dem Erbe passiert?

Ersatz­nacherben sind Erben in zweiter Reihe: Es ist nicht sicher, ob sie jemals etwas vom Nachlass bekommen. Sie dürfen deshalb auch nicht immer mitent­scheiden, was mit dem Erbe passiert. Das zeigt eine Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts (OLG) Hamm, über das die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht des Deutschen Anwalt­vereins (DAV) informiert.

Der Fall: Vorerbe und Nacherbe wollen Grundstück verkaufen

Im zugrun­de­lie­genden Fall vererbte der Erblasser mehrere Grundstücke an zwei Personen mit der Maßgabe, dass die Grundstücke nach dem Tod der Personen an zwei weitere übergehen sollen. Sollten letztere bereits verstorben sein, so sollten deren Kinder nach den Regeln der gesetz­lichen Erbfolge oder der überle­bende Nacherbe Ersatz­nach­erben werden. Das wurde in die Grundbücher der Grundstücke einge­tragen.

Einige Zeit danach wollten die Vorerben die Grundstücke verkaufen. Sie verein­barten mit den Nacherben, dass die Nacher­ben­ver­merke aus den Grundbüchern gelöscht werden. Das Grundbuchamt weigerte sich aber, den Eintrag zu löschen. Die Beamten waren der Meinung, dass die Ersatz­nach­erben einver­standen sein müssen. Die Vorerben reichten dagegen Klage ein.

OLG: Vorerben und Nacherben dürfen alleine entscheiden

Dem Gesetz nach darf der Nacher­ben­vermerk nur aus dem Grundbuch gelöscht werden, wenn der Grundbuch­eintrag falsch ist oder wenn alle potenziell Betroffenen einver­standen sind. Dazu zählen auch die Ersatz­nach­erben.

Diese hatten der Löschung in diesem Fall nicht zugestimmt. Das Grundbuchamt hatte mit Blick darauf also richtig entschieden. Auf diesem Weg konnte der Nacher­ben­vermerk nicht gelöscht werden. Dennoch entscheidet das OLG zugunsten der Vor- und Nacherben. Denn der Nacher­ben­vermerk im Grundbuch war fehlerhaft (Urteil vom 13. Mai 2016, AZ: 15 W 594/15). Das Grundbuchamt durfte den Eintrag hier also auch ohne die Zustimmung der Ersatz­nacherben ändern.

Ersatz­nacherbe kein zukünftiger Berech­tigter

In diesem Zusammenhang stellten die Richter einige Dinge zum Thema klar. Vor- und Nacherbe könnten über einzelne Nachlass­ge­gen­stände im Allgemeinen relativ frei entscheiden. Die Interessen des Ersatz­nacherben müssen nicht geschützt werden. Er ist kein (künftig) Berech­tigter, sondern nur Ersatz für den primär bestimmten Nacherben.

Möchte ein Erblasser die Position des Nacherben stärken, kann er das in seinem Testament tun. Er kann ihn oder sie zum Beispiel als bedingten Nach-Nacherben einsetzen. Dies habe der Erblasser im genannten Fall, so die Richter weiter, aber nicht so eingerichtet.

Kann eine Vor- und Nacherb­schaft: Wann dürfen die Vorerben alleine über das Erbe verfügen?

Wer als Vorerbe eingesetzt ist, kann das ererbte Vermögen weder selbst an die von ihnen eingesetzten Erben vermachen, noch zu Lebzeiten frei darüber verfügen. Eine solche Konstel­lation verbietet möglicherweise sinnvollen Umgang mit dem geerbten Vermögen. Für Vor- und Nacherben, die damit nicht zufrieden sind, hat das Oberlan­des­gericht (OLG) Frankfurt eine gute Nachricht. Einem Urteil vom 13.8.2019 zufolge (AZ 8 U 99/18), über das die Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht informiert, kann man eine Vor- und Nacherb­schaft auflösen.

Wie kann man eine Vor- und Nacherb­schaft auflösen?

Dazu müssen die Vor- und Nacherben einen Erbaus­ein­an­der­set­zungs­vertrag schließen. Werden Grundstücke vererbt, muss der Vertrag von einem Notar beurkundet werden. Eine Erbaus­ein­an­der­setzung sieht das Gesetz zwar eigentlich bei Miterben vor. Sie kann aber auch zwischen Vor- und Nacherben erfolgen. Sie sind schließlich auch Erben desselben Erblassers und derselben Erbschaft, allerdings zeitlich nacheinander folgend.

In dem Fall setzte eine Frau ihre Tochter zu ihrer Vorerbin ein. Zu Nacherben bestimmt sie deren Kinder zu gleichen Teilen. Nach dem Tod der Frau erhielt die Tochter einen Erbschein, der sie als Vorerbin und ihre Kinder als Nacherben ausweist. Sie schloss mit ihren Kindern daraufhin jedoch einen notariellen Erbaus­ein­an­der­set­zungs­vertrag, um die Vor- und Nacherb­schaft aufzulösen.

Darin wurden verschiedene Nachlass­ge­gen­stände unter den Beteiligten aufgeteilt und Ausgleichs­zah­lungen vereinbart. Später verlangen die Enkel jedoch ein notarielles Nachlass­ver­zeichnis. Zu Unrecht, urteilen die Richter. Einen solchen Anspruch hätten die Enkel nur, wenn sie noch Nacherben wären. Dies ist aber aufgrund des Erbaus­ein­an­der­set­zungs­ver­trages nicht der Fall.

Datum
Aktualisiert am
19.05.2020
Autor
red/dpa,vhe
Bewertungen
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Themen
Erbschaft Immobilie

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