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Nachlässe

Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil: Die wichtigsten Fragen

Gesetzliche Erbfolge: Pflichtteil und andere Informationen
© Quelle: 68/Ocean/corbisimages.com

Vererben und erben kann man auch dann, wenn der Erblasser kein Testament oder keinen Erbvertrag aufgesetzt hat. In solchen Fällen greifen die gesetz­lichen Regeln zum Erben. Welche das sind, zeigt die Deutsche Anwalt­auskunft.

Nur wenige Bundes­bürger schreiben ihren letzten Willen nieder. Denn viele vermeiden das Thema und verlassen sich lieber auf die gesetz­lichen Regeln zum Erben. Diese Vorgaben greifen dann, wenn ein Erblasser weder ein Testament noch einen Erbvertrag aufgesetzt hat. Allerdings sollten die Erblasser mindestens die gesetz­lichen Regeln kennen, um besser einschätzen zu können, ob sie ihr Vermögen tatsächlich danach vererben möchten.

Was bedeutet gesetzliche Erbfolge?

Die gesetzliche Erbfolge regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Dabei legen die Paragraphen dazu fest, wer erbt, wenn ein Erblasser es versäumt hat, seinen letzten Willen nieder­zu­schreiben. Der Nachlass teilt sich dann nach diesen Vorgaben auf. Außerdem definiert der BGB, dass mehrere Erben eine Erbenge­mein­schaft bilden und dass diese nicht nur den Nachlass erben, sondern möglicherweise auch die Schulden des Erblassers. Doch Erben können zwar einen Nachlass annehmen, sie müssen es aber nicht. Überschuldete Nachlässe kann man auch ausschlagen.

Wer ist Erbe nach der gesetz­lichen Erbfolge?

Dem BGB nach sind in erster Linie die engsten Famili­en­an­ge­hörigen eines Erblassers erbberechtigt. „In der gesetz­lichen Erbfolge haben die Ehegatten, eingetragene Lebens­partner und die Kinder des Erblassers eine besondere Position“, erklärt der Berliner Rechts­anwalt Dr. Dietmar Kurze von der Arbeits­ge­mein­schaft Erbrecht im Deutschen Anwalt­verein (DAV). „Abkömmlinge werden Erben erster Ordnung genannt.“

Dabei spielt es heutzutage keine Rolle, ob die Kinder eines Erblassers ehelich oder unehelich geboren oder adoptiert sind. Nur bei Stiefkindern sieht die Erbfolge anders aus.

Enkel zählen auch zu den Erben erster Ordnung. Sie erben aber erst dann, wenn ihr erbberech­tigter Elternteil vor dem Erblasser stirbt, also beispielsweise der Vater vor dem Opa.

Zu den Erben zweiter Ordnung gehören die Eltern eines Erblassers und deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers. „Diese Verwandten stehen hinter den Erben erster Ordnung zurück und können nur dann erben, wenn der Erblasser etwa kinderlos war“, sagt Erbrechts­spe­zialist Dr. Kurze. „Bei kinderlosen Paaren erben der Ehegatte und die Eltern.“

Wichtig zu wissen ist, dass bei Paaren, die in „wilder Ehe“ zusammen leben, der überlebende Partner nicht erbt, denn er gilt nicht als Angehöriger. Wer seinen Partner etwas vererben möchte, sollte deshalb unbedingt ein Testament aufsetzen.

Was geschieht mit einem Nachlass, wenn sich kein Erbe findet?

Bei manchen Nachlässen sind die Erbver­hältnisse unklar, weil es keine engen   Famili­en­an­ge­hörigen gibt. Dann beauftragt das Nachlass­gericht einen Nachlass­pfleger damit, Nachfor­schungen anzustellen, um entfernte Verwandte des Erblassers ausfindig zu machen. In solchen Fällen sind nämlich auch Verwandte dritter oder sogar vierter Ordnung erbberechtigt. Kann der Nachlass­pfleger keine noch so entfernten Verwandten ermitteln, fällt das gesamte Erbe an den Staat.

Wer bekommt wie viel vom Nachlass?

Wenn aber doch enge Famili­en­an­ge­hörige leben und die Erbfolge eindeutig ist, dann stellt sich die Frage, welcher Erbe wie viel vom Nachlass erhält. Das hängt auch vom Güterstand der Eheleute ab. „Bei einem Paar, das in einer Zugewinn­ge­mein­schaft gelebt hat, steht dem überle­benden Gatten ein Viertel des Nachlasses zu“, erklärt Rechts­anwalt Dr. Kurze. Zusätzlich erhält er ein Viertel für die Zugewinn­ge­mein­schaft, insgesamt also die Hälfte. Die Kinder, egal wie viele es sind, teilen sich die andere Hälfte zu gleichen Teilen. Hatte das Paar keine Kinder, erbt der Gatte neben den Eltern des Erblassers drei Viertel.

Die Regeln sind etwas kompli­zierter, wenn ein Paar in einem Ehevertrag eine Gütertrennung für ihre Beziehung vereinbart hatte. Dann richtet sich die Größe des Erbanteils nämlich nach der Anzahl der Kinder, die das Paar womöglich hatte. Dabei erhalten der überlebende Gatte und das Kind oder die Kinder jeweils gleiche Anteile am Erbe, der Ehegatte aber mindestens ein Viertel. „Bei einem kinderlosen Paar kann der Gatte mit mindestens die Hälfte des Nachlasses rechnen“, sagt Dr. Kurze.

Besondere Regeln gelten für den durch Ehevertrag zu verein­ba­renden Güterstand der Güterge­mein­schaft, welcher aber nur in wenigen Regionen verbreitet ist.

Pflicht­teils­an­spruch geerbt: Steuer fällig

Wer erbt, muss ab einem bestimmten Wert Erbschafts­steuer zahlen – auch auf Vermögen, dass der Erblasser geerbt hat. Dass dies auch für einen Pflicht­teils­an­spruch gilt, den der Erblasser gar nicht geltend gemacht hat, zeigt ein Urteil des Bundes­fi­nanzhofs (BFH, Urteil vom 7. Dezember 2016, AZ: II R 21/14). Den Richtern zufolge gehört auch ein nicht geltend gemachter Pflichtteil zum Nachlass und unterliegt der Besteuerung.

Im zugrunde liegenden Fall war der Kläger Alleinerbe seines verstorbenen Vaters. Dem Vater stand wegen einer Erbaus­schlagung ein Pflicht­teils­an­spruch in Höhe von 400.000 Euro zu, den er aber gegenüber dem Verpflichteten nicht geltend gemacht hatte. Nach dem Tod des Vaters beanspruchte jedoch der Kläger als neuer Anspruchs­inhaber den geerbten Pflichtteil. Das Finanzamt rechnete den Pflicht­teils­an­spruch dem Erbe des Klägers hinzu. Der Kläger machte hiergegen geltend, dass ein Pflichtteil immer erst mit seiner Geltend­machung der Besteuerung unterliege. Das Finanz­gericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage ab. Diese Entscheidung bestätigte der BFH.

Was bedeutet Pflichtteil?

Selbst wenn ein enger Famili­en­an­ge­höriger enterbt wird, steht ihm in der Regel ein gesetz­licher Pflichtteil am Erbe zu. Dieser Pflichtteil kann nur entfallen, wenn der Erblasser den Angehörigen berechtigt enterbt hat. Das ist aber selten und nur dann möglich, wenn schwer­wiegende Gründe dafür vorliegen, der Verwandte zum Beispiel „erbunwürdig“ ist, wie es im BGB heißt.

„Erbunwürdig ist ein Verwandter etwa dann, wenn er den Erblasser misshandelt oder sogar versucht hat, ihn zu töten“, sagt Rechts­anwalt Dr. Kurze. „Aber auch schon weniger schwere Straftaten können den Erblasser dazu berechtigen, dem Verwandten den Pflichtteil zu entziehen, etwa wenn dieser zu einer längeren Gefäng­nis­strafe verurteilt worden ist.“

Diese Strafen müssen nicht mit dem Erblasser zu tun haben. Der Erblasser muss die Pflicht­teils­ent­ziehung aber in einer letztwilligen Verfügung ausdrücklich anordnen.

Wer bekommt den Pflichtteil?

Einen Pflichtteil beanspruchen dürfen nur der Ehegatte, die Kinder und die Eltern des Erblassers. Diese sind aber nur dann anspruchs­be­rechtigt, wenn der Erblasser keinen Nachwuchs hatte. Stiefkinder oder Geschwister erhalten den gesetz­lichen Pflichtteil nicht.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetz­lichen Erbteils. Einem enterbten Gatten würde beispielsweise in einer Zugewinn­ge­mein­schaft ein Viertel des Wertes des Nachlasses zustehen. Diesen Betrag müssten die allein­er­benden Kinder an den Elternteil auszahlen. Wie hoch der Pflichtteil in anderen Konstel­la­tionen sein kann, muss man ausrechnen lassen.

Wer erbt, wenn ich kein Testament habe? (Infografik)

Infografik Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
Datum
Aktualisiert am
24.05.2018
Autor
ime
Bewertungen
36707
Themen
Ehe Erbschaft Familie Geld Kinder

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